EU-Vize Schinas zu Afghanistan: "Sehe keine Migrationskrise"
"Richtig ist, dass wir jetzt in einer großen Krise stecken (...) Ich sehe aber keine Migrationskrise", sagte Schinas im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er will "einen Reflex vermeiden, der uns zurück zum Krisenjahr 2015 führt".
Noch sei offen, wie sich die Lage entwickle. "Was wir wissen, ist, dass wir heute besser vorbereitet sind als 2015. Wir haben dank Frontex einen sehr viel stärkeren Außengrenzschutz; wir haben die finanziellen Budgetmittel, um den Nachbarstaaten Afghanistans zu helfen; und die Politik der EU-Staaten konvergiert immer stärker." Daher sehe er "jetzt den Moment, um sich auf eine gemeinsame europäische Migrations- und Asylpolitik zu einigen, wie wir sie in der EU-Kommission im September vorgeschlagen haben".
Wann es eine Lösung geben werde, sei schwer zu sagen. "Nach den französischen Präsidentschaftswahlen im Mai 2022 ist eine gute Gelegenheit, die letzten Hindernisse zu überwinden, dann wird es auch eine neue Regierung in Deutschland geben", sagte Schinas. "Und damit könnte man auch den eifrigsten Gegnern einer Einigung, den Populisten am rechten und linken Rand, den Wind aus den Segeln nehmen. Die leben nämlich politisch vom Vorwurf, dass die EU unfähig sei, in dieser Frage gute Lösungen zu finden."
Edtstadler: "Wir brauchen europäische Lösungen"
Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte gegenüber der "Wiener Zeitung", dass die Frage nicht sei, "ob wir in einer Krise wie jetzt in Afghanistan helfen - das steht für alle völlig außer Zweifel -, sondern wie wir helfen. Wir brauchen in der Flüchtlingspolitik europäische Lösungen, diese Fragen lassen sich national nicht lösen." Edtstadler forderte erneut, dass anerkannt werde, was Österreich geleistet hat. Österreich habe mehr als 44.000 Afghanen aufgenommen, "womit wir weltweit pro Kopf die viertgrößte afghanische Community haben". "Das muss berücksichtigt werden, dann wird auch Österreich zustimmen. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingt", so Edtstadler.
Zusammenfassung
- Trotz der instabilen Lage in Afghanistan nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban erwartet der für Migration zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, keine Migrationskrise.
- "Richtig ist, dass wir jetzt in einer großen Krise stecken (...) Ich sehe aber keine Migrationskrise", sagte Schinas im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
- Noch sei offen, wie sich die Lage entwickle. "Was wir wissen, ist, dass wir heute besser vorbereitet sind als 2015."
- Daher sehe er "jetzt den Moment, um sich auf eine gemeinsame europäische Migrations- und Asylpolitik zu einigen, wie wir sie in der EU-Kommission im September vorgeschlagen haben".