Deutsche Pkw-MautAPA/dpa/Felix Kästle

Deutsche Pkw-Maut gescheitert: Kapsch erhält 243 Millionen Euro

Die gescheiterte Pkw-Maut kommt Deutschland teuer zu stehen. Nach einem Schiedsverfahren muss die Bundesrepublik 243 Millionen Euro Schadenersatz zahlen. Die Zahlung katapultiert das heimische Mautsystemanbieter Kapsch TrafficCom im laufenden Geschäftsjahr 2022/23 wieder in die Gewinnzone.

Das teilte der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und der österreichische Maut-Betreiber Kapsch TrafficCom am Mittwoch mit. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Sommer 2019 die von der konservativen CSU forcierten Pläne gekippt, da die geplante Abgabe ausländische Fahrzeughalter diskriminiere.

Ursprünglich 560 Millionen Euro Schadenersatz

Der österreichische Maut-Spezialist Kapsch sowie der Ticket-Vermarkter CTS Eventim, die für die Maut das Gemeinschaftsunternehmen autoTicket gegründet hatten, hatten milliardenschwere Aufträge zum Kassieren der Abgabe sowie zur Vergabe der elektronischen Maut-Vignetten erhalten.

Nachdem der EuGH die deutschen Mautpläne kippte, verlangten sie in dem Schiedsverfahren ursprünglich rund 560 Millionen Euro Schadenersatz. Die Unternehmen und Deutschland hätten dem Vergleichsvorschlag des Schiedsgerichts zugestimmt, erklärte CTS Eventim am Mittwoch. Nach Abzug diverser Kosten sollen Kapsch davon mindestens 80 Mio. Euro fließen.

Baldige Finalisierung der Einigung 

Die 243 Millionen Euro sollen demnach an die Firma Autoticket gezahlt werden - das Gemeinschaftsunternehmen des Mautspezialisten Kapsch und des Ticketanbieters Eventim sollte Betreiberin der Pkw-Maut sein.

Mit der Zahlung würden "die wechselseitigen Ansprüche aus dem Betreibervertrag bereinigt und verglichen sein", erläuterte Kapsch. Die vergleichsweise Einigung solle voraussichtlich in den kommenden Tagen finalisiert und ausgefertigt und damit wirksam werden.

Pkw-Maut ein Prestigeprojekt der CSU

Die Pkw-Maut war ein Prestigeprojekt der konservativen CSU, die aber eine Zusatzbelastung der deutschen Autofahrer verhindern wollte. Daher sah das deutsche Konzept vor, dass die Maut zwar zunächst alle Nutzer zahlen sollten. Inländische Fahrzeughalter sollten aber über die Kfz-Steuer in mindestens gleicher Höhe entlastet werden, sodass unter dem Strich nur ausländische Halter hätten zahlen müssen. Die Maut sollte eigentlich ab Oktober 2020 erhoben werden und unter dem Strich 500 Millionen Euro einbringen.

Wegen des Geldregens aus dem Schiedsverfahren hob Kapsch seine Prognose an. Das Unternehmen erwartet im Geschäftsjahr 2023/24 nun eine signifikante Verbesserung des operativen Ergebnisses (Ebit) bei einem Umsatzwachstum im einstelligen Prozentbereich. Bisher war Kapsch nur von einer leichten Ergebnissteigerung ausgegangen. Im vergangenen Geschäftsjahr verdiente Kapsch vor Steuern und Zinsen lediglich 7,6 Millionen Euro.

Deutscher Verkehrsminister: "Bittere Summe"

Verkehrsminister Wissing bezeichnete den fälligen Schadenersatz in Höhe von 243 Millionen Euro als "bittere Summe". Der FDP-Politiker sagte am Mittwoch in Berlin zugleich, der Bund habe Schadensbegrenzung betrieben. Ursprünglich seien über 700 Millionen Euro Schadenersatzforderung im Raum gestanden.

Wissing nannte die geplatzte Pkw-Maut einen schweren Fehler. Er bedauere, dass die Schadenersatzsumme nicht für Infrastruktur-Investitionen zur Verfügung stehe. Wissing sagte, das Schiedsgericht habe eine Beendigung über einen Schiedsspruch vorgeschlagen. Der Haushaltsausschuss des deutschen Bundestages habe am Mittwoch grünes Licht gegeben, dass man diesem Schiedsspruch zustimme.

Millionenzahlung aus Deutschland rettet Bilanz

Die millionenschwere Zahlung aus Deutschland rettet die heurige Bilanz von Kapsch. Anstelle von Verlusten wird das Unternehmen hohe Gewinne einfahren.  Das Unternehmen hob den Ausblick auf das Geschäftsjahr 2023/24 umgehend an. Es werde nunmehr eine "signifikante Verbesserung" des operativen Ergebnisses bei einem Umsatzwachstum im einstelligen Prozentbereich erwartet.

Mitte Juni hatte das Management nur eine "leichten Verbesserung" in Aussicht gestellt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/23 (per Ende März) erlitt das österreichische Unternehmen unter dem Strich einen Verlust von knapp 25 Mio. Euro. Steigende Kosten bei Komponenten, Löhnen und Gehältern sowie eine Margensenkung in bestehenden Projekten belasteten das Geschäft. Operativ war das Ergebnis (EBIT) 2022/23 mit 7,6 Mio. Euro positiv. Der Umsatz stieg um 6,5 Prozent auf etwas über 550 Mio. Euro.

Aktienkurs gestiegen

Der Mittwochabend bekanntgewordene Vergleichsvorschlag des Schiedsgerichts löste ein kräftige Kurs-Zickzack bei der auf dem Wiener Parkett gelisteten Kapsch TrafficCom aus. In einer ersten Reaktion auf die Millionenzahlung aus Deutschland schoss der Aktienkurs zunächst um knapp 20 Prozent nach oben. Donnerstagvormittag ging es wieder um gut 15 Prozent nach unten. Zu Mittag notierte Kapsch bei 11,55 Euro je Anteilsschein.

ribbon Zusammenfassung
  • Die gescheiterte Pkw-Maut kommt Deutschland teuer zu stehen.
  • Nach einem Schiedsverfahren muss die Bundesrepublik 243 Millionen Euro Schadenersatz zahlen.
  • Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Sommer 2019 die von der konservativen CSU forcierten Pläne gekippt, da die geplante Abgabe ausländische Fahrzeughalter diskriminiere.
  • Die Zahlung katapultiert das heimische Mautsystemanbieter Kapsch TrafficCom im laufenden Geschäftsjahr 2022/23 wieder in die Gewinnzone.