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Brunner erwartet EU-Ressortentscheidung Mitte September

Der designierte österreichische EU-Kommissar, Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) rechnet für Mitte September mit einer Entscheidung, welches Ressort er in der Brüsseler Behörde bekommt. Dass er - wie kolportiert - Kommissar für Finanzdienstleistungen und Kapitalmarkt werden könnte, bezeichnete er am Dienstag am Rande einer Botschafterinnen- und Botschafterkonferenz in Wien gegenüber der APA als "Gerücht".

Er wünsche sich ein Ressort, das seine "Kompetenzen widerspiegelt", sagte Brunner weiter. "Alles, was den Bereich Wirtschaft und Finanzen betrifft, wäre schön, weil ich glaube, dass es sinnvoll wäre." Hier gebe es sechs, sieben unterschiedliche Möglichkeiten.

Er könne allerdings eines sicher sagen, betonte Brunner vor den Vertretern aus Diplomatie und Wirtschaft im Palais Niederösterreich: "Sicher wird Österreich nicht für Energie zuständig sein auf der europäischen Ebene." Auch wenn er selbst aus der Energiewirtschaft komme, werde Österreich als "Antiatomland" nicht mit dieser Aufgabe betraut werden. Brunner erzählte, dass er vergangene Woche ein "Bewerbungsgespräch" mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen "führen durfte". Fast alle EU-Mitgliedstaaten hätten Interesse an einem Ressort in den Bereichen Steuern, Finanzen, Wirtschaft oder Wettbewerbsfähigkeit.

Der Generalsekretär im Außenministerium, Nikolaus Marschik, der Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) vertrat, nannte in seiner Rede vor den österreichischen Botschafterinnen und Botschaftern die Erwartungen an die nächste EU-Kommission: Sicherheit und Standort. "Wir dürfen Russland nicht unsere Energieversorgung überlassen, China nicht unsere Investitionen, den USA nicht unsere Sicherheit". Dafür brauche es Selbstbewusstsein und ein geeintes Auftreten auf europäischer Ebene, betonte Marschik.

Sicherheit, Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit seien die wichtigsten Voraussetzungen für Investitionen von Unternehmen, hob auch die Generalsekretär-Stellvertreterin der Wirtschaftskammer Österreich, Mariana Kühnel, hervor. Sie hoffe, dass die künftige EU-Kommission den Themen Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit Priorität einräume, betonte sie. Insbesonders beklagte Kühnel die Bürokratie und Regulatorik, die "überbordend sind". Viele Unternehmen hätten Zweifel, in Europa zu investieren. Die Gründe dafür seien neben der Bürokratie, hohe Personal- und Energiekosten.

Der österreichische Botschafter in der Ukraine, Arad Benkö, warb indes für Investitionen in der Ukraine. Es gebe in der Ukraine freilich Probleme wie Fachkräftemangel, einen kriegsbedingten Rückgang an Konsumenten von zehn bis 15 Millionen und Schwierigkeiten in der Stromversorgung sowie Infrastruktur, gleichzeitig seien fast alle österreichischen Unternehmen, die vor dem Krieg in dem Land waren, geblieben. Es gebe mehr als 200 österreichische Niederlassungen in der Ukraine, der Marktanteil der österreichischen Unternehmen sei nicht geschrumpft. Der Schwerpunkt der Bevölkerung sowie auch Dienstleistungen und Industrie seien in den Westen der Ukraine gewandert.

Die Leiterin der Sektion Europa und Wirtschaft im Außenministerium, Elisabeth Kornfeind, verwies auf Studien, die von einem Bedarf an 500 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau der Ukraine ausgehen. "Wahrscheinlich ist der Bedarf höher", sagte die Botschafterin. "Wiederaufbau muss auch ein Businesscase sein." Kornfeind und Benkö verwiesen auf die Anlaufstellen für Unternehmen "Point of Contact Ukraine-Wiederaufbau". Mitte November ist in Warschau außerdem eine Ukraine-Investmentkonferenz geplant, bei der Firmen ebenfalls über Unterstützung und Förderungen informiert werden sollen.

Die österreichische Botschafterin in den USA, Petra Schneebauer, verwies ihrerseits darauf, dass die USA Österreichs wichtigster außereuropäischer Exportmarkt seien. Die Exporte seien dreimal so hoch wie jene nach China. Unabhängig vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahl am 5. November erwartet Schneebauer eine weitere verschärfte Gangart der USA gegenüber China, was österreichische Unternehmen einberechnen sollten. Erwähnt wurde darüber hinaus die Initiative OPEN AUSTRIA, die österreichische Unternehmerinnen und Unternehmer, Startups und Kreative mit dem Silicon Valley vernetzt. Eine Ausweitung der in San Francisco beheimateten Initiative auf Boston und Washington ist geplant.

ribbon Zusammenfassung
  • Magnus Brunner erwartet Mitte September eine Entscheidung über sein zukünftiges EU-Ressort und wünscht sich eine Zuständigkeit im Bereich Wirtschaft und Finanzen.
  • Nikolaus Marschik und Mariana Kühnel betonten die Wichtigkeit von Sicherheit, Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit für Investitionen in Europa.
  • Elisabeth Kornfeind und Arad Benkö verwiesen auf den enormen Bedarf von 500 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau der Ukraine und warben für Investitionen in das Land.