"Central 5" kämpfen gemeinsam um von Moskau blockierte OSZE
"Wir brauchen die OSZE", sagte etwa der tschechische Außenminister Ján Lipavský, der auf die Rolle der OSZE-Vorgängerin KSZE bei der Überwindung der Blockteilung in Europa verwies. Auch sein slowakischer Amtskollege Miroslav Wlachovský sagte, dass die OSZE "immer noch eine sehr nützliche Organisation ist. Wir müssen sie am Leben erhalten". Schallenberg sagte, dass die OSZE "die einzige paneuropäische Plattform für Dialog" sei. Die Organisation sei ein "Kollateralschaden" des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine, werde aber zugleich "für den Tag danach" als Kommunikationskanal gebraucht.
Russland blockiert derzeit sowohl die Besetzung der vier OSZE-Topjobs, als auch das Budget der Sicherheitsorganisation und die Kandidatur Estlands für den OSZE-Vorsitz im kommenden Jahr. "Die beste Vorgangsweise wäre ein Fortschreiben", skizzierte Schallenberg einen Kompromissvorschlag, wonach das aktuelle Vorsitzland Nordmazedonien ein weiteres Jahr anhängt, das heurige Budget fortgeschrieben wird und auch die OSZE-Führungsgarnitur ein weiteres Jahr im Amt bleibt. An den Beratungen mit den C5-Ministern hatte auch OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid teilgenommen, die ohne Lösung im Dezember ihren Posten räumen muss.
Schallenberg äußerte sich auf eine APA-Frage zu Spekulationen, wonach Russland eine Übernahme des Vorsitzes durch das OSZE-Gastland Österreich akzeptieren würde, dafür aber ein Treffen des Außenministers mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zur Bedingung machen würde. "Österreich ist kein Kandidat für die Rolle des amtierenden Vorsitzes (CiO)", stellte der Außenminister klar. Man habe als Gastland zwar eine "besondere Verantwortung" für die OSZE, die aktuellen Verhandlungen würden aber vom nordmazedonischen Außenminister und amtierenden OSZE-Vorsitzenden Bujar Osmani geführt, fügte er auf die Frage nach einem Treffen mit Lawrow hinzu. "Es ist seine Rolle, das zu tun."
Bereits mit Lawrow getroffen hat sich der ungarische Außenminister Péter Szijjártó. Er sagte auf eine entsprechende Frage, dass er die Einladung des russischen Außenministers zu einem Energieforum am 13. Oktober in Moskau angenommen habe. Zugleich bestritt er, dass es dabei auch um weitere russische Energielieferungen für sein Land gehen werde. "Wir haben schon seit langer Zeit bestehende Verträge für Öl, Gas und Atombrennstoff", erläuterte der ungarische Chefdiplomat, der zugleich die ablehnende Haltung seines Landes gegenüber dem Selbstverteidigungskrieg der Ukraine bekräftigte. Die Bedingungen für den Frieden "waren gestern besser als heute, und sie werden morgen schlechter sein als heute", weil es jeden Tag mehr Opfer und Zerstörungen gebe, so Szijjártó unter Verweis darauf, dass in dem Krieg auch ethnische Ungarn (Angehörige der ungarischen Volksgruppe in der Ukraine) sterben würden.
Einmütig warben die fünf Außenminister für eine rasche EU-Integration des Westbalkan, aber auch für einen stärken Außengrenzschutz. In der Migrationsfrage gab es aber unterschiedliche Akzentsetzungen. Während die slowenische Außenministerin Tanja Fajon und ihr tschechischer Kollege Lipavský den Kampf für den "Erhalt" beziehungsweise "Schutz" des Schengen-Systems hervorhoben, bekräftigte Schallenberg die österreichische Position, wonach dieses aktuell nicht funktioniere. Schließlich sei aktuell die Hälfte der EU-Bevölkerung von Schengen-Binnenkontrollen betroffen. Szijjártó lud die Unterstützer des EU-Asylpakets ein, die ungarisch-serbische Grenze zu besuchen. Dort nehme der Migrationsdruck zu, und Schlepper würden mit automatischen Waffen auf ungarische Grenzwachebeamte schießen, sagte der ungarische Außenminister, der das von den EU-Innenminister vereinbarte System zur Flüchtlingsverteilung als "Pull-Faktor" geißelte.
Szijjártó vermochte seine Amtskollegen mit seinen scharfen Aussagen zum Thema Migration nicht herauszufordern. Widerspruch erntete er von seinem slowakischen Amtskollegen Wlachovský, als er seinen Empfang für den bei der Parlamentswahl am Samstag vor einem politischen Comeback stehenden slowakischen Ex-Premier Róbert Fico herunterspielte. "Wenn ein ehemaliger Ministerpräsident gerne reden würde, warum sollte ich das ablehnen?", sagte Szijjártó. Wlachovský verwies darauf, dass das Treffen mitten im Wahlkampf stattgefunden habe. "Mein Verständnis, wie man gute bilaterale Beziehungen unterhält, ist ein ganz anderes", empörte er sich in Richtung Szijjártó.
Der slowakische Außenminister trat zugleich Befürchtungen entgegen, dass sein Land nach einem Wahlsieg Ficos zum zweiten trojanischen Pferd des russischen Machthabers Wladimir Putin in der Europäischen Union werden könnte. "Ich vertraue meinem Volk. Es wird kein trojanisches Pferd sein", sagte Wlachovský, der auch nicht die Hoffnung begraben will, beim nächsten Treffen der Kooperationsgruppe noch dabei zu sein. "Vielleicht werde ich dabei sein, vielleicht nicht", sagte er.
Ausrichten wird das nächste Treffen die slowenische Außenministerin Fajon im März 2024. Ins Leben gerufen wurde das Format während der Corona-Pandemie im Jahr 2020, als es um die Überwindung konkreter Probleme wie Grenzschließungen ging. Schallenberg, der von seinem ungarischen Amtskollegen als "Pate" der "C5" bezeichnet wurde, hob den Mehrwert dieser Treffen hervor. Zwar würden sich die Außenminister auch in Brüssel regelmäßig sehen, doch gebe es dort oft keine Zeit für ausführliche Gespräche.
Zusammenfassung
- Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat seine mitteleuropäischen Amtskollegen auf einen Kampf für die vom Kollaps bedrohte Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) eingeschworen.
- Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz legte die "Central 5"-Gruppe am Mittwoch ein Bekenntnis zur in Wien ansässigen Organisation ab.
- Schallenberg sagte, dass die OSZE "die einzige paneuropäische Plattform für Dialog" sei.