Erstes Hilfsgüter-Schiff für Gazastreifen verlässt Zypern
Den Start des Hilfskorridors auf dem Seeweg hatten am Wochenende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der zypriotische Präsident Nikos Christodoulidis angekündigt. Larnaka liegt rund 400 Kilometer von Gaza entfernt. Experten schätzen, dass die Fahrt dorthin 48 bis 60 Stunden dauern könnte.
Wo und wie das Schiff nach Ankunft in den Gewässern vor der Küste des Gazastreifens seine Fracht löschen soll, war unklar. Das Anliefern der Güter gilt als große Herausforderung, weil es nur einen kleinen Fischerhafen gibt, der nicht tief genug für Frachtschiffe ist. Das US-Militär will deshalb gemeinsam mit internationalen Partnern einen temporären Hafen einrichten, dessen Bau nach US-Angaben allerdings zwei Monate dauern wird.
Israel wehrte sich unterdessen gegen Kritik wegen der katastrophalen Versorgungslage im Gazastreifen. Seit Kriegsbeginn seien mehr als 16.000 Lastwagen in den Gazastreifen gefahren und nur 1,5 Prozent nicht zugelassen worden, schrieb die für Kontakte mit den Palästinensern und humanitäre Hilfe zuständige israelische Cogat-Behörde am Dienstag auf X.
Die Gogat-Behörde reagierte auch auf einen Tweet des Chefs des UNO-Palästinenserhilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini. Dieser hatte zuvor auf X kritisiert, dass zu wenig humanitäre Hilfe in den Gazastreifen komme und die Beschränkungen zunähmen. Israels Behörden verbieten demnach viele lebensrettende Produkte, die ihrer Ansicht nach auch für andere Zwecke verwendet werden könnten, darunter Sauerstoffflaschen, Krebsmedikamente und Beatmungsgeräte. "Die Freigabe humanitärer Hilfsgüter und die Lieferung grundlegender und kritischer Güter müssen erleichtert und beschleunigt werden", forderte Lazzarini.
Der israelischen Regierung zufolge kommen derzeit mehr Hilfsgüter in den Küstenstreifen als vor Kriegsbeginn. Ein Sprecher der Vereinten Nationen sagte, es reiche nicht, die Lastwagen zu zählen, die Grenzposten überquerten. UNO-Angaben zufolge liegt das Problem bei der Verteilung der Güter innerhalb des Kriegsgebiets. Laut UNO-Nothilfebüro OCHA erreichten etwa im Februar nur die Hälfte aller geplanten Hilfskonvois die Gebiete, für die sie bestimmt waren. Bei den übrigen Lieferungen habe die israelische Unterstützung gefehlt. Die Verteilung erfordere die Koordination mit dem israelischen Militär.
Die Lage der Menschen in dem kleinen Küstenstreifen ist Hilfsorganisationen zufolge zunehmend verzweifelt. Nach UNO-Angaben droht eine Hungerkrise, wenn die Hilfslieferungen per Lastwagen nicht ausgeweitet werden. Im Gazastreifen leben rund 2,2 Millionen Menschen.
Vor dem Krieg fuhren täglich 500 - und damit deutlich mehr Lastwagen in das Palästinensergebiet. Diese waren der israelischen Regierung zufolge aber nicht nur mit Lebensmittel, sondern auch mit Gütern, die derzeit nicht geliefert werden, beladen. Auslöser des Gazakrieges vor 158 Tagen waren der Terrorüberfall sowie die Massaker und Entführungen der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Palästinenserorganisationen im Süden Israels.
Zusammenfassung
- Von Zypern aus hat das Hilfsschiff 'Open Arms' mit 200 Tonnen Mehl, Reis und Proteinprodukten Kurs auf den Gazastreifen genommen.
- Die Mission der 'Open Arms' ist ein Pilotprojekt, das die Versorgungsmöglichkeiten des kriegsgebeutelten Gebiets über einen neuen Seekorridor erprobt.
- Mit dem Ablegen des Schiffes in Larnaka beginnt ein neues Kapitel in der humanitären Hilfe für die palästinensische Enklave.