Teilnehmer mit Motorrädern während des traditionellen Maiaufmarsches der SPÖ am Wiener Rathausplatz am Samstag, 01. Mai 2010APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER

Biker, Sänger, Bauern: Wer über die SPÖ-Spitze entscheidet

Andreas Babler oder Hans Peter Doskozil? Am Samstag bekommt die SPÖ einen neuen Chef. Wer sich nach dem spannungsgeladenen Machtkampf durchsetzen kann, darüber dürfen in Linz 609 Delegierte entscheiden. Aber wer sind sie?

Just dort, wo Sebastian Kurz 2017 erstmals zum ÖVP-Chef gewählt wurde, soll am Samstag die SPÖ einen neuen Chef bekommen. Auch Viktor Klima, Alfred Gusenbauer, Werner Faymann, Jörg Haider, Heinz-Christian Strache, Eva Glawischnig und Beate Meinl-Reisinger hatten im Linzer Design Center schon ihre großen Auftritte. Am Samstag wollen ihnen Hans Peter Doskozil und Andreas Babler folgen

Wer von den beiden SPÖ-Obmann und -Spitzenkandidat wird, darüber dürfen 609 Delegierte entscheiden. Tatsächlich werden es wohl etwas weniger sein - so hat ja etwa die Verliererin der Mitgliederbefragung, Pamela Rendi-Wagner, angekündigt, nicht beim Sonderparteitag erscheinen zu wollen. 

Ähnliche Personen wie 2021

Es entscheidet die absolute Mehrheit unter den Delegierten. Aber wer sind die SPÖler, die momentan wohl von Doskozil und Babler durchgeackert werden, eigentlich? 

Es handelt sich um dieselben Personen, wie auch schon beim Parteitag 2021, bei dem Rendi-Wagner als Parteichefin noch bestätigt worden war. Da es sich nun um einen Sonderparteitag handelt, darf nicht nachnominiert werden. Nur wenn eine Person verhindert, verstorben oder aus der Partei ausgetreten ist. Gegen den Willen von bereits Delegierten kann allerdings nicht ausgetauscht werden.

Welche Organisationseinheit der Partei, wie viele Delegierte schicken darf, regelt das Parteistatut:

  • Die größte Gruppe der Delegierten stellen die Bezirke, die - gestaffelt nach der jeweiligen Mitgliederzahl - 350 Personen entsenden.
  • 30 Personen werden von den Ländern direkt nominiert, deren Sitze nicht nach Einwohner-, sondern nach der Mitgliederzahl verteilt werden.
  • Die größten einzelnen Gruppen sind demnach die Länder Wien (96) und Niederösterreich (84)
  • Es folgen die Länder Oberösterreich (64), Steiermark (51), Burgenland (28), Kärnten (27), Salzburg (13), Tirol (11) und Vorarlberg (5). 
  • Eine Stimme ist außerdem für die SPÖ International reserviert.
  • In den Statuten festgeschrieben sind darüber hinaus 54 Delegierte aus dem Bundesparteivorstand, 17 aus der Kontrollkommission und acht aus dem Parlamentsklub.
  • Dazu kommen Vertreter der Interessensvertretungen und Teilorganisationen. Stärkste Kraft sind dort 50 Delegierte der Gewerkschaft, die real aber mehr Einfluss hat, weil Gewerkschafter auch über Ländermandate abstimmen dürfen. 
  • Ebenfalls gewichtig sind mit 30 Delegierten die SPÖ-Bundesfrauen, dazu kommen neun Vertreterinnen der Landesfrauenorganisationen. 
  • 20 Personen werden von den Jugendorganisationen wie der Sozialistischen Jugend oder dem Verband Sozialistischer Studierender (VSStÖ) entsendet.
  • Dazu kommt noch eine einstellige Zahl an Entsendungen von Vorfeld- bzw. "befreundeten" Organisationen wie dem Arbeiter-Sängerbund, dem Red-Biker-Motorradclub, den SPÖ-Bauern, dem roten Wirtschaftsverband oder den SPÖ-Lehrern
Delegierte am SPÖ-ParteitagAPA/Grafik

Delegierte am SPÖ-Parteitag

Wenn es knapp wird, könnten sogar diese "befreundeten" Organisationen entscheidend sein. Die Arbeitergesangsvereine gehen etwa auf das 19. Jahrhundert zurück - laut der Website "dasrotewien" haben sie aktuell 2.000 aktive Mitglieder. Beim Parteitag stellen sie einen Delegierten.

In der SPÖ ist Gesang traditionell wichtig - am 1. Mai etwa und auch der Parteitag am Samstag wird nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses, einer Rede des neuen Chefs und dem "Lied der Arbeit" sowie der "Internationalen" abgeschlossen werden. Im PULS 24 Interview sagte Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, er werde seine Tätigkeit nach dem "Lied der Arbeit" als beendet betrachten.

Fischer sind nicht mehr dabei

Die Red Biker hingegen stellen zwei Delegierte. Sie bezeichnen sich auf ihrer Website als "einer der größten Motorradvereine Österreichs" und fordern etwa die Freigabe von Busspuren für Biker oder, dass Normverbrauchsabgabe nicht mehr nach Hubraum bemessen wird. Sie unternehmen gemeinsame Ausfahrten und haben Stammtische, in Wien sind sie auch bekannt, weil sie den "Friedhof der Namenlosen" mitpflegen.

Alle Delegierten dürfen übrigens nur von einer Organisation entsendet werden, auch wenn sie mehrere Funktionen innehaben. Nicht mehr dabei sind am Samstag die Kinderfreunde, die Arge Sechzig Plus, die Mietervereinigung und die Arbeiterfischer. Nachdem sie beim letzten Parteitag ihren Status als "befreundete Organisation" zurückgelegt haben, sind sie nicht mehr stimmberechtigt. 

Und wie stimmen die Delegierten ab?

Ob sich die Delegierten nun mehrheitlich auf die Seite von Hans Peter Doskozil oder die von Andreas Babler schlagen, kann heute nicht vorausgesagt werden. Besonders spannend dürfte die Entscheidung jener Delegierten werden, die sich eigentlich auf die Seite von Pamela Reni-Wagner geschlagen hatten. 

In Niederösterreich, Oberösterreich, der Steiermark, Salzburg und Tirol haben sich die Länderchefs mehr oder weniger offen als Unterstützer des burgenländischen Landeshauptmanns deklariert. Michael Ludwigs Wiener Partei dürfte sich hingegen eher auf die Seite Bablers schlagen. Ludwig selbst liegt mit Doskozil bereits seit Längerem im Clinch. Offene Sympathien für Babler kommen aus dem mitgliederarmen Vorarlberg. 

Auch die Gewerkschaft war zuletzt eher schlecht auf Doskozil zu sprechen. Forderte dieser ja einen gesetzlichen Mindestlohn. Er kam aber wieder auf die Genossen zu und wollte sie doch einbinden. Die Jugendorganisationen dürften eher Babler-freundlich sein, der Traiskirchener Bürgermeister wirbt auch um die Frauenorganisationen, die eigentlich Rendi-Wagner wollten. 

In Summe ist der Ausgang des Parteitags aber völlig offen. 

ribbon Zusammenfassung
  • Andreas Babler oder Hans Peter Doskozil? Am Samstag bekommt die SPÖ einen neuen Chef.
  • Wer sich nach dem spannungsgeladenen Machtkampf durchsetzen kann, darüber dürfen in Linz 609 Delegierte entscheiden.
  • Aber wer sind sie?