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EU will schnell Beweise für Putins "Aggression" sammeln

Die Europäische Union und die Ukraine wollen bei ihrem Gipfeltreffen kommende Woche in Kiew nach Brüsseler Angaben über Möglichkeiten zur Ahndung des russischen Angriffskriegs beraten. "Ein erster Schritt könnte es sein, ein echtes Strafverfolgungs-Büro aufzubauen, um Beweise für das Verbrechen der Aggression zu sammeln", sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders am Freitag in Stockholm am Rande eines Justizministertreffens.

Wichtig sei es, "Kriegsverbrechen schnell und effizient zu ahnden und dass es keine Strafbarkeitslücke gibt", forderte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) vor der Sitzung. "Jetzt müssen wir agieren, Beweise sammeln, damit sie dann für spätere Verfahren verwendet werden können", so Zadic. Ähnlich äußerte sich die luxemburgische Justizministerin Sam Tanson.

Der belgische Justizminister Vincent Van Quickenborne betonte in Stockholm, die internationale Gemeinschaft müsse "die großen Tiere" in Russland zur Verantwortung ziehen und nicht "einfache Menschen in der Armee". Er spielte damit unter anderem auf Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow an.

Die EU-Justizminister berieten in Stockholm auch über ein Sondertribunal zur Ahndung des russischen Angriffskriegs. Reynders verwies auf laufende Ermittlungen in der Ukraine, bei denen schon zehntausende Hinweise auf Kriegsverbrechen zusammengekommen seien. Er sprach sich dafür aus, das Tribunal wegen der komplexen juristischen Fragen erst in einem zweiten Schritt einzurichten.

Eine Sonderermittler-Stelle lasse sich "sehr schnell" einsetzen, betonte Reynders. Er verwies auf ein Treffen zwischen der EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen und der ukrainischen Regierung kommende Woche Donnerstag in Kiew. Dort könnte es nach seinen Worten eine Grundsatzeinigung geben. Am Freitag findet in Kiew dann ein Gipfel mit von der Leyen, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und EU-Ratspräsident Charles Michel statt.

Ein Sondertribunal unter ukrainischem Recht wie etwa von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock gefordert könnte ausgerechnet die Hauptverantwortlichen für den Angriffskrieg wegen ihrer Immunität nicht belangen. Für ein internationales Tribunal gibt es allerdings hohe Hürden: Entweder müsste der UN-Sicherheitsrat zustimmen, wo Russland ein Vetorecht hat - oder es müsste in der UN-Vollversammlung eine Zweidrittel-Mehrheit geben.

Internationale Ermittler gehen in der Ukraine bereits Hinweisen auf Kriegsverbrechen nach, etwa wegen der mutmaßlich russischen Massaker an Zivilisten in Butscha bei Kiew. Reynders sagte zum Abschluss des Justizministertreffens, insgesamt seien bisher 65.000 Hinweise auf mögliche Kriegsverbrechen in der Ukraine zusammengekommen. "Wir befassen uns nun mit der höchsten Zahl jemals dokumentierter Kriegsverbrechen", sagte Reynders. Dies sei ein "Wendepunkt" in der internationalen Strafverfolgung.

Ebenfalls auf der Agenda des EU-Treffens steht die Bekämpfung Organisierter Kriminalität. "Insbesondere Verbrechen im digitalen Bereich stellen uns dabei vor neue, ernst zu nehmende Herausforderungen", sagte Zadic laut Mitteilung. "Um konsequent gegen organisierte Kriminalität vorzugehen, muss eine grenzüberschreitende europäische Strafverfolgung rasch und einfach möglich sein."

ribbon Zusammenfassung
  • "Ein erster Schritt könnte es sein, ein echtes Strafverfolgungs-Büro aufzubauen, um Beweise für das Verbrechen der Aggression zu sammeln", sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders am Freitag in Stockholm am Rande eines Justizministertreffens.
  • Wichtig sei es, "Kriegsverbrechen schnell und effizient zu ahnden und dass es keine Strafbarkeitslücke gibt", forderte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) vor der Sitzung.