FPÖ und Corona
Vor 5 Jahren forderte Herbert Kickl den Corona-Lockdown
Am 25. Februar 2020 wurde der erste Fall von COVID-19 in Österreich gemeldet. Kurze Zeit später sorgte vor allem ein Cluster in Ischgl für die Verbreitung des Virus auch weit über die österreichischen Grenzen hinweg.
Am 5. März erklärten die isländischen Behörden Ischgl zum Risikogebiet, Gesundheitschecks an der italienischen Grenze folgten.
Und dann ging es vor allem ab dem 10. März schnell. Abgesagte Veranstaltungen, angekündigte Schul- und Uni-Schließungen, Anweisungen zum "Social Distancing".
FPÖ forderte "Lockdown"
Am 13. März sorgten Ankündigungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudi Anschober (Die Grünen) zu weiteren Einschränkungen für Hamsterkäufe. So manch einer erinnert sich noch an leere Klopapier-Regale und ausverkaufte Nudeln. Von einem Lockdown war aber noch keine Rede.
Dafür sorgte am selben Tag die FPÖ in einer Pressekonferenz und einer anschließenden Presseaussendung. Da forderte der damalige Klubobmann Herbert Kickl, "Maßnahmen zu treffen, die man unter dem Terminus 'Lockdown' zusammenfassen könnte. Ich denke, es wäre klug, jetzt in einem massiven Ansatz diese negative Entwicklung, diese exponentielle Entwicklung zu durchbrechen, weil wir dadurch zwar harte Maßnahmen haben, der Zeitraum aber ein überschaubarer ist."
Das umfasste Maßnahmen wie die Schließung der Grenzen für Personen, Preisgarantie für Lebensmittel und Medikamente oder auch die Schließung von Pflegeheimen für Angehörige, um Bewohner:innen vor einer Infektion zu schützen.
Die Pressekonferenz können Sie hier nachschauen:
Die bis dahin getroffenen Maßnahmen der Regierung würden zwar in die richtige Richtung gehen, Kickl kritisierte aber die "Salamitaktik". Man solle "den Menschen endlich reinen Wein einschenken".
Es sollten "alle möglichen Maßnahmen" gesetzt werden, um einen Kollaps des Gesundheitssystems zu vermeiden.
Zudem forderte er eine "große Ansage" der Regierung, was die wirtschaftlichen Folgen betreffe. Nicht ein einziger Arbeitsplatz soll durch die Corona-Maßnahmen "zerstört" werden.
"Das Geld dafür muss aufgestellt werden", meinte Kickl und brachte auch die "eiserne Reserve" bei der Nationalbank und den Sozialpartnern ins Spiel. Auch gelte es, "das Nulldefizit zu kippen". Monate später sollte er das schon anders sehen – im Herbst 2020 kritisierte er die massiven Ausgaben für Corona-Hilfsmaßnahmen.
Auch das Epidemiegesetz müsse angepasst werden, im Zuge dessen brauche es aber auch die "Sicherung der bürgerlichen Freiheiten".
FPÖ-Gesundheitssprecherin für Maskenpflicht
"Die Situation in Österreich ist ernst", ergänzte damals Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch. Die Regierung habe "sehr lange zugeschaut", nun brauche es konsequente Maßnahmen.
Pflege- und Gesundheitspersonal sei nach wie vor ungeschützt, kritisierte sie. Masken seien noch kaum zu sehen. Das Gleiche gelte für Apotheker:innen und die Exekutive. Deshalb sollten sie damit ausgestattet werden und "verpflichtet, diese auch zu tragen".
Lockdown schon drei Tage später
Die FPÖ-Forderungen sollten dann auch umgesetzt werden. Am Sonntag, dem 15. März, stimmte der Nationalrat einstimmig für das COVID-19 Gesetz als Grundlage für viele weitere Maßnahmen.
Am Abend kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz dann an: "Wir müssen Österreich ab morgen auf den Notbetrieb herunterfahren." Ab dem 16. März begann dann der erste Corona-Lockdown.
"Bleiben Sie zu Hause, außer, sie müssen zur Arbeit gehen, notwendige Besorgungen erledigen oder anderen Menschen helfen, die auf dringende Unterstützungen angewiesen sind", so Kurz damals in einer Ansprache.
Video: Kurz-Rede im Nationalrat am Tag vor dem Lockdown
Der nächste Schulterschluss, aber 180 Grad anders
Während die FPÖ Tage vor dem ersten Corona-Lockdown im März 2020 einen "Anti-Corona-Schulterschluss" forderte, klang das nur Wochen später schon ganz anders.
Schon am 1. April forderte Kickl einen "Strategiewechsel", Lockerungen für die Bevölkerung und verstärkte Maßnahmen für Risikogruppen. Während man nur Wochen davor für eine Maskenpflicht war, kritisierte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz nun das "Chaos mit den Stofffetzen".
Ende April war die Wende dann endgültig vollzogen. "Es reicht. Wir wollen eine Rückkehr zur normalen Normalität", sagte Kickl am 27. April 2020 bei der Vorstellung der "Allianz gegen den Corona-Wahnsinn", die "ein Schulterschluss mit dem Hausverstand" sei. Die Petition sollte in den Folgemonaten zehntausende Unterschriften sammeln.
Kickl am 27. April 2020 bei einer Pressekonferenz der FPÖ anlässlich der "Allianz gegen den Corona-Wahnsinn".
- Mehr lesen: FPÖ startet Petition gegen "Corona-Wahnsinn"
Corona-Maßnahmen-Demos und Pferdeentwurmungsmittel
Als die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen Fahrt aufnahmen, war dort Herbert Kickl immer wieder gern gesehener Redner. Er wetterte gegen die Regierung und ging immer wieder auf Kuschelkurs mit Verschwörungsideologien.
Herbert Kickl als Redner bei einer Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung am 6. März 2021.
Besonders drastisch wurde es, als die ersten Impfstoffe gegen COVID-19 in Österreich verfügbar waren und in der Folge eine Debatte rund um die angekündigte und dann doch wieder eingestampfte Impfpflicht ausbrach.
Einen Medienbericht, wonach Kickl sich trotz öffentlicher Kritik wohl gegen Corona geimpft haben soll, entkräftete er auf einer Pressekonferenz sogar mit einem ärztlichen Attest als Beweis.
Am 24. September 2021 klärte FPÖ-Chef Herbert Kickl in einer "persönlichen Erklärung" über seinen Impfstatus auf.
Und dann war da ja noch Ivermectin, ein Pferdeentwurmungsmittel, das bei Menschen etwa gegen Krätzmilben eingesetzt wird. Das pries Kickl als mögliche alternative Behandlungsmethode an – auch wenn Experten keinen Nachweis für die Wirkung fanden und der Hersteller selbst davon klar abriet.
Ende 2021 landete eine Frau in Salzburg nach der Einnahme von Ivermectin sogar auf der Intensivstation, zuvor ist ein 87-Jähriger nach der Einnahme des Mittels sogar gestorben.
Was denkt FPÖ heute über ihre anfängliche Haltung zu Corona?
"Zum damaligen Zeitpunkt (13. März 2020) wusste niemand, was tatsächlich auf uns zukommt", heißt es auf PULS 24 Anfrage. Es habe sich "nach kurzer Zeit" herausgestellt, "dass die ersten Befürchtungen bzw. Horrorszenarien rund um die Gefährlichkeit des Coronavirus glücklicherweise nicht eingetroffen sind". Dennoch hätten die "Einheitsparteien (...) mit der Umsetzung ihres Corona-Zwangsregimes begonnen – von weiteren Lockdowns, über die Maskenpflicht, den Lockdown für Ungeimpfte bis hin zum Impfzwang".
Dagegen sei die "FPÖ gemeinsam mit zigtausenden Bürgern für die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen eingetreten, genauso wie für die Vereinbarkeit von Freiheit und Gesundheit". Die FPÖ habe letztlich "auch Recht behalten".
Und heute?
Auch fünf Jahre später ist für die FPÖ das Thema Corona nicht abgehakt. So fand die Aufarbeitung der Pandemie auch Platz in den gescheiterten Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP, immer wieder wurde auch mit einem Corona-U-Ausschuss kokettiert.
Die Wende von der Lockdown-Forderung zum Gegner der Maßnahmen vollzog die Partei in Windeseile und mit voller Vehemenz. Blickt man auf die dadurch angesprochenen Wähler:innen, lässt sich Jahre und einige Wahlerfolge später sagen: mit Erfolg.
Zusammenfassung
- Anfang März 2020 herrschte in Österreich Chaos.
- Eine Maßnahme nach der anderen wurde eingeführt, um die Ausbreitung von COVID-19 zu bremsen.
- Die FPÖ und Herbert Kickl forderten deshalb vor genau fünf Jahren ein Ende der "Salamitaktik" und einen "Lockdown".
- Damals "wusste niemand, was tatsächlich auf uns zukommt", heißt es fünf Jahre später von der FPÖ gegenüber PULS 24.