Digitale Gesundheitsakte und Weg zum Arzt künftig via App
Beide betonten bei dem Pressegespräch in Wien den vorgezeichneten Weg: "digital vor ambulant, vor stationär". Wichtig seien vor allem Datenstruktur und "Usability", sagte Tursky. Es brauche erstens vollständige Gesundheitsdaten und zweitens sei bei der Benutzerfreundlichkeit der Bürger in den Mittelpunkt zu stellen. "Wenn die Bedienung einfach ist, dann werden es die Menschen auch verwenden", ist der Staatssekretär zuversichtlich.
"Wenn ich mich in Österreich krank fühle, rufe ich die Rettung und fahre in die Spitalsambulanz, was dazu führt, dass die Spitalsambulanzen überlastet sind", sagte Rauch zum Status quo. "In Israel logge ich mich ein und beantworte ein paar Fragen und werde dann einem Arzt zugewiesen, bei dem ich innerhalb von 30 Minuten dran komme." In Finnland, wo Rauch sich das dortige System gemeinsam mit Tursky angesehen hatte, ist die Digitalisierung im Gesundheitsbereich ähnlich fortgeschritten. Dort habe sich zudem kaum jemand von der elektronischen Gesundheitsakte abgemeldet, betonte Rauch.
Es dürfe keine Kompromisse bei Datenschutz und Transparenz geben, sagte Tursky. Datenschutz sei in Österreich streng geregelt und ELGA jetzt schon transparent, indem "ich sehe, wenn jemand meine Akte öffnet", beispielsweise ein Arzt. Zudem steige die Akzeptanz "in dem Moment, wo ich einen Mehrwert habe". Dafür sollen Bilddaten wie von Röntgen, CT und MRT bis Anfang nächsten Jahres in ELGA integriert und die elektronische Gesundheitsakte bis 1. Jänner 2026 auch an Wahlärzte angeschlossen werden. "Dann brauchen die Menschen nicht mehr mit Röntgenbildern, CDs oder anderen Datenträgern herumlaufen", sagte Rauch.
Bezüglich der älteren Bevölkerung erläuterte Rauch, er sei in einem Gesundheitszentrum gewesen, das komplett auf ein digitales Termin- und Anmeldesystem umgestellt habe. Dort hieß es: "Hört endlich auf, den alten Menschen das nicht zuzutrauen. 90 Prozent der Patientinnen und Patienten können das ohne Problem." Die Gesundheitshotline 1450 werde aber um verstärkte Erstabklärungen und Videoberatungen ausgebaut, "für die, die digital nicht können", berichtete der Gesundheitsminister. "Wer nicht will, kann sich bei Elga abmelden" und sei bei der digitalen Gesundheitsakte ebenso nicht dabei. Es habe wegen Corona aber eine Wiedereintrittswelle bei ELGA gegeben, weil der Mehrwert erkannt wurde, erinnerte Rauch.
Der niederschwelligste Zugang zum Gesundheitssystem werde die App sein, wo Symptome eingeben werden und hinterlegt mit Künstlicher Intelligenz nächste Schritte vorgegeben werden. Nach der App reiht sich die Hotline 1450 ein, dann folgt der niedergelassene Bereich, wo eine Ärztin oder ein Arzt kontaktiert wird - persönlich oder auch per Videokonsultation. Letzte Stufe sei der vorläufige Befund und die Frage: "Braucht es den Weg ins Spital?", erläuterte Rauch.
Im Zuge der eHealth-Strategie sind auch mehr digitale Gesundheitsanwendungen für chronisch kranke Patientinnen und Patienten geplant, sprach Rauch von "Apps auf Rezept". Weiters werden mit der Gesundheitsreform alle niedergelassenen Ärzte zur Diagnosecodierung verpflichtet. Jedem Krankheits- und Verletzungsbild kann schon lange ein international gültiger Code zugeordnet werden, das müssen Kassenärzte bis 1. Jänner 2025 und Wahlärzte bis 1. Jänner 2026 umsetzen. Neben diesen Daten wollte sich Rauch nicht auf konkrete Zeithorizonte für die Umsetzung festlegen. Erste Gesundheits-Apps, glaubt er, seien 2025 hinzubekommen. Am Ende der fünf Jahre der neuen Finanzausgleichsperiode "sollten wir in jedem Fall dort sein, dass das in Österreich umgesetzt ist."
Zusammenfassung
- Vor dem Weg zum Arzt steht künftig der Aufruf einer Handy-App, über die auch die Gesundheitsakte ELGA erreicht werden kann.
- Die Gesundheitsreform ist eine "digitale Gesundheitsreform", sagte Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP).
- Weiters werden mit der Gesundheitsreform alle niedergelassenen Ärzte zur Diagnosecodierung verpflichtet.