APA/HELMUT FOHRINGER

Dreierkoalition geplatzt: ÖVP und SPÖ im Krisenmodus

Die NEOS ließen am Freitag die Koalitionsverhandlungen platzen und erwischten ÖVP und SPÖ auf falschen Füßen. Öffentlich gab es bislang vor allem gegenseitige Schuldzuweisungen. Hinter den Kulissen dürfte es chaotisch zugehen.

Mit ÖVP und SPÖ seien keine weitreichenden Reformen möglich, sagte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Freitag, nachdem am Donnerstag noch bis kurz vor 23 Uhr verhandelt wurde.

Sie sprach Themenbereiche wie Budgetziele, Pensionen und Föderalismus an. Gehakt haben dürfte es auch bei den Themen Steuern, Gesundheit, Bildung, Parteienfinanzierung und Inserate

ÖVP-SPÖ-NEOS geplatzt: Wer ist schuld?

PULS 24 Reporter Daniel Retschitzegger und der stellvertretende Chefredakteur Andreas Rossmeissl analysieren den Rückzug der NEOS.

Am Freitagvormittag informierte Beate Meinl-Reisinger Bundespräsident Alexander Van der Bellen, ÖVP-Chef Karl Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler. 

Die beiden letzteren dürften vom Platzen der Verhandlungen auf falschen Füßen erwischt worden sein. Weder Nehammer noch Babler traten bis in die Abendstunden vor die Presse.

Öffentliche Schuldzuweisungen

Öffentlich machte die ÖVP die "rückwärtsgewandten Kräfte in der SPÖ" für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich. Die SPÖ wiederum zeigte sich empört über die NEOS. Die Pinken seien nicht bereit gewesen, "sich einzugestehen, dass es kein 100-prozentiges NEOS-Programm geben kann". Die Liberalen "wollten bei denen kürzen, die ohnehin schon stark belastet sind", kritisierten die Roten. Die NEOS konterten auf "X": "Ihr wisst, dass das nicht stimmt. Ein gewisses Maß an Redlichkeit braucht es in der Politik halt schon".

Hinter den Kulissen dürfte es gleichzeitig ebenfalls chaotische Gespräche geben. ÖVP und SPÖ hätten gemeinsam eine Mehrheit von nur einem Mandat; mit den Grünen will die ÖVP nicht, mit der FPÖ unter Herbert Kickl beide nicht. Von Neuwahlen würden laut Umfragen vor allem die Blauen profitieren. 

Nicht-öffentliche Krisensitzungen

Bundespräsident Alexander Van der Bellen bat die verbliebenen Verhandler am Freitagnachmittag jedenfalls in die Hofburg. Zuerst traf Babler dort am Nachmittag zu einem rund einstündigen Austausch ein, danach Nehammer. Die beiden Parteichefs hatten sich davor schon getroffen. 

Über den genauen Inhalt der Unterredungen war vorerst nichts zu erfahren. Ein für den Nachmittag angekündigtes Statement Bablers wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Davor soll noch eine Präsidiumssitzung der SPÖ stattfinden. (Sollte die Rede noch stattfinden, zeigt sie PULS 24 hier im Livestream).

Rückendeckung für Nehammer

Ebenfalls am späten Freitagnachmittag tagte der ÖVP-Parteivorstand, danach war eine Klubsitzung geplant. Die Stimmung dürfte nicht gerade heiter sein, brodelt es doch seit Wochen vor allem aus dem Wirtschaftssektor der Partei, der eher in Richtung einer Koalition mit der FPÖ drängt, was Nehammer ausschloss. Eine formale Abstimmung über Nehammer gab es im Vorstand zwar nicht, allerdings sei dem Parteichef durch Wortmeldungen der "Rücken gestärkt" worden, hieß es nach der Sitzung zur APA. 

Wie es weitergeht, ist derzeit völlig unklar.

ribbon Zusammenfassung
  • Die NEOS ließen am Freitag die Koalitionsverhandlungen platzen und erwischten ÖVP und SPÖ auf falschen Füßen.
  • Öffentlich gab es bislang vor allem gegenseitige Schuldzuweisungen.
  • Hinter den Kulissen dürfte es chaotisch zugehen.