"The Last Showgirl": Ein Sexsymbol erfindet sich neu
Die Revuetänzerin Shelly (Anderson) ist immer noch schön, aber als wir sie zum ersten Mal beim Vorsprechen für einen neuen Job sehen, blickt die Kamera nach oben, um ihr schlaffes Kinn einzufangen. Der Regisseur (Jason Schwartzman) hockt im dunklen Zuschauerraum. Er fragt sie, wie alt sie ist. Sie lügt und sagt, sie ist 36, dann gibt sie zu, schon 42 zu sein. Verzweifelt fragt sie ihn, was er will. Seine Antwort ist brutal und ehrlich: jemand Jüngeres, jemand Besseres.
Auf der Bühne trägt die blonde Shelly nicht viel auf ihrer Haut: Pailletten, eine Federboa und jede Menge Make-up. Es macht ihr nichts aus. Im Gegenteil: als titelgebendes Showgirl hat sie über drei Jahrzehnte lang ihren Traum gelebt, doch schon zu Beginn des Films ist dieser Traum ausgeträumt, da die Show abgesetzt wird, um einem schlüpfrigen Zirkus namens "Dirty Circus" Platz zu machen.
Andere mögen über "Razzle Dazzle", die altmodische Revue, in der sie die Hauptrolle tanzt, spotten, aber Shelly erinnert alle entschieden daran, dass die Show ein "Nachkomme der Pariser Lido-Kultur" ist. Ihre entfremdete Tochter (Billie Lourd) hält es für eine "dumme Nacktshow", aber Shelly kontert: "Wir waren Botschafterinnen für Stil und Anmut!"
Die "Rolle ihres Lebens"
Das US-Branchenblatt "IndieWire" nannte Shelly "die Rolle ihres Lebens" und dem kann man wohl nur beipflichten. Pamela Andersons eigene Erfahrungen, in Hollywood sexualisiert und dann fallen gelassen worden zu sein, passen zu ihrer Figur. Die 57-Jährige, die einst im roten Badeanzug in Zeitlupe über den Strand von Malibu lief und in dem 1996er Actionreißer "Barb Wire" ("Casablanca" meets "Baywatch") mitspielte, bringt einen aufrichtigen Stolz in die Szenen, in denen sie über ihre Arbeit als Tänzerin spricht.
Die Schauspielerin, die außerdem in einen Sexvideo-Skandal verwickelt wurde, hat wohl ihre ganze Karriere lang auf solch eine Rolle gewartet und findet etwas Süßes und Liebenswertes in Shelly. Mit ihrer flüsternden Babydoll-Stimme verleiht sie ihr die Qualität eines naiven Mädchens, gleichzeitig ist sie aber auch die Komplizin eines sexistischen Systems.
Jamie Lee Curtis als Leidgenossin in sexy Pagenkostüm
In einer fast noch tragischeren und großartigen Nebenrolle spielt Jamie Lee Curtis Shellys Freundin Annette, die einst auch ein Showgirl war und sich jetzt als Cocktailkellnerin durchschlägt. Wenn sie im Casino in ihrer sexy Pagenuniform zu "Total Eclipse of the Heart" tanzt, und es niemanden interessiert, ist das ziemlich herzzerreißend.
Gia Coppolas ("Palo Alto") Las Vegas ist ein einsamer Ort. Man sieht mehr Staubkörner als Neonlichter. An jeder Ecke lauern gescheiterte Existenzen. Ihr Regiestil ähnelt eher dem ihrer Tante Sofia als dem ihres Großvaters Francis Ford Coppola. In den stilleren Szenen, wenn Shelly allein unter beleuchteten Schildern tanzt, liegt eine große Traurigkeit.
Ihre Kamerafrau Autumn Durald Arkapaw hat den auf 16-mm gedrehten Film in ein diffuses Licht getaucht, das jede von der Wüstensonne noch so verbrannte Falte in goldenem Licht weicher macht. "Ich bin wunderschön", sagt Shelly zum gleichen Regisseur, der sie abgeschasselt hat. "Ich bin 57 und ich bin wunderschön, du Hurensohn!" Sie hat natürlich Recht.
Zusammenfassung
- Pamela Anderson feiert mit ihrer Rolle als Revuetänzerin Shelly in 'The Last Showgirl' ein großes Comeback, das von der Kritik als herzzerreißende Charakterstudie gelobt wird.
- Im Film kämpft Shelly, die sich als 42-jährige Tänzerin ausgibt, um ihre Karriere, während ihre Show abgesetzt wird und einem 'Dirty Circus' weichen muss.
- Jamie Lee Curtis spielt eine herausragende Nebenrolle als Shellys Freundin Annette, die ebenfalls eine gescheiterte Karriere als Showgirl hinter sich hat.
