Beratungen über EU-Öl-Embargo: Edtstadler will "sehr vorsichtig agieren"
Österreich beteiligt sich nach Angaben aus EU-Kreisen "konstruktiv" an der Debatte der EU-Staaten über einen Stopp russischer Öl-Importe. Berichte des deutschen Senders "ZDF", wonach Österreich sein Veto gegen das Embargo zurückzog, relativierte die mit dem Thema befasste Person am Montag gegenüber der APA: "Es gab kein Veto. Die Konsultationen mit den Mitgliedstaaten zum sechsten Sanktionspaket laufen, es ist noch nichts entschieden."
Gewessler in Brüssel
Neben Österreich galten bisher nur noch Ungarn, die Slowakei sowie Spanien, Italien und Griechenland als Bremser eines Boykotts. Am Montag sollen die EU-Energieminister, darunter Ressortchefin Leonore Gewessler (Grüne), erneut über ein mögliches Embargo beraten.
Österreich bezieht jetzt schon kaum noch Öl aus Russland. Anders als etwa für Deutschland, das mehr als ein Drittel seiner Ölimporte aus Russland bezieht, wäre das für Österreich sogar vergleichsweise einfach: Laut Daten der Statistik Austria und des Fachverbandes der Mineralölindustrie stammten 2021 nur 7,8 Prozent bzw. 596.000 Tonnen der österreichischen Öleinfuhren aus Russland.
Edtstadler will auf andere Staaten Rücksicht nehmen
Im Vorfeld der Beratungen in Brüssel mahnte Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) aber zu Rücksicht auf andere EU-Staaten. Österreich warte auf den Vorschlag der EU-Kommission, der dann in Abstimmung mit den EU-Staaten zu prüfen sei. "Wir sind in den Diskussionen drinnen. Man muss hier sehr vorsichtig agieren. Wenn bei uns in Europa wirtschaftlich alles zusammenbricht, hat die Ukraine auch nichts davon", sagte Edtstadler der APA in einem Interview am Montag.
"Unsere große Abhängigkeit ist im Gasbereich, nämlich zu 80 Prozent", erläuterte Edtstadler am Rande ihres Besuchs in Malta die Situation Österreichs. Ungarn hat sich in der EU bisher klar gegen ein Embargo für russisches Öl ausgesprochen. "Der große Vorteil ist, dass die EU-Staaten auch auf die Situation der anderen schauen. Was haben wir davon, wenn es in einem anderen Land keine Energiequellen für Industrie und Wirtschaft gibt?", so Edtstadler.
Ungarn boykottiert Boykott
Gegen ein Öl-Embargo wird sich hingegen Ungarn stellen: Der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas sagte am Sonntagabend im regierungsnahen Fernsehsender Hir TV, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete: "Um es klar und deutlich zu sagen: Wir werden Sanktionen (in Hinblick auf Öl- und Gaslieferungen) niemals unterstützen." In der EU ist für solche Sanktionen grundsätzlich die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten erforderlich.
Gyulas sagte dazu: "Da man sie nur einstimmig beschließen kann, hat es keinen Sinn, wenn die Europäische Kommission Sanktionen vorschlägt, die die derzeitigen ungarischen Importe einschränken würden." Derzeit könne niemand die russischen Öl- und Gaslieferungen ersetzen. Für eine Umstellung bräuchte es fünf Jahre und "Unmengen von Geld". Die Kommission gebe Ungarn aber nicht nur kein Geld, sondern halte es zurück.
Gulyas spielte auf Finanzhilfen aus dem Corona-Wiederaufbaufonds an, die die EU-Kommission bisher nicht ausbezahlt, weil sie Bedenken wegen der rechtmäßigen Verwendung hat. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban benutzt nach Ansicht von Kritikern EU-Mittel dazu, um Oligarchen zu begünstigen. Zugleich hat Orban die Abhängigkeit seines Landes von russischen Energieimporten verstärkt. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs trug Ungarn alle bisherigen EU-Sanktionen gegen Moskau mit, lehnt eigene Waffenlieferungen aber strikt ab.
Deutschland für Embargo
Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht deshalb noch keine Festlegung innerhalb der EU auf ein Öl-Boykott gegen Russland. "Ob ein Öl-Embargo insgesamt jetzt ansteht, das weiß ich nicht", sagte er am Montag in Berlin, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Er höre da in der EU Unterschiedliches. Deutschland selbst halte es zwar für handhabbar, andere Länder seien aber noch nicht so weit.
Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte davor bekräftigt, dass Deutschland ein Öl-Embargo gegen Russland befürworte. Man sei jetzt darauf "vorbereitet", auch mehrere Jahre ohne russisches Öl auszukommen, sagte die Grünen-Politikerin Sonntagabend in der ARD.
Zusammenfassung
- Österreich beteiligt sich nach Angaben aus EU-Kreisen "konstruktiv" an der Debatte der EU-Staaten über einen Stopp russischer Öl-Importe.
- Neben Österreich galten bisher nur noch Ungarn, die Slowakei sowie Spanien, Italien und Griechenland als Bremser eines Boykotts.
- Am Montag sollen die EU-Energieminister, darunter Ressortchefin Leonore Gewessler (Grüne), erneut über ein mögliches Embargo beraten.
- Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) mahnte im Vorfeld zu Rücksicht auf andere EU-Staaten. Österreich warte auf den Vorschlag der EU-Kommission, der dann in Abstimmung mit den EU-Staaten zu prüfen sei.
- Österreich bezieht jetzt schon kaum noch Öl aus Russland. Anders als etwa für Deutschland, das mehr als ein Drittel seiner Ölimporte aus Russland bezieht, wäre das für Österreich sogar vergleichsweise einfach.
- Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht deshalb noch keine Festlegung innerhalb der EU auf ein Öl-Boykott gegen Russland. "Ob ein Öl-Embargo insgesamt jetzt ansteht, das weiß ich nicht", sagte er am Montag in Berlin.