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Deutschland will Kriminelle nach Afghanistan abschieben

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz will die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen. "Solche Straftäter gehören abgeschoben - auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen", sagte Scholz am Donnerstag im Bundestag. "Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren." Innenministerin Nancy Faeser will rasch einen Gesetzesentwurf zur Ausweitung von Abschiebegründen vorlegen.

Was Scholz am Donnerstag gesagt habe, werde schnell umgesetzt, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe laut Vorausbericht. "Aus der Billigung terroristischer Taten muss künftig ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse folgen", sagte Faeser. "Einen Gesetzentwurf hierzu werde ich in Kürze vorlegen." Es werde zudem weiter intensiv geprüft, "wie wir schwere Straftäter und islamistische Gefährder schnellstmöglich auch wieder nach Afghanistan und Syrien abschieben können".

Scholz hatte angekündigt, der Rechtsstaat werde sich gegen "Terror" radikaler Islamisten mit allen Mitteln wehren. "Solche Straftäter gehören abgeschoben - auch wenn sie aus Syrien oder Afghanistan stammen", sagte Scholz. "Wer Terrorismus verherrlicht, wendet sich gegen alle unsere Werte und gehört auch abgeschoben." Bei einer mutmaßlich islamistisch motivierten Messerattacke in der vorigen Woche in Mannheim war ein Polizist schwer verletzt worden und gestorben.

Ein Afghane hatte am vergangenen Freitag in Mannheim fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der Beamte erlag später seinen Verletzungen. Der Angriff hatte eine Debatte über eine Lockerung des Abschiebeverbots nach Afghanistan ausgelöst. Seit der Machtübernahme durch die radikal-islamistischen Taliban in Kabul im August 2021 schickt Deutschland niemanden mehr nach Afghanistan zurück. Schon in der Zeit davor hatte man sich wegen der damals schon schwierigen Sicherheitslage darauf verständigt, nur Männer - und vor allem Straftäter und sogenannte Terror-Gefährder - unter Zwang nach Kabul zu bringen.

Während SPD und FDP auf Abschiebungen auch nach Afghanistan dringen, unterstrichen die deutschen Grünen ihre Skepsis mit Blick auf die in dem Land herrschende radikal-islamische Taliban-Miliz. Co-Parteichef Omid Nouripour nahm Faeser in die Pflicht, ein Konzept vorzulegen, das den zentralen Fragen mit Blick auf Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Umsetzbarkeit gerecht werde. "Dazu zählt auch die Frage, wie wir ausschließen, dass wir weder den Steinzeitislamisten der Taliban Geld geben noch die Kriminellen in die Freiheit und damit auf den Rückweg nach Deutschland abschieben", erklärte Nouripour. "Darauf muss das Innenministerium nun Antworten geben."

"Die Zeit des Warnens und des Verurteilens, des Abwiegelns und der Ankündigungen, diese Zeit ist jetzt vorbei", sagte Oppositionsführer Friedrich Merz. "Die Menschen erwarten, dass wir handeln. Sie erwarten Entscheidungen. Sie warten auf eine klare, unmissverständliche Antwort der Politik", ergänzte der CDU-Chef. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel gab der Regierung eine politische Mitverantwortung für den tödlichen Messerangriff auf einen deutschen Polizisten in Mannheim vergangene Woche. Der Polizistenmörder sei ein Musterbeispiel für das migrationspolitische Versagen dieser Regierung und ihrer CDU-geführten Vorgänger, sagte Weidel.

Mit den Grünen ist aber einer der beiden Koalitionspartner der SPD skeptisch, ob die Abschiebungen wirklich möglich sind. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock befürchtet, dass abgeschobene Islamisten auch von dort aus Terroranschläge planen könnten. Die ebenfalls regierende FDP unterstützte hingegen einen schärferen Kurs bei Abschiebungen. "Wer hier bei uns islamistisch motivierte Straftaten begeht, von Volksverhetzung und Judenhass bis hin zu schweren Gewalt- und Tötungsdelikten, bedarf offenkundig keines Schutzes vor islamistischen Regimen", sagte Fraktionschef Christian Dürr.

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer kündigte in einer Stellungnahme an, in dieser Frage eng mit Deutschland zusammenarbeiten zu wollen. Der ÖVP-Chef forderte die Schaffung rechtlicher Möglichkeiten für Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan und Syrien. "Das Sicherheitsinteresse unserer Länder wiegt schwerer als das Schutzinteresse der Täter", sagte Nehammer. In ein ähnliches Horn stießen Innenminister Gerhard Karner und Europaministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP). FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer ortete angesichts der "drohenden Wahlniederlage eine PR-Show" der Volkspartei.

Zu den vielen Menschen aus Syrien und Afghanistan, die in den vergangenen zehn Jahren als Asylwerber nach Deutschland gekommen sind, zählen auch einige, die inzwischen schwere Straftaten begangen haben oder denen die Polizei zutraut, einen Terroranschlag zu begehen. Obwohl die gesetzlichen Hürden für die Abschiebung jener, von denen eine potenzielle Gefahr ausgeht, niedriger sind als bei anderen Ausreisepflichtigen, gibt es rechtliche und praktische Schwierigkeiten.

ribbon Zusammenfassung
  • Bundeskanzler Olaf Scholz plant, Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder wieder nach Afghanistan und Syrien abzuschieben. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll von Innenministerin Nancy Faeser vorgelegt werden.
  • Ein tödlicher Messerangriff in Mannheim durch einen afghanischen Täter hat die Debatte über Abschiebungen neu entfacht. Dabei wurden fünf Teilnehmer einer Kundgebung und ein Polizist verletzt, der später seinen Verletzungen erlag.
  • Die Grünen äußern Bedenken hinsichtlich der Rückführungen nach Afghanistan, während die FDP und die CDU einen schärferen Kurs unterstützen. Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer möchte in dieser Frage eng mit Deutschland zusammenarbeiten.