Nehammers "Österreichplan": Wo der Kanzler gibt - und wo er nimmt
Wer Vollzeit arbeitet, soll einen Steuerbonus von 1.000 Euro im Jahr bekommen. Wer allerdings Sozialhilfe bekommt, soll, geht es nach Nehammer, gemeinnützige Arbeit leisten müssen. Der Kanzler schwebt außerdem eine Kulturakademie und ein neues Nationalstadion vor.
Am Freitagnachmittag geht mit der Rede von Karl Nehammer in Wels wohl inoffiziell der Wahlkampf los (PULS 24 überträgt ab 15 Uhr im Livestream). Einer neuesten Umfrage zufolge, wünschen sich die Österreicher und Österreicherinnen Nehammer wieder als Kanzler - sollte die ÖVP die Nase bei der Wahl vorne haben. Das liegt aber vor allem daran, dass es keine Alternativen gibt. Gerüchteweise könnte die Wahl ja vorgezogen und mit der EU-Wahl am 9. Juni zusammengelegt werden.
Seit der Kanzler-"Rede zur Zukunft der Nation" im März vergangenen Jahres, vor allem aber in den vergangenen Tagen, fütterte die ÖVP die Öffentlichkeit häppchenweise mit den Inhalten des "Österreichplans".
Versprechen für die Wirtschaft
- weniger Bürokratie
- weniger Regularien
- einen stärkeren Kapitalmarkt
- niedrigere Unternehmenssteuern
- keine Belegpflicht bis 20 Euro
- Leichtere Zuwanderung für ausländische Fachkräfte
- Öffnung des Arbeitsmarkts für Drittstaatsangehörige im Tourismus
- "Europe first" im internationalen Wettbewerb
Weniger Steuern für Besserverdienende, weniger Arbeitslosengeld
- Für "die arbeitende Mitte" sollen Lohnnebenkosten um 0,5 Prozentpunkte jährlich gesenkt und Überstunden steuerfrei werden
- Der Steuersatz von 48 Prozent, der für Besserverdiener mit einem Jahreseinkommen zwischen rund 67.000 bis 99.000 Euro fällig wird, soll entfallen.
- Gleichzeitig soll die Ersatzrate beim Arbeitslosengeld von 55 auf 50 Prozent sinken
- Geringfügige Beschäftigung für Arbeitslose soll verboten werden
- Wer Sozialhilfe bezieht und arbeitsfähig ist, soll gemeinnützige Arbeit verrichten
- Sozialleistungen soll es überhaupt erst nach fünf Jahren legalem Aufenthalt geben, und dann nur als Sach-, nicht Geldleistung.
Einreise: Sachleistungen und Beschlagnahmung
Die ÖVP verschärft den Ton bei Zuwanderung: Der "Österreichplan" sieht u.a. ein restriktives Fremdenrecht mit Abschiebe- und Verfahrenszentren im Ausland und eine Beschlagnahmung von Wertsachen bei der Einreise vorsieht, um Kosten zu decken. Wer keinen rechtmäßigen Aufenthaltstitel hat, soll "ausschließlich existenznotwenige Sachleistungen" erhalten, bei "Urlaub im Heimatland" soll Asyl konsequent entzogen werden.
Die ÖVP will keine "Aufweichung" bei der Vergabe der Staatsbürgerschaft und des Wahlrechts. Im ÖVP-Plan nennt sich das dann "Rot-Weiß-Rot Act". Die "österreichische Leitkultur" soll hochgehalten werden. Schützenswert sind etwa die "Fest- und Feiertagskultur". Gemeint sind damit wohl auch Nikolausbesuche in Kindergärten, die jedes Jahr aufs neue für Diskussionen sorgen.
Stiefkind Klimaschutz: 20 Milliarden für Straßen
Nehammer hält am "Autoland" Österreich fest. Verbote will Nehammer keine, dafür eine Milliarde Euro in "Grüne Verbrenner" investieren. Bis 2040 sollen auch 20 Milliarden in den Bau von Straßen fließen. Zusätzlich soll auch der öffentliche Verkehr ausgebaut und verbessert werden. Um den Abbau kritischer Rohstoffe zu vereinfachen, soll die Umweltverträglichkeitsprüfung reformiert werden.
Familie: Eigenheime und "Großelternkarenz"
Familien werden in dem Papier zum "Schlüssel zur Vermittlung unserer Werte und unserer Lebenskultur". Für sie sind etwa Erleichterungen am Weg zum Eigenheim vorgesehen, die Eigentumsquote soll von 48 Prozent auf 60 steigen. Um die Kinderbetreuung zu verbessern, soll nicht nur das Kindergarten-Angebot ausgebaut, sondern auch ein neues Modell einer "Großelternkarenz" geschaffen werden.
Pflicht-Untersuchung für Teenager, Mini-Gender-Verbot
Im Gesundheitsbereich will Nehammer zu den aktuell 100 bis 2030 noch weitere 700 zusätzliche Kassenarztstellen ausschreiben, außerdem soll - nach Vorbild der Bundesheer-Stellung - eine Jugendlichenuntersuchung eingeführt werden. In der Kategorie Identitätspolitik findet sich das Ansinnen, beim Gendern Sonderzeichen und an Schulen und Hochschulen ein Einfließen geschlechtergerechter Sprache in die Benotung zu verbieten.
An den Schulen plädiert Nehammer für die Wiedereinführung von drei anstelle der aktuell zwei Leistungsgruppen. Außerdem sollen an den AHS schon Lehrangebote der Unis in den Unterricht integriert werden können. Bei den Unis soll wiederum das Leistungsprinzip ausgebaut werden, indem es bei Verbesserungen in internationalen Rankings zusätzliches Geld gibt.
Nationalstadion und Holocaust-Museum
Apropos Leistung: Um die Rahmenbedingungen für den Spitzensport zu verbessern, soll laut "Österreichplan" ein neues Nationalstadion gebaut werden. Als Maßnahme im Kampf gegen Antisemitismus wird ein Holocaust-Museum erwogen, zur Förderung der "Kulturnation Österreich" soll nach dem Vorbild der französischen Académie des Beaux-Arts eine Akademie der Kultur eingerichtet werden.
Gender-Verbot in der Verwaltung "schwachsinnig"
Das Binnen-I, Sternchen und Doppelpunkte verbieten? Das sagen die Österreicher und Österreicherinnen dazu.
Zusammenfassung
- Bundeskanzler Karl Nehammer hat den 'Österreichplan' vorgestellt, der unter anderem einen Steuerbonus von 1.000 Euro pro Jahr für Vollzeitarbeiter vorsieht und Sozialhilfeempfänger zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet.
- Nehammer plant, Bürokratie und Regularien für Unternehmen zu reduzieren und ausländischen Fachkräften die Zuwanderung zu erleichtern.
- Der Plan sieht eine Verschärfung der Integrationspolitik vor und legt strengere Regeln für Sozialleistungen fest.
- Im Bereich Klimaschutz sieht der Plan eine Investition von einer Milliarde in 'Grüne Verbrenner' und 20 Milliarden in den Bau von Straßen vor.
- Im Bildungsbereich plant Nehammer die Ausschreibung von 700 zusätzlichen Kassenarztstellen bis 2030 und die Einführung einer Jugendlichenuntersuchung.