Aufregung um begnadigten "Pädophilen-Komplizen" in Ungarn
Laut Onlineportal "444.hu" bildeten Aktivisten am Sonntag vor dem Präsidentensitz in Budapest, dem Sandor-Palast, eine Menschenkette und enthüllten ein Transparent mit der Aufschrift "Pädophilen-Schützerin". Für diese Woche sind Demos angekündigt.
Der Begnadigte hatte nach Überzeugung des Gerichts als damaliger Vize-Direktor eines Kinderheimes in Bicske jahrelang die pädophilen Straftaten seines Chefs gedeckt.
Dabei geht es um Dutzende Fälle von Missbrauch und sexueller Nötigung. Der Begnadigte war zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt worden. Als Mittäter habe er auch alles daran gesetzt, die Kinder zu Falschaussagen und Rücknahme ihrer Anzeigen zu bewegen, schrieb "444.hu".
Zusammenhang mit Pabst-Besuch
Die Amnestie hatte Präsidentin Novák bereits im April 2023 gewährt und war von ihr mit dem Papst-Besuch in Ungarn in Verbindung gebracht worden. Damals hieß es in einer Aussendung des Sandor-Palastes: Die Visite des Papstes sei ein besonderer Anlass dafür, dass das Staatsoberhaupt von seinem Amnestie-Recht Gebrauch mache.
Der besondere Fall des stellvertretenden Leiters des Kinderheimes war aber erst jetzt bekannt geworden. Ein "aufmerksamer Bürger" informierte demnach das Nachrichtenportal. Demnach wurde damals auch der Rechtsextremist György Budaházy von Novák begnadigt.
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) betrachtet die Begnadigung als "inakzeptabel und unverständlich", berichtete das Online-Portal "ATV.hu". Das Ungarische Helsinki-Komitee warnte, dass der Begnadigte wieder mit Kindern arbeiten könnte.
Auch andere Oppositionsparteien übten Kritik: Die Grünen (LMP) verlangten von Novák eine Begründung für ihr Vorgehen. Als "unvorstellbaren Zynismus" bezeichnete die Partei Párbezéd-Zöldek (Dialog-Grüne) die Amnestie: Während Regierungschef Viktor Orbán und seine rechtsnationalistische Fidesz-Partei ständig dem Kinderschutz das Wort redeten, seien sie in Wahrheit daran "absolut nicht interessiert".
Für die Demokratische Koalition (DK) hat Novák mit Budaházy einen "Nazi-Terroristen" und mit dem Vize-Kinderheimleiter einen "Schurken" begnadigt. Auch die Sozialisten übten Kritik.
Das Büro der Staatspräsidentin ließ "444.hu" auf Anfrage wissen: "Unter der Präsidentschaft von Katalin Novák werden Pädophile nicht begnadigt und werden auch nicht begnadigt werden." Laut dem Online-Medium "Telex.hu" wurde Papst Franziskus über die Umstände der Begnadigung unterrichtet.
Die Regierungsmedien rückten unterdessen zur Verteidigung Nováks aus. Die Online-Ausgabe von "Magyar Nemzet" führte ins Treffen, dass der Begnadigte die Hausordnung des Gefängnisses eingehalten und die Anweisungen der Justizwache befolgt habe. Das Portal "Origo.hu" bezichtigt die "linke Dollarmillionen-Presse" der Lüge.
Zusammenfassung
- Eine ungarische Oppositionspartei fordert den Rücktritt von Staatspräsidentin Katalin Novák wegen der Begnadigung eines Mannes, der in einem Kindesmissbrauch-Fall als Mittäter verurteilt wurde.
- Der begnadigte Mann, ehemaliger stellvertretender Direktor eines Kinderheims, wurde für seine Rolle in Dutzenden von Missbrauchs- und sexuellen Nötigungsfällen zu drei Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt.
- Die Begnadigung, die im April 2023 gewährt wurde, wurde mit dem Besuch des Papstes in Ungarn in Verbindung gebracht und hat zu geplanten Protesten und Demonstrationen geführt.