Flüchtlingsthema überschattet EU-Hauptausschuss vor Gipfel
Dabei wurde einmal mehr die Haltung des Kanzlers kritisiert, keine unbegleiteten Minderjährigen aus dem abgebrannten Lager Moria auf der Insel Lesbos aufzunehmen. Jörg Leichtfried von der SPÖ verwahrte sich dagegen, mit Blick auf die dahin gehende Initiative Deutschlands und neun weiterer EU-Mitglieder von "Symbolpolitik" zu sprechen, wie es der Kanzler getan hatte."Die Menschen sind keinen Symbole, es sind Menschen, die frieren und hungern", sagte Leichtfried.
Helmut Brandstätter von den NEOS rief Kurz auf, im Zusammenhang mit Lesbos nicht mehr von "schlechten Bildern" zu sprechen. "Das ist keine Fernsehshow, das ist die Realität mitten in Europa", sagte er. Der Regierungschef führte ins Treffen, dass sich nicht nur Österreich nicht an der deutsche Initiative beteilige, sondern insgesamt 17 der 27 EU-Staaten. "Man kann hier andere Meinung sein", betonte er. Die teilnehmenden Länder als "die Guten" zu beschreiben, die nicht-teilnehmenden als "die Bösen", wies der Regierungschef zurück. Außerdem habe Österreich seit der Migrationskrise 2015 pro Kopf mehr Flüchtlinge aufgenommen als die meisten anderen EU-Länder.
Sowohl SPÖ als auch NEOS brachten wie schon in der Vorwoche im Nationalratsplenum Anträge ein, die die Regierung zur Aufnahme Minderjähriger aus Moria auffordern. Beide fanden jeweils nur die Unterstützung der beiden Oppositionsparteien und wurde erneut abgelehnt. Die FPÖ blieb allein bei ihrem Antrag mit der Aufforderung, keine Minderjährigen aus Moria aufzunehmen, und scheiterte ebenfalls. Aggressiven Gruppierungen, die mit Gewalt den Eintritt nach Europa zu erzwingen versuchten, dürfe nicht nachgeben werde, hatte Abgeordneter Reinhard Bösch mit Blick darauf erklärt, dass das Feuer in Moria gelegt worden sein könnte.
Dass die Sachhilfe Österreichs - 2.000 mögliche, winterfeste Unterkünfte, die nach dem Brand von Moria nach Griechenland geschickt wurde - dort nicht angekommen sei, wie die SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits meinte, bestritt der Kanzler. Zu einem neuen EU-Flüchtlingssystem wollte sich Kurz noch nicht äußern. Er verwies darauf, dass die EU-Kommission die Pläne erst am Mittwoch präsentiert. Asyl, Migration und Flüchtlinge stehen offiziell auch nicht auf der Gipfeltagesordnung und könnten nur informell zur Sprache gebracht werden.
In Sachen Kurs gegenüber China hielt es der Kanzler für möglich, auf dem bevorstehenden Gipfel eine gemeinsame europäische Linie zu finden. Diese werde sich für die Stärkung der europäischen Unternehmen in China einsetzen und zugleich einen Fokus auf die Menschenrechte in China legen.
Was das Vorgehen der Staatsmacht in Weißrussland gegen die Demonstranten betrifft, die nach der umstrittenen Präsidentenwahl im August eine Neuaustragung verlangen, rechnet Kurz mit einer schnellen Reaktion der EU in Form von Sanktionen gegen Einzelpersonen. Beim Streit der Türkei mit den EU-Mitgliedern Griechenland und Zypern über den Anspruch auf mögliche Erdgaslagerstätten im Mittelmeer habe er dagegen nicht den Eindruck, dass es eine gemeinsame Linie gibt, so Kurz. Der Kanzler und ÖVP-Chef sprach von Völkerrechtsverletzungen der Türkei; er will sich auf dem Gipfel für Sanktionen gegen Ankara einsetzen.
In Sachen Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft im Rahmen des Corona-Wiederaufbaufonds der EU, will Kanzler Kurz beim Gipfel dafür argumentieren, dass die Mittel des Recovery Fund vorrangig für klimafreundliche Maßnahmen und die Digitalisierung eingesetzt werden.
Von den Regierungsmandataren sowie der SPÖ und den NEOS angenommen wurde ein Antrag von ÖVP und Grünen zum Thema Menschenrechte. Demnach soll die Bundesregierung die EU bei der Erstellung des Aktionsplans für Menschenrechte 2020 unterstützen. Sie soll sich dafür einsetzen, dass es bei Menschenrechtsverstößen Strafmaßnahmen gibt und sich die EU-Gremien regelmäßig mit den Menschenrechten in den Unionsländern befassen, wie die Grüne Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic erläuterte.
Zusammenfassung
- Vor allem die Oppositionsfraktionen thematisierten dagegen die Flüchtlingspolitik.