Auch Wiens Gemeinderat diskutierte über Kleingärten
In der Causa geht es unter anderem um einen Kauf, den der Bezirkschef der Donaustadt, Ernst Nevrivy (SPÖ), 2020 in einer Anlage in Breitenlee getätigt hat. 2021 fand die Umwidmung des Grundstücks in Bauland statt - was ihm dem Vorwurf eingebracht hat, von der Änderung profitiert zu haben. Vor Nevrivy haben bereits einige SPÖ-Politikerinnen dort Parzellen erworben.
Im APA-Gespräch hat der Donaustädter Bezirksvorsteher zuletzt darauf verwiesen, dass schon länger bekannt war, dass es zu einer Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans kommen soll. Er habe auch in keiner Form auf das Widmungsverfahren Einfluss genommen, beteuerte er. Auch eine interne Prüfung durch die SPÖ ergab, dass keine rechtlichen Verstöße festgestellt werden konnten.
"Die Stadt gehört allen und nicht nur dem SPÖ-Freundeskreis", hielt der Klubchef der Wiener Grünen, David Ellensohn, zum Auftakt der Sondersitzung - die seine Fraktion sowie die ÖVP beantragt haben - fest. Er sei wütend darüber, dass sich in Breitenlee mehrere Leute aus einer Partei dort eingekauft hätten - nämlich offenbar gerade rechtzeitig: "Wie es schön dunkelrot geworden ist, kommt die Umwidmung daher."
Die Frage sei nun etwa, ob vom Verein - es handelt sich um eine private Gesellschaft, keine städtische Anlage - zu billig verkauft worden sei. Man habe verschiedene interne Prüfungen beauftragt, erläuterte Ellensohn. Auch die interne Revision sei eingeschaltet worden.
Es gehe um den Verdacht der Begünstigung in eigener Sache, betonte auch ÖVP-Chef Karl Mahrer. Im System der Kleingartenvergabe sei es für Personen ohne Vermögen und Beziehungen offenbar nicht möglich, hier zum Zug zu kommen. Viele würden sagen: "Als einfacher Mensch komme ich nicht zu einem Kleingarten." Es gehöre in der SPÖ anscheinend dazu, dass man sich gegenseitig einen Gefallen tue, konstatierte der ÖVP-Obmann.
FPÖ-Chef Dominik Nepp zeigte sich erstaunt darüber, dass viele nun überrascht seien. Es sei gang und gäbe in Wien, dass man, wenn man die richtigen Leute kenne bei der SPÖ, vieles bekomme, merkte er an. Die Roten hätten anscheinend "zufälligerweise" immer das Glück, etwa zu Pachtverträgen zu kommen. Es gebe aber auch Anlagen zum Beispiel in Döbling, wo sich schwarze Parteikollegen "schön eingesiedelt" hätten, berichtete der FP-Politiker
NEOS-Mandatar Jörg Konrad verteidigte den Koalitionspartner in der Causa nicht. Diese sei "ärgerlich und ernüchternd", befand er. Menschen, die in der Politik tätig seien, hätten Vorbildwirkung. Dabei stelle sich immer auch die Frage, ob ein Vorgehen moralisch in Ordnung sein - auch wenn es vielleicht rechtlich gedeckt war. Er verwies aber auch auf Grafenwörth und die umstrittenen Grundstücksgeschäfte des dortigen ÖVP-Bürgermeisters Alfred Riedl. Dieser Fall übersteige die Causa Breitenlee, versicherte er.
Für die SPÖ erläuterte Gemeinderat Omar Al-Rawi das Prozedere bei Widmungsverfahren. Hier würden stets die Zielsetzungen der Stadt oder Grundlagen wie der Stadtentwicklungsplan berücksichtig werden. Eine Widmung finde nur anhand dieser strengen Regeln statt, beteuerte er. Dies alles geschehe nicht im Verborgenen. Wien sei auch zuletzt wieder von Transparency International zur transparentesten Gemeinde gekürt worden, erinnerte er.
Medial wurden seither auch weitere Namen von Personen im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften genannt. Am Montag wurde etwa über Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger berichtet. Laut Ö1 und "Wiener Zeitung" soll er 2011 ein Grundstück in einer "Kleingartengegend" gekauft haben - und zwar um 370.000 Euro. Jahre später soll er es - mit der Aussicht auf Umwidmung, durch die auf dem Grundstück doppelt so groß gebaut werden konnte wie zuvor - deutlich teurer an einen Bauträger weiterveräußert haben. Auch dies wurde heute im Gemeinderat thematisiert.
Bei der Fläche handelt es sich jedoch um keinen Kleingarten, wie Weninger am Montag im Gespräch mit der APA betonte. Das Grundstück (damals Bauklasse I) sei 2010 öffentlich angeboten und ausgeschrieben worden. Dem Verkauf zu jener Zeit hätten auch alle Fraktionen im Gemeinderat zugestimmt. Zu keiner Zeit habe er in diesem Zusammenhang mit Politikern gesprochen, beteuerte er. Es sei seine Absicht gewesen, dort ein Einfamilienhaus zu errichten.
Davon habe er - unter anderem aufgrund der enormen Kostensteigerung in dem Bereich - schließlich einige Jahre später Abstand genommen. Er habe die Parzelle an einen Immo-Entwickler verkauft, und zwar mit derselben Widmung. Diese zu ändern, habe man nie angestrebt. Die marktüblichen Grundstückspreise seien damals deutlich höher gewesen als noch 2010. Weninger verwies zudem darauf, dass der Rechnungshof bei einer Prüfung der Grundstücksverkäufe keinen Anlass für Kritik gesehen habe.
"Ich habe mich stets bemüht, in meinen Handlungen als Privatperson, korrekt und frei von irgendwelchen Vorteilnahmen zu agieren und habe mich daher bemüht, den Ankauf dieses Grundstückes genauso abzuwickeln, wie dies jeder andere/jede andere Person auf Grund der öffentlichen Ausschreibung auch tun hätte können", hielt Weninger dazu auch in einer schriftlichen Stellungnahme fest.
Zusammenfassung
- Im Wiener Gemeinderat ist am Montag über jene Grundstücksgeschäfte in Wiener Kleingartenanlagen diskutiert worden, die in den vergangenen Wochen für Aufsehen gesorgt haben.
- Für die Opposition liegt ein klarer Fall von Freunderlwirtschaft vor.
- Für die SPÖ erläuterte Gemeinderat Omar Al-Rawi das Prozedere bei Widmungsverfahren.
- Dies alles geschehe nicht im Verborgenen.
- Dem Verkauf zu jener Zeit hätten auch alle Fraktionen im Gemeinderat zugestimmt.