"Eigene Ziele": Was hat Lukaschenko vom Wagner-Deal?
Nach dem Vormarsch von Wagner-Truppen auf Moskau am Wochenende bleiben viele Fragen offen – vor allem rund um die Vermittlungen des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko. Während eine 5.000 Mann starke Kolonne an Söldnern auf dem Weg nach Moskau war, hatte Lukaschenko mit Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin verhandelt. Dieser hat seine Truppen schließlich zurückbeordert. Prigoschin soll nun ins Exil nach Belarus gehen.
Viele Experten fragen sich jetzt, warum ausgerechnet ihm diese Vermittlerrolle zugefallen ist. "Lukaschenko kennt den Kreml besser als sonst jemand in der Welt", sagt der belarussische Politologe Yauheni Preiherman, der auf Einladung des Internationalen Instituts für den Frieden in Wien war, im PULS 24 Interview.
In der Schuld Putins
Seit Lukaschenko Putins Hilfe bei der brutalen Niederschlagung der Oppositions-Proteste in Belarus im Jahr 2020 erhalten hatte, steht er in der Schuld des Kremls und gilt gemeinhin als dessen Handlanger. Ihn aber als "Putins Puppe" und Belarus als "Hinterhof Russlands" zu bezeichnen sei übertrieben, meint Preiherman. Er denkt, Lukaschenko verfolge beim Deal zwischen Russland und Prigoschin seine eigene Agenda.
Es sei in seinem eigenen und belarussischen Interesse gewesen, dass "diese Krise nicht weiter außer Kontrolle gerät" analysiert der Experte. Auch in einem Pressestatement betonte Lukaschenko am Dienstag, dass er am Wochenende sowohl der Armee als auch anderen belarussischen Sicherheitskräften befohlen hatte, sich bereitzuhalten, falls die Situation in Russland weiter eskalieren würde.
Exil versprochen
In den Verhandlungen mit Prigoschin wurde dem Wagner-Chef das Exil in Belarus versprochen, in Russland wurden außerdem am Dienstag alle Ermittlungen gegen ihn eingestellt. Mit Dienstagvormittag war aber nicht klar, wo sich der Wagner-Chef aktuell aufhält. "Ich würde nicht ausschließen, dass er einen Rechtsstatus in Belarus bekommt, um für seine Sicherheit zu garantieren", sagt Preiherman. So könnte er zum Beispiel seine Tätigkeiten in Afrika fortsetzen. Etwa 5.000 Söldner befinden sich dort derzeit und sind vor allem in Mali, Libyen und der Zentralafrikanischen Republik aktiv.
Kein Platz für militärische Infrastruktur
Gleichzeitig glaubt der Experte nicht, dass sich Prigoschin in Belarus ähnlich etablieren könne, wie in Russland. Das dortige politische System sei bekannt für die strikte Kontrolle und Lukaschenko werde ihm "definitiv keinen Platz lassen, um eine militärische Infrastruktur zu entwickeln", meint der Experte.
Sorge vor Involvierung von Armee
Lukaschenkos Ansehen im eigenen Land könnte durch den Prigoschin-Deal aber weiter leiden. In letzter Zeit habe sich die Meinung in der Bevölkerung zumindest zu Lukaschenkos Gunsten verändert, da er es geschafft hatte, die belarussische Armee nicht direkt in die Kämpfe in der Ukraine zu involvieren. Die aktuelle Situation würde nun aber wieder ein größeres Risiko für Belarus bedeuten.
Zusammenfassung
- Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko habe beim Deal zwischen Russland und Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin seine eigene Agenda verfolgt, analysiert Belarus-Experte Yauheni Preiherman im PULS 24-Interview.