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ECOWAS bemüht sich um Truppe für mögliche Niger-Intervention

In der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS laufen die Vorbereitungen für eine mögliche Militär-Intervention im Niger. Ein für Samstag geplantes Treffen der Armeechefs der ECOWAS-Staaten in Ghanas Hauptstadt Accra wurde jedoch kurzfristig abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben. Zwei Wochen nach dem Staatsstreich wachsen die Sorgen um die Gesundheit des festgesetzten nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum und dessen Familie.

Das Treffen sei aus "technischen Gründen" verschoben worden, hieß es aus Militärkreisen am Freitag. Bei dem Treffen hätten der Organisation die "besten Optionen" für die Aktivierung und den Einsatz der Eingreiftruppe unterbreitet werden sollen, hieß es weiter. Die Ecowas hat noch keine Einzelheiten und keinen Zeitplan hinsichtlich der geplanten Eingreiftruppe bekannt gegeben.

Die EU und die UNO sprachen am Freitag von einer "Verschlechterung der Haftbedingungen" für Präsident Bazoum. Die Gefangenen verfügten demnach seit Tagen weder über Strom noch Nahrung noch medizinische Versorgung. Bazoum war Ende Juli von Militärs gestürzt worden, die daraufhin die Macht übernahmen. Die ECOWAS hatte die nigrische Armee aufgefordert, den Präsidenten bis vergangenen Sonntagabend wieder einzusetzen und ein militärisches Eingreifen als "letzte Option" in Aussicht gestellt. Die Frist verstrich, ohne dass es zunächst zu einem Militäreinsatz kam.

Am Donnerstag hatte ECOWAS die Aktivierung einer sogenannten Bereitschaftstruppe angeordnet, aber betont, dass friedliche Mittel Vorrang hätten. US-Berichten zufolge drohten die Putschisten, Bazoum im Falle eines Militärschlags zu töten. Einer US-Diplomatin soll die Junta gedroht haben, Bazoum im Falle einer Militärintervention umzubringen, wie die "New York Times" am Freitag auf Grundlage eines Berichts der US-Nachrichtenagentur Associated Press berichtete. Die Drohung rief weltweit Empörung sowie weitere Aufrufe zu Bazoums Freilassung hervor.

Russland warnte vor einem militärischen Eingreifen im Niger. Diese könnte zu einer "langwierigen Konfrontation" im Land und zu einer "erheblichen Destabilisierung" der Situation in der Sahel-Zone führen, erklärte das Außenministerium in Moskau. Auch der Präsident von ECOWAS-Mitglied Kap Verde, Jose Maria Neves, sprach sich gegen eine Militärintervention im Niger aus und sagte, es sei unwahrscheinlich, dass sein Land sich an solch einem Einsatz beteiligen werde.

Der Präsident der Elfenbeinküste (Cote d'Ivoire), Alassane Ouattara, hatte bereits am Donnerstag angekündigt, ein Bataillon - etwa 850 Soldaten - zur ECOWAS-Bereitschaftstruppe abzukommandieren. Auch der Senegal will sich an der Truppe beteiligen, allerdings lehnte ein Sprecher der senegalesischen Armee am Freitag die Nennung von Truppenstärke und Ausrüstung ab. Gambias Verteidigungsminister Sering Modou Njie und Liberias Informationsminister Ledgerhood Rennie sagten am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters, ihre Regierungen hätten noch keine Entscheidung über die Entsendung von Truppen getroffen. Andere ECOWAS-Staaten reagierten zunächst nicht auf Anfragen.

Zuletzt hatten die Militärregierungen in Mali und Burkina Faso der Junta im Niger bei einem möglichen Angriff der ECOWAS Unterstützung signalisiert. Die ECOWAS-Mitgliedschaft dieser drei Länder sowie Guineas war nach Militärputschen suspendiert worden.

Aus Sicht militärischer Experten kann die Aufstellung der ECOWAS-Bereitschaftstruppe Wochen in Anspruch nehmen. Diese Zeit könnte für Verhandlungen für eine friedliche Lösung des Konflikts genutzt werden. ECOWAS hat in den vergangenen Jahrzehnten bereits mehrfach in Mitgliedsstaaten militärisch eingegriffen. Es ist aber das erste Mal, dass ECOWAS eine multinationale Bereitschaftstruppe vorbereitet. Die Staatengruppe will schon seit Jahren eine gemeinsame Streitmacht zusammenstellen. Dies scheiterte bisher an Finanzierungsfragen und der Bereitschaft, eigene Soldaten der internationalen Truppe zu überlassen, sagte Ikemesit Effiong vom nigerianischen Forschungsinstitut SBM Intelligence.

Die Afrikanische Union unterstützt die von ECOWAS gefassten Maßnahmen zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung im Niger. Das teilte der AU-Vorsitzende, Moussa Faki Mahamat, am Freitag mit. Faki forderte zudem erneut die sofortige Freilassung des gestürzten nigrischen Präsidenten Bazoum und aller Mitglieder seiner Familie sowie seiner Regierung. "Eine solche Behandlung eines demokratisch gewählten Präsidenten ist nicht hinnehmbar", hieß es in der Mitteilung. Zudem gebe es übereinstimmende Hinweise darauf, dass sich die Haftbedingungen des Präsidenten deutlich verschlechtert hätten.

"Nachdem ihm mehrere Tage lang Strom und Telefon vorenthalten wurden, entziehen ihm die Putschisten nun unter anderem seinen Hausarzt. Selbst der Zugang zu Lebensmitteln wird ihm verwehrt", sagte Bazoums stellvertretender Kabinettschef Moussa Oumarou am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Auch seine Ehefrau und sein Sohn werden weiter festgehalten.

Der UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk zeigte sich ebenfalls besorgt. "Glaubwürdige Berichte, die mir vorliegen, deuten darauf hin, dass die Bedingungen der Festsetzung einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung gleichkommen könnten, was einen Verstoß gegen internationale Menschenrechtsnormen darstellt", teilte der Österreicher am Freitag mit. Die Verantwortlichen müssten die Einhaltung und den Schutz der Menschenrechte des Präsidenten und aller Personen, die mit ihm festgehalten werden, sicherstellen.

In Niamey demonstrierten am Freitag tausende Unterstützer der neuen Machthaber. In der Nähe einer französischen Militärbasis riefen Demonstranten "Nieder mit Frankreich, nieder mit ECOWAS". Nigers neue Machthaber werfen der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich vor, hinter der harten Haltung des westafrikanischen Bündnisses zu stecken. Viele Demonstranten schwenkten russische Flaggen und riefen den Namen des neuen selbsternannten Militärmachthabers General Abdourahamane Tiani.

ribbon Zusammenfassung
  • In der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS laufen die Vorbereitungen für eine mögliche Militär-Intervention im Niger.
  • Zwei Wochen nach dem Staatsstreich wachsen die Sorgen um die Gesundheit des festgesetzten nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum und dessen Familie.
  • ECOWAS hat in den vergangenen Jahrzehnten bereits mehrfach in Mitgliedsstaaten militärisch eingegriffen.
  • Das teilte der AU-Vorsitzende, Moussa Faki Mahamat, am Freitag mit.