Deutschland
Union und SPD einigen sich auf Milliarden-Finanzpaket
Zum einen soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben gelockert werden, wie die Unterhändler nach ihrer dritten Sondierungsrunde in Berlin verkündeten.
Außerdem soll ein Sondervermögen für die Instandsetzung der Infrastruktur mit 500 Milliarden Euro geschaffen werden. Beide Beschlüsse sollen wegen der komplizierten Mehrheitsverhältnisse noch vom alten deutschen Bundestag getroffen werden.
Allein haben Union und SPD auch dort nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Grundgesetzänderung. Sie brauchen daher Stimmen von Grünen oder FDP.
Sondierungsgespräche laufen
Die Finanzbeschlüsse sind die erste Einigung in den seit Ende vergangener Woche laufenden Sondierungsgesprächen von Union und SPD über eine Regierungsbildung. Die Verhandlungen sollen nun am Donnerstag und Freitag fortgesetzt werden, um weitere Entscheidungen bei den Themen Haushalt, Migration, Wettbewerbsfähigkeit, innere Sicherheit und Migration zu treffen. Ziel sei es, die Beratungen "zeitnah abzuschließen", sagte Merz.
Die Beschlüsse gelten auch als wichtiges Signal für die Handlungsfähigkeit Deutschlands mit Blick auf den EU-Gipfel am Donnerstag. Dort wird es darum gehen, wie Europa auf den Kurswechsel der USA unter Präsident Donald Trump in der Ukraine-Politik reagieren wird. Am Mittwoch wollen sich die Spitzen von Union und SPD mit dem scheidenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abstimmen, der an dem Gipfel teilnimmt.
"Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: whatever it takes", sagte Merz nach dem Sondierungserfolg. Deshalb sollten diejenigen Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen werden, die über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Das wäre - gerechnet mit dem BIP von 2024 - alles über etwa 43 Milliarden Euro.
Sondervermögen für Infrastruktur soll über zehn Jahre laufen
Das sei aber nur zu verkraften, wenn die Wirtschaft binnen kürzester Zeit wieder auf einen stabilen Wachstumskurs zurückkomme. Dafür müsse die Infrastruktur verbessert werden. "Die notwendigen Mittel dazu können nicht allein aus den laufenden Haushalten des Bundes, der Länder und der Gemeinden finanziert werden", sagte Merz. Das geplante kreditfinanzierte Sondervermögen solle über zehn Jahre laufen.
Ein Sondervermögen ist ein Topf abseits des Bundeshaushalts, aus dem Maßnahmen mit einem ganz bestimmten Zweck finanziert werden. Wenn man es im Grundgesetz verankert, kann man es dort auch von der Schuldenbremse ausnehmen, die die Kreditaufnahme eigentlich auf einen geringen Betrag beschränkt. Genau das ist laut Merz nun geplant.
Auch Länder sollen mehr Schulden machen können
Außerdem sollen auch die Länder die Möglichkeit bekommen, mehr Schulden zu machen. Ihre Schuldenbremse, die bisher besonders streng ist, soll an die etwas flexiblere Bundesregelung angepasst werden.
Wegen der komplizierten Mehrheitsverhältnisse im neuen Bundestag wollen Union und SPD die nötigen Grundgesetzänderungen noch mit dem alten Bundestag beschließen. Denn im neuen Parlament haben die sogenannten Parteien der Mitte - also Union, SPD und Grüne - keine Zwei-Drittel-Mehrheit mehr. AfD und Linke sind so stark, dass sie eine Änderung des Grundgesetzes blockieren könnten.
Ein Beschluss des alten Bundestags ist theoretisch so lange noch möglich, bis das neue Parlament konstituiert ist. Auch hier aber können Union und SPD nicht allein agieren: Für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit brauchen sie Stimmen entweder der Grünen oder der FDP.
Die FDP hat sich bisher stets gegen eine Reform der Schuldenbremse gestemmt, daher dürften die Verhandler vor allem auf die Grünen setzen.
Video zur Bundestagswahl: Machtwechsel in Deutschland
Zusammenfassung
- Union und SPD in Deutschland haben sich auf ein Finanzpaket von 500 Milliarden Euro zur Verbesserung der Infrastruktur geeinigt.
- Die Schuldenbremse soll für Verteidigungsausgaben gelockert werden, die über einem Prozent des BIP liegen, um die Handlungsfähigkeit Deutschlands zu sichern.
- Für die Umsetzung der Beschlüsse benötigen Union und SPD die Unterstützung von Grünen oder FDP, da sie allein keine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag haben.