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"Unernsthaftigkeit": Bures teilt gegen SPÖ-Programm aus

Das SPÖ-Wahlprogramm ist quasi fertig, doch einer scheint es ganz und gar nicht zu passen. Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) ortet "Unernsthaftigkeit". Nun meldet sich SPÖ-Chef Babler zu Wort.

Die SPÖ hat ihr Programm für die Nationalratswahl praktisch fertiggestellt. Im Parteipräsidium diese Woche wurde ein Entwurf vorgestellt. Darin enthalten sind viele bekannte Forderungen, etwa die Millionärssteuer, eine Facharzt-Garantie und einen Testlauf für eine Vier-Tage-Woche.

Dazu kommen zahlreiche finanziell aufwändige Wünsche. Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) befürchtet in einem Brief an das Präsidium den Verdacht der "Unernsthaftigkeit".

Aus dem Schreiben der Wiener Spitzenkandidatin an die Mitglieder des Spitzengremiums der Sozialdemokraten zitiert die "Kronen Zeitung" umfangreich.

"Die Schwerpunktsetzung auf zahllose Steuererhöhungen bei gleichzeitigen Forderungen nach zahlreichen kostenlosen staatlichen Leistungen könnte im Angesicht der von der ÖVP-Regierung verursachten schwierigen finanzpolitischen Lage der Republik den Verdacht der Unernsthaftigkeit entstehen lassen."

Babler will internes Gespräch

Am Samstag reagierte SPÖ-Chef Andreas Babler nur knapp auf die interne Kritik. In einem Statement gegenüber dem "Standard" zeigte er sich über Bures' Vorgehen denkbar wenig erfreut. Er könne verstehen, dass "über diese Aktionen großer Unmut herrscht, von der Gewerkschaft, über die Bundesländer bis nach Wien". Zuvor hatte es auf Social Media Kritik an Bures gegeben, auch vonseiten der SPÖ.

Er wolle am heutigen Samstag nicht öffentlich auf das Schreiben eingehen, da dieses an das interne Bundesparteipräsidium gerichtet gewesen sei, nicht an die Medien. "Daher werde ich das vorher intern besprechen. Wie Sie im Fall Luger schon gesehen haben, können Sie sich aber darauf verlassen, dass ich zeitgerecht ausführlich und sehr klar dazu Stellung beziehen werde" , zitiert der "Standard" ein Statement Bablers.

Von Gratis-Zahnbehandlung bis Gratis-Mittagessen

Tatsächlich nimmt sich die SPÖ in ihrem Programmentwurf einiges vor, was Ausgaben angeht. Das Feld dabei ist breit von kostenloser Zahnbehandlung für Unter-23-Jährige über die Gelegenheit für jedes Kind, ein Musikinstrument kennenzulernen, kostenloses Mittagessen (und in weiteren Etappen auch Frühstück und Jause) für Schüler, eine Schule ohne private Nachhilfe, ein Nein zu Studienbeiträgen bis zu einem Rechtsanspruch sogar auf geblockte Altersteilzeit. Eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters wird ausgeschlossen.

Breiten Raum nimmt auch das Klimakapitel ein. 20 Milliarden bis 2040 sieht SP-Chef Andreas Babler in dem Entwurf für einen Klima-Transformationsfonds vor, der unter der Ägide der ÖBAG stehen soll.

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Millionärssteuer soll es richten

Einnahmenseitig setzt man wiederum auf eine Millionärssteuer für ein Nettovermögen von über einer Million. Zusätzlich wäre das selbst bewohnte Eigenheim bis zu einer "Luxusgrenze" von 1,5 Millionen Euro ausgenommen. Eine Schenkungs- und Erbschaftssteuer soll es nur für Millionen-Erbschaften geben, wobei Eigenheime, die an Lebensgefährten oder Kinder weitergegeben werden, komplett steuerfrei blieben.

Anheben will die Babler-SPÖ die Banken-Abgabe, weiters soll die Körperschaftssteuer-Senkung rückgängig gemacht werden. Die Digitalsteuer soll auf Plattformumsätze ausgeweitet werden, betroffen wäre z.B. Airbnb, wobei die SPÖ die Dienste des Privatwohnungsvermieters ohnehin einschränken will. Auch sollen Supermärkte nur noch in Ortszentren entstehen dürfen.

Bures: Zu wenige Schwerpunkte, zu viele Details

Das Papier, mit seinen gut 60 Seiten ist durchaus detailverliebt, was Bures offenbar nicht goutiert: "Die Relationen der einzelnen Politikfelder zeigen zu wenig Schwerpunktsetzungen und Priorisierungen, verlieren sich aber dafür - in relativ unbedeutenden Bereichen - in liebevollen Details", zitiert die "Krone" ihren Brief: "Beim Forschungsthema wird lapidar die erhöhte Finanzierung für Grundlagenforschung avisiert, während im Landwirtschaftsteil die Erhöhung des Anteils der Bio-Imker von derzeit drei auf zehn Prozent angekündigt wird."

Wie breit die Erarbeitung des Programms war, ist umstritten. Bures meint in dem Brief an die Präsidiumsmitglieder: "Es ist leider nicht das erste Mal, dass bei öffentlich präsentierten Forderungen der SPÖ insinuiert wird, dass diese auf breiter demokratischer Basis beschlossen worden seien. Auf diese Fehlentwicklung wollte ich hinweisen, weil wir uns dadurch nach innen und außen schwächen und angreifbar machen."

ÖVP: "Selbst für SPÖ-Granden zu radikal"

Freudig nahm die ÖVP am Samstag Bures' Kritik auf. Babler sei "selbst für SPÖ-Granden wie Doris Bures zu radikal", attestierte Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung. Der SPÖ-Chef scheine "mittlerweile so beratungsresistent geworden zu sein, dass selbst die Erfahrensten in seiner Partei keine andere Option mehr sehen, als ihn per Brief durch die Medien zu kritisieren". Das sogenannte "Programm" sei kaum mehr als "eine Sammlung an Orchideenthemen und Forderungen nach Steuererhöhungen", findet Stocker.

ribbon Zusammenfassung
  • Die SPÖ hat ihr Programm für die Nationalratswahl fertiggestellt und viele bekannte Forderungen wie die Millionärssteuer und eine Vier-Tage-Woche enthalten.
  • Doris Bures kritisiert den Entwurf als 'unerntshaft' und befürchtet negative finanzpolitische Auswirkungen.
  • Ein umfangreiches Klimakapitel sieht 20 Milliarden Euro bis 2040 für einen Klima-Transformationsfonds vor.
  • Einnahmenseitig setzt die SPÖ auf eine Millionärssteuer und eine Schenkungs- und Erbschaftssteuer für Millionen-Erbschaften.
  • Die ÖVP reagiert positiv auf die Kritik von Bures und bezeichnet Babler als 'zu radikal'.