Steiermark-Wahl: Darum geht's bei der FPÖ-Finanzaffäre
Bis zu 1,8 Millionen Euro sollen in der Grazer FPÖ einst mutmaßlich veruntreut worden sein. Seit drei Jahren begleitet die Causa die steirische Innenpolitik, so auch vor der anstehenden Landtagswahl. Trotz schwerer Vorwürfe ist das Thema in den Köpfen vieler Wähler:innen in den Hintergrund gerückt. Eine Erinnerung, worum es in der schwelenden Finanzaffäre überhaupt geht.
Gegen insgesamt 18 Personen laufen Ermittlungen, darunter auch der FPÖ-Spitzenkandidat für die Steiermark-Wahl, Mario Kunasek. Gegen ihn wird unter anderem wegen dem Verdacht der Falschaussage und Untreue ermittelt, er bestreitet die Vorwürfe. Neben einem Hauptverfahren gibt es mehrere Nebenverfahren.
Selbstanzeige und Parteispitzen-Rücktritt
Der Hinweis eines Whistleblowers gab vor drei Jahren den Anstoß, daraufhin zeigte sich der Ex-Finanzreferent und FPÖ-Gemeinderatsklubdirektor Matthias Eder selbst an. Er zeigte sich reuig und zahlte 700.000 Euro auf ein Treuhandkonto der Staatsanwaltschaft. Eder soll als Einzeltäter gehandelt haben - wenngleich er in einem im April 2024 an einem Würstelstand heimlich aufgenommenen Gespräch erzählt haben soll, "natürlich nicht allein gewesen" zu sein. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Parteispitze rund um den ehemaligen Grazer Vizebürgermister Mario Eustacchio trat 2021 gesammelt zurück.
Als neuer Klubchef sollte der damals 25-jährige Alexis Pascuttini, Ex-Bezirksvorsteher-Stellvertreter von Graz Gösting, Ruhe in die innerparteiliche Lage bringen. Eustacchios Nachfolgerin als Stadträtin wurde Claudia Schönbacher, bis dahin Gemeinderätin.
Doch kurz nach ihren Job-Upgrades begannen beide, für die FPÖ unangenehme Fragen zu stellen.
Unbequeme Aufdecker-Nachfolger
Pascuttini zweifelte daran, dass Ex-Klubdirektor Eder allein handelte. Der einstige Student und nunmehrige Jurist schloss sich dem Verfahren mit einem eigenen Anwalt an. Unterstützung bekam er dabei von Schönbacher. Beide wurden in der Causa schnell stutzig und hinterfragten den Aufklärungswillen innerhalb der FPÖ.
Diese war mit den Aufdecker-Ambitionen ihrer Mitglieder alles andere als glücklich. Gemeinderat Roland Lohr schloss Pascuttini, Schönbacher und weitere Gemeinderäte aus dem Klub aus, im Oktober 2011 wurden sie endgültig aus der Partei geworfen.
Zuvor wollten Pascuttini und Schönbacher eben jenen Roland Lohr nicht länger im FPÖ-Klub haben. Er zählt mittlerweile selbst zu den Beschuldigten in der Finanzaffäre, ist aus der FPÖ ausgetreten und freier Mandatar. Im Zuge einer Hausdurchsuchung wurden bei ihm neben Materialien mit NS-Bezug auch Missbrauchsdarstellungen von Kindern gefunden. Später wurde er wegen letzterem nicht rechtskräftig verurteilt.
Pascuttini und Schönbacher gründeten den Korruptionsfreien Gemeinderatsklub (KFG) mit dem sie bei der anstehenden Wahl auch in den steirischen Landtag einziehen wollen. Pascuttini und drei weiteren KFG-Gemeinderäten waren es auch, die die heimlichen "Würstelstand-Gate"-Aufnahmen von Eder anfertigten, mit denen die Einzeltäter-Theorie infrage gestellt wurde.
Vakuumpumpe und Faschingskostüme
Dass Eder allein gehandelt hat, daran wird jedoch schon länger gezweifelt. So wird unter anderem auch gegen den ehemaligen Vizebürgermeister Eustacchio und den Ex-Klubobmann Armin Sippel ermittelt.
Über Eustacchios Büro sollen mutmaßlich auch Reisen, Faschingskostüme, eine Vakuumpumpe oder Theaterkarten im Wert von mehreren tausend Euro abgerechnet worden sein. In einem aktuellen Finanzgutachten der Staatsanwaltschaft hieß es jedoch, dass Eustacchio "die Mittel bestimmungsgemäß verwendet" habe. Ein erstes Gutachten von 2023 hatte noch ein "hohes Maß an Verschleierungsenergie" beschrieben.
Nachgefragt bei: Mario Kunasek (FPÖ)
Kunasek dreimal ausgeliefert
Ermittelt wird in der Causa auch gegen den FPÖ-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am Sonntag. Schon drei Mal hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt im Zusammenhang mit der Finanzaffäre beantragt, Mario Kunaseks Immunität aufzuheben.
Im ersten Fall ging es um mutmaßliche Mitwisserschaft und falsche Zeugenaussagen, im zweiten um eine Whistleblower-Anzeige rund um Rechnungen für den Hausbau des blauen Spitzenkandidaten. Kunasek weißt die Vorwürfe vehement zurück. Dennoch unterstütze die FPÖ in beiden Fällen die Aufhebungen, um zur Aufklärung beizutragen. 2023 wurden sie beschlossen, ermittelt wird noch immer.
Im dritten Fall rund um eine Anzeige von Alexis Pascuttini, der Kunasek und seine rechte Hand, den Landtagsabgeordneten Stefan Hermann, sprach sich die FPÖ gegen eine Auslieferung aus. Pascuttini wirft den beiden versuchte Nötigung vor, sie hätten ihn wegen seiner Aufklärungsarbeit unter Druck gesetzt. Kunasek und Hermann bestreiten die Vorwürfe.
Drei Jahre Ermittlungen
Seit 2021 beschäftigt der Finanzskandal nicht nur die steirische Politik, sondern auch die Staatsanwaltschaft. Nachdem sich die Grazer Justiz nach einem halben Jahr als möglicherweise befangen zurückzog, übernahmen die Kolleg:innen aus Klagenfurt.
Pascutti reichte im August 2024 schließlich eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständige Staatsanwältin ein, die im September vorübergehend als Sachbearbeiterin ins Justizministerium wechselte. Ihr Nachfolger ordnete bald nach der Übernahme des Falles die Einvernahme von 40 weiteren Zeug:innen an. Vor der Landtagswahl wurden allerdings keine neuen Erkenntnisse öffentlich.
Zusammenfassung
- Vor mittlerweile drei Jahren wurde die Finanzaffäre rund um die Grazer FPÖ öffentlich, vollständig geklärt ist sie jedoch bei weitem nicht.
- Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen schleppend und vor der Steiermark-Wahl gibt es für Wähler:innen viele Fragezeichen.