"Central 5" wollen auch nach Pandemie eng kooperieren
Die fünf Außenminister betonten in einem Pressegespräch vor ihren Konsultationen den hohen Stellenwert regionaler Kooperation, um die Wirtschaft mit vereinten Kräften der Nachbarn nach der Pandemie wieder in Schwung zu bringen. Das Verhältnis zu Russland soll nach den Worten Linharts besonders auf dem für Herbst geplanten Gipfel der Östlichen Partnerschaft der Europäischen Union thematisiert werden. Auf Einladung Linharts waren Ivan Korčok (Slowakei), Jakub Kulhánek (Tschechien), Anže Logar (Slowenien) sowie Péter Szijjártó (Ungarn) nach Wien gekommen.
Die von seinem Vorgänger Alexander Schallenberg (ÖVP) ins Leben gerufene C5-Gruppe sei im Umgang mit der Covid-Pandemie zu einer ganz wichtigen Plattform geworden, führte Linhart aus. Jetzt gelte es, das Augenmerk auf die Wirtschaft der Länder der "Central 5" zu richten: "Wir sind sehr exportabhängig." Man stehe vor großen Herausforderungen. Für die in Dubai am 1. November beginnende Expo werde ein gemeinsames Auftreten ins Auge gefasst.
Auch für Tschechiens Außenminister Kulhánek ist "regionale Kooperation wichtiger denn je". Das Instrumentarium der C5 könne könnte künftig als eine Art Hotline genützt werden. Kulhanek warnte vor steigenden Pandemiezahlen: "Covid ist nicht vorbei." Ungarns Außenminister Szijjártó sieht die zentraleuropäischen Wirtschaften "auf gutem Weg der Erholung", warnte aber in diesem Zusammenhang vor einer "massiven illegalen Immigration". Er kritisierte die EU-Haltung in Immigrationsfragen und betonte: "Wir müssen unsere Grenzen weiter schützen."
Der slowakische Außenminister Korčok äußerte sich zum Thema Covid ebenfalls vorsichtig: "Die einzige Lösung scheinen restriktive Maßnahmen zu sein." Derzeit gebe es wohl "kein anderes Rezept als Impfungen." In Sachen Wirtschaft sei er froh, dass auf dem Brüsseler EU-Gipfel Energiefragen aufs Tapet kamen. Logar, der Außenminister des EU-Vorsitzlandes Slowenien, hofft, dass sich die erst im Vorjahr gegründete C5-Gruppe zu einem stabilen Format entwickelt. "Wir wollen unsere jeweiligen Ressourcen einsetzen."
Das zweite Hauptthema des Wiener G5-Ministertreffens bildete die Gestaltung der Beziehungen zu Russland - im Lichte der Konflikte in Osteuropa, wie vor allem in Belarus und in der Ukraine. Linhart sagte in klaren Worten: "Wir wollen eine starke Partnerschaft." Weiter: "Wir wollen zusammenhalten, aber wenn nötig, auch klare Linien ziehen." Die Repressalien gegen Journalisten in Belarus seien unannehmbar. Migranten dürften nicht als Waffe benützt werden.
Tschechiens Außenminister Kulhánek sprach von einem "commitment" für die Östliche Partnerschaft der EU. Zugleich forderte er: "Wir müssen auftreten gegen (Machthaber Alexander) Lukaschenko und sein Regime." Zum Gipfel im Herbst sollten auch oppositionelle Kräfte eingeladen werden. Für Korčok gibt es "keine Alternative" zur Östlichen Partnerschaft. Doch das Verhalten Lukaschenkos sei "inakzeptabel". Logar verwies auf das Faktum, dass es im Herbst zum ersten direkten Treffen der Östlichen Partnerschaft kommen werde. "Es ist noch viel zu tun." Bei Energiefragen etwa hätten die einzelnen Staaten unterschiedliche Standpunkte.
Der Streit zwischen Polen und der EU, in dem es um Rechtsstaatlichkeit und Priorität des EU-Rechts geht, wurde bei der Pressekonferenz mit den C5-Ministern auch angesprochen. Linhart dazu: "Für uns ist klar, dass die europäischen Werte nicht verhandelbar sind." Es gebe viel Spielraum für Dialog, diesen müsse man nützen. Sein slowenischer Amtskollege Logar assistierte: "Slowenien ist ein honest broker, wir sind für Dialog."
Der slowakische Außenminister Korcok verwies darauf, dass Polen nicht der erste Fall in der EU sei, wo sich das Verfassungsgericht eines Staates einmische. Er sei zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werde, "wenn der politische Wille besteht". Ungarns Außenminister Szijjártó wiederum vertrat die Ansicht, Polen habe erfolgreich eine "patriotische" Linie vertreten. Tschechiens Außenminister Kulhánek befand pragmatisch: "Polen ist ein wertvolles Mitglied der EU. Wir sollten dieses Problem lösen."
Gabriel Felbermayr, Chef des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), unterbreitete am Nachmittag im Rahmen der Gespräche in der Albertina den fünf Außenministern Ideen zur besseren Nutzung der wirtschaftlichen Chancen im zentraleuropäischen Raum. Im Außenministerium wurde auch auf die Initiative ReFocus Austria verwiesen, den zentralen Bestandteil des Comeback Plans der Regierung nach der Corona-Krise. Linhart hatte betont, um im globalen Wettbewerb zu bestehen, müsse Europa "als Region und Wirtschaftsraum selbstbewusster werden".
Die Gruppe der C5 war im Frühjahr 2020 von Linharts Vorgänger als Außenminister, Schallenberg (ÖVP), initiiert worden. Es war anfangs um intensiven Austausch zwischen den Nachbarn während der Zeit der Covid-Grenzkontrollen gegangen. Das bisher letzte Treffen fand im Juli im derzeitigen EU-Ratsvorsitzland Slowenien statt. Der seit zwei Wochen amtierende Außenminister trat am Freitag erstmals als Gastgeber dieses Formats auf, dessen Relevanz er auch am Donnerstagnachmittag deutlich gemacht hatte: In einem Gespräch mit der moldauischen Präsidentin Maia Sandu schlug Linhart eine engere Zusammenarbeit mit Moldau unter anderem im Rahmen von "Central 5" vor.
Der Östlichen Partnerschaft der EU gehören Partnerländer in Osteuropa und im Südkaukasus an - Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Republik Moldau, Ukraine. Russland und die Türkei sind keine Mitglieder. 2019 wurde das zehnjährige Bestehen dieser Partnerschaft gefeiert.
Zusammenfassung
- Mit seinen Amtskollegen aus der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn hat Außenminister Michael Linhart (ÖVP) am Freitagnachmittag in Wien über koordinierte Schritte im Wirtschaftsbereich für die Zeit nach Corona beraten.
- Im Fokus der C5-Runde stand ferner die Kooperation mit Russland, wobei die Minister für eine Fortführung des Dialogs plädierten.
- Linhart sagte in klaren Worten: "Wir wollen eine starke Partnerschaft."