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EuGH: Auch volljährige Flüchtlinge dürfen mit Familien vereint werden

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass in Ausnahmefällen auch volljährige Geflüchtete mit ihren Familien zusammengeführt werden dürfen. Anlass war der Fall einer syrischen Familie.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am Dienstag, dass das Recht auf Familienzusammenführung auch besteht, wenn der unbegleitete Minderjährige während dem Verfahren volljährig wird. 

Anlass war der Fall eines syrischen Flüchtlings. Der unbegleitete Minderjährige wurde als Flüchtling anerkannt. Seine Eltern und seine volljährige Schwester beantragten einen Aufenthaltstitel. Die volljährige Schwester ist schwer krank, sie leidet an Zerebralparese und ist vollständig und dauerhaft auf die Unterstützung der Eltern angewiesen.

Die Anträge wurden von den österreichischen Behörden zurückgewiesen, weil der Syrer nach Stellung des Antrags volljährig geworden war. 

Verfahrensdauer kein Ablehnungsgrund

Minderjährige Flüchtlinge haben das Recht auf Familienzusammenführung mit den Eltern. Das Recht dürfe nicht von der Geschwindigkeit der Verfahrensbearbeitung abhängen. Daher entschied das Gericht, dass der Antrag nicht abgelehnt werden darf, wenn der Minderjährige während der Bearbeitung volljährig wurde.

Auch Schwester darf Nachkommen

Wegen des Pflegebedarfs könne die Schwester nicht alleine in Syrien bleiben, stellt der EuGH in seiner Urteilsbegründung fest. Die Familie des mittlerweile volljährigen Geflüchteten darf als nachgeholt werden, ebenso, wie seine pflegebedürftige Schwester im konkreten Fall. Wenn die Schwester nicht nachgeholt werden dürfte, würde dem Geflüchteten de facto sein Recht auf Familienzusammenführung mit seinen Eltern genommen werden, so der EuGH - weil die Eltern faktisch nicht nach Österreich kommen könnten.

Das Recht auf Familienzusammenführung darf nicht der Voraussetzung unterliegen, dass der minderjährige Flüchtling oder seine Eltern über Wohnraum, eine Krankenversicherung und ausreichende Einkünfte für sie und die Schwester verfügen.

Im konkreten Fall muss nun das österreichische Gericht entscheiden. Es ist dabei an die Rechtsauffassung des EuGH gebunden.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilt über das Recht auf Familienzusammenführung von Flüchtlingen in einem Fall aus Österreich.
  • Im Zentrum steht die Frage, ob die volljährige pflegebedürftige Schwester eines erwachsenen syrischen Asylberechtigten ein Aufenthaltsrecht in Österreich hat, wenn den sie pflegenden Eltern dieses Recht zuerkannt wird.
  • Eine weitere Frage betrifft den Nachzug der Eltern selbst, da der Asylberechtigte zum Zeitpunkt seines Asylantrags minderjährig war, seine Eltern den Antrag auf Familienzusammenführung jedoch stellten, als er bereits volljährig war.