Frankreich-Wahl: Überschattet vom Ukraine-Krieg
Dabei sind es nur mehr vier Tage bis zur ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl am 10. April. Zwölf Kandidaten, darunter Macron selbst, haben sich dafür aufstellen lassen. Doch während die anderen Bewerberinnen und Bewerber bereits seit Wochen und Monaten von Ansprache zu Ansprache und von Medienauftritt zu Medienauftritt eilen, bleibt der Amtsinhaber seltsam zurückhaltend.
Kandidatur per Brief
Selbst die offizielle Bekanntgabe seiner Kandidatur erfolgte nicht etwa bei einem öffentlichen Auftritt, sondern durch die Veröffentlichung eines "Briefes an die Franzosen" in den Zeitungen. Und das auch erst am 4. März, dem letzten Tag der Frist zur Vorlage von mindestens 500 Unterstützerstimmen aus dem Kreis gewählter Volksvertreter.
Erst am 17. März absolvierte Macron dann seinen ersten öffentlichen Wahlauftritt in Form einer Pressekonferenz, wo er sein Programm präsentierte. Macron weigert sich zudem - ähnlich wie seine Vorgänger - vor der ersten Runde der Wahl an einer öffentlichen Diskussion mit seinen Mitbewerbern teilzunehmen. "Seine Rolle als militärischer Befehlshaber blendet völlig seine Rolle als Kandidat aus", analysiert der Meinungsforscher Frédéric Dabi vom Institut Ifop gegenüber der Zeitung "Le Figaro". "In einer Krise tendieren die Franzosen dazu, sich enger um den Präsidenten der Republik zu scharen."
Mitbewerber üben Kritik
Die Mitbewerber und ihre Anhänger sind nicht sehr erfreut, dass Macron der Präsidentschaftswahlkampf nicht so wichtig zu sein scheint. Der Präsident "möchte gerne die Wahl übertauchen und stillschweigend verlängert werden", kritisierte der Sprecher der Rechtsaußen-Partei Rassemblement National (RN), Sébastien Chenu, die mit Marine Le Pen Macrons stärkste Konkurrentin stellt. Sogar einer der höchsten Würdenträger Frankreichs, Senatpräsident Gérard Larcher, der als Mitglied der konservativen Republikaner (LR) deren Kandidatin Valérie Pécresse unterstützt, beschwerte sich über das Vorgehen des Präsidenten: "Wenn es keine Kampagne gibt, stellt sich die Frage nach der Legitimität des Siegers. Unser zerspaltenes und verschuldetes Land, das mit zahlreichen Problemen konfrontiert ist, braucht diese Debatte. Der Präsident der Republik will wiedergewählt werden, ohne jemals wirklich Kandidat gewesen zu sein - ohne Kampagne, ohne Debatte, ohne Gegenüberstellung von Ideen", kritisierte Larcher.
Le Pen gegen Zemmour
Dabei hätte der Wahlkampf durchaus Potenzial für Spannung und Überraschungen - vor allem durch die Kandidatur des rechtsextremen Publizisten Éric Zemmour. Der aus einer algerisch-jüdischen Familie stammende, stark migrations- und islamkritische 63-Jährige hatte im November Spitzenwerte von bis zu 17 Prozent gehabt, die sogar einen Einzug in die Stichwahl in den Bereich des Möglichen rückten. Doch mittlerweile ist seine Zustimmung wieder deutlich hinter seine Rechtsaußen-Mitbewerberin Le Pen und sogar hinter den Linksaußen-Kandidaten Jean-Luc Mélenchon gesunken. Vielleicht auch deswegen, weil der russlandfreundliche Zemmour selbst seit Beginn des Ukraine-Krieges die westlichen Sanktionen gegen Russland und andere Maßnahmen ablehnt, erklärte die "Le-Monde"-Journalistin Sylvie Kauffmann in einem von der Wiener Journalistenfortbildungsinstitution fjum organisierten Gespräch Mitte März.
Erklärungsbedarf hatte in diese Hinsicht allerdings auch Le Pen, die als langjährige "Putin-Versteherin" gilt. Die RN-Kandidatin steht in den Umfragen nichtsdestotrotz an zweiter Stelle und konnte im Endspurt des Wahlkampfes noch weiter zulegen. Sie hat damit immer bessere Chancen, wie bereits 2017 erneut in die Stichwahl gegen Macron zu kommen.
Spannende Stichwahl
Ob sie ihm dort gefährlich werden könnte, bleibt allerdings trotz der zuletzt beobachtbaren Annäherung der Umfragewerte der beiden dahingestellt. Die Zurückhaltung im Wahlkampf scheint Macron nämlich bei der Wählerschaft nicht zu schaden - im Gegenteil. Umfragen zeigten vor allem in den Wochen nach Ausbruch des Ukraine-Krieges Ende Februar eine steilen Anstieg der Zustimmung für den Amtsinhaber. Lag er zuvor über längere Zeit um die 25-Prozent-Marke, so schoss die Zustimmung für ihn vorübergehend im Mittel auf über 30 Prozent hinauf, wie die Initiative NSPPolls aus den Durchschnittswerten der Umfragen berechnete.
Mittlerweile ist zwar die Unterstützung für den Präsidenten im Wesentlichen zu den Werten vor Kriegsausbruch zurückgekehrt. Trotzdem sind die Chancen groß, dass er auch in der Stichwahl am 24. April siegreich bleibt. Seine Wiederwahl für die nächsten fünf Jahre wäre damit auch ohne große Wahlkampfbemühungen gesichert.
Zusammenfassung
- Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist derzeit ein viel beschäftigter Mann.
- Der amtierende EU-Ratsvorsitzende bemüht sich unermüdlich um eine Beendigung des Ukraine-Krieges.
- Er ruft Russlands Staatschef Wladimir Putin zum Waffenstillstand auf, argumentiert die EU-Sanktionen, spricht mit US-Präsident Joe Biden.
- Bei einem Thema ist er hingegen deutlich weniger aktiv: seiner Wiederwahl.