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Edtstadler in Polen: Keine Abstriche bei Rechtstaatlichkeit

"Es kann, wird und darf keine Abstriche bei der Rechtstaatlichkeit geben, und es ist auch eine conditio sine qua non für weitere Geldflüsse aus der Europäischen Union." Das betonte Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Montag nach ihrem Treffen mit ihrem polnischen Amtskollegen Konrad Szymanski in Warschau. Diese Position habe sie "in diesem sehr, sehr freundlichen Gespräch" auch deutlich vertreten.

Der polnische Präsident Andrzej Duda habe einen Vorschlag gemacht, "wie man die Disziplinarkammer anders einrichtet, sodass sie auch europäischem Recht entspricht. Das wird hier diskutiert, das ist noch nicht von allen positiv gesehen, aber ich habe das Gefühl, dass hier in Polen das Thema angekommen ist, auch in der Politik angekommen ist." Im Streit über die polnische Disziplinarkammer für Richter hatte der Europäsche Gerichtshof (EuGH) im Oktober ein tägliches Zwangsgeld von einer Million Euro verhängt. Warschau deutete zuletzt ein Einlenken an.

Die Europäische Kommission erklärte vergangene Woche, im Rechtsstreit mit Polen erstmals für das Land vorgesehene EU-Mittel einzubehalten. Die Brüsseler Behörde reagierte damit auf die Weigerung Polens, einem EuGH-Urteil Folge zu leisten, wie der Sprecher von EU-Budgetkommissar Johannes Hahn mitteilte. Das Land wurde im September zur Zahlung eines täglichen Zwangsgeldes von einer halben Million Euro verurteilt. In dem Fall geht es um den polnischen Braunkohle-Tagebau Turów im Dreiländereck von Polen, Tschechien und Deutschland. Tschechien hatte Polen vor dem EuGH verklagt. Die nationalkonservative polnische Regierung erklärte, die Entscheidung anfechten zu wollen, und verwies auch darauf, dass es mittlerweile eine Einigung mit Tschechien gebe.

Die Ministerin betonte auch, dass der Eindruck vermieden werden sollte, "dass wir ein Europa haben, das gespalten ist in Ost und West". Gerade die Rechtstaatlichkeit und die europäischen Werte "zeichnen uns als Europäische Union aus. Und deshalb ist es ja so wichtig, auf die Einhaltung der Rechtstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte zu achten."

Diesen Mittwoch gehe es beim EuGH darum, "ob die Konditionalitätsverordnung in Kraft tritt, das heißt die Vermischung zwischen Rechtstaatlichkeit und Budget, dass man hier auch einen Hebel seitens der Kommission in der Hand hat". Und sie gehe davon aus, "dass die Polen und die Ungarn mit ihrer Klage beim EuGH scheitern werden", sagte Edtstadler gegenüber österreichischen Journalisten.

Thema ihrer Unterredung mit Szymanski, nach der es keine Pressekonferenz gab, sei auch die Krise um die Ukraine gewesen, sagte Edtstadler. Sie verwies unter anderem auf die Grenzlage Polens zur Ukraine und zu Belarus (Weißrussland). Der polnische Europaminister habe gesagt, man wisse im Moment nicht, in welche Richtung es gehe. "Aber man wird alles daran setzen, auch mit einer gemeinsamen Sprache innerhalb der Europäischen Union zu sprechen", um "zu deeskalieren" und "Völkerrechtsbrüche" zu verhindern oder gar einen Krieg. "Das kann in niemandes Interesse sein, und wir stehen hier ganz klar an der Seite Polens als unmittelbarer Nachbar, an der Seite der Souveränität der Ukraine, und wir müssen hier auch weiterhin mit einer Sprache sprechen."

Sollte es zu einem Bruch von Völkerrecht durch Russland kommen, "dann steht Österreich ganz klar auf der Seite der Europäischen Union und wird die Sanktionen auch mittragen" - seien sie "noch so hart", unterstrich Edtstadler. "Wir stehen hier ganz klar auf der Seite der Souveränität der Ukraine."

Nach ihrem Gespräch mit ihrem polnischen Amtskollegen wollte Edtstadler am Montag unter anderem den Campus des Collège d'Europe in Natolin besuchen und eine Rede vor Studierenden halten. Auch ein Besuch bei der EU-Grenzschutzagentur Frontex war geplant.

ribbon Zusammenfassung
  • "Es kann, wird und darf keine Abstriche bei der Rechtstaatlichkeit geben, und es ist auch eine conditio sine qua non für weitere Geldflüsse aus der Europäischen Union."
  • Die Europäische Kommission erklärte vergangene Woche, im Rechtsstreit mit Polen erstmals für das Land vorgesehene EU-Mittel einzubehalten.
  • In dem Fall geht es um den polnischen Braunkohle-Tagebau Turów im Dreiländereck von Polen, Tschechien und Deutschland.