Aiwanger: Wie das antisemitische Flugblatt in die Schultasche gekommen sein soll
Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) muss sich weiter erklären - beziehungsweise lässt er seinen Bruder die Sache mit dem antisemitischen Flugblatt erklären.
Was ist passiert?
Die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtete vergangene Woche über ein antisemitisches Flugblatt, dessen Urheber laut Augenzeugen vor über 30 Jahren Aiwanger gewesen sein soll. Aiwanger ließ zuerst via Sprecher gegenüber der SZ mitteilen, er habe "so etwas nicht produziert" und werde gegen diese "Schmutzkampagne" im Falle einer Veröffentlichung rechtlich vorgehen.
Einen Tag später erklärte Aiwanger, dass er "das fragliche Papier nicht verfasst" habe und "den Inhalt als ekelhaft und menschenverachtend" erachte. "Der Verfasser des Papiers ist mir bekannt, er wird sich selbst erklären." Weder damals noch heute war und sei es seine Art gewesen, "andere Menschen zu verpfeifen", erklärte Aiwanger weiter schriftlich.
Wer war der Urheber?
Kurz darauf erklärte sein Bruder, Helmut Aiwanger, gegenüber der Mediengruppe Bayern, dass er der Urheber des Schreibens sei. "Ich bin der Verfasser dieses in der Presse wiedergegebenen Flugblatts." Vom Inhalt distanziere er sich in jeglicher Hinsicht. "Ich bedaure die Folgen der Aktion", erklärte er.
Die Brüder hatten im Schuljahr 1987/88 die elfte Jahrgangsstufe des Burkhart-Gymnasiums in Mallersdorf-Pfaffenberg in Niederbayern besucht. Weil er das Schuljahr wiederholen musste, sei es zu dem antisemitischen Text gekommen. "Ich war damals total wütend, weil ich in der Schule durchgefallen bin und aus meinem Kameradenkreis herausgerissen wurde."
Warum waren die Flugblätter bei Hubert Aiwanger?
"Bei mir als damals minderjährigen Schüler wurden ein oder wenige Exemplare in meiner Schultasche gefunden", erklärte Hubert Aiwanger vergangene Woche. "Daraufhin wurde ich zum Direktor einbestellt. Mir wurde mit der Polizei gedroht, wenn ich den Sachverhalt nicht aufkläre." Und weiter: "Ob ich eine Erklärung abgegeben oder einzelne Exemplare weitergegeben habe, ist mir heute nicht mehr erinnerlich."
Erinnern kann sich nun offenbar sein Bruder Helmut Aiwanger - auch wenn er sich "nicht mehr ganz sicher" ist. Am Montag erklärte er ebenfalls gegenüber der Mediengruppe Bayern: "Aber ich glaube, dass Hubert sie wieder eingesammelt hat, um zu deeskalieren."
Wie geht es jetzt weiter?
Nicht nur Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), sondern auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderten eine schnelle Aufklärung der Vorwürfe. Söder hat für Dienstag einen Sonder-Koalitionsausschuss in München einberufen. "Die Vorwürfe sind zu ernst, als dass sich ein stellvertretender Ministerpräsident nur schriftlich äußert und entscheidende Fragen unbeantwortet lässt", teilte Staatskanzleichef Florian Herrmann mit. "Er muss sich über die schriftliche Stellungnahme hinaus persönlich und umfassend erklären. Es geht um das Ansehen Bayerns."
Auswirkungen für die Wahl?
Ob die Vorwürfe auf die kommende Wahl Auswirkungen hat, kann derzeit nicht beantwortet werden - einige Mitbewerber fordern den Rücktritt von Aiwanger. In sechs Wochen wird dort ein neuer Landtag gewählt. Aiwanger ist Spitzenkandidat für die Freien Wähler, Söder tritt erneut für die CSU an. Grüne und SPD hatten bereits Aiwangers Rücktritt gefordert. SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn begrüßte den Sonder-Koalitionsausschuss.
Zusammenfassung
- Der Vize von Markus Söder, Hubert Aiwanger, muss sich wegen eines antisemitischen Flugblattes weiter erklären.
- Dabei lässt er seinem Bruder den Vortritt. Dieser hat nicht nur die Urheberschaft dafür übernommen, sondern auch erklärt, wie es dazu kam.
- Vom Inhalt distanziere er sich in jeglicher Hinsicht. "Ich bedaure die Folgen der Aktion", erklärte er.
- Weil er das Schuljahr wiederholen musste, sei es zu dem antisemitischen Text gekommen.
- "Ich war damals total wütend, weil ich in der Schule durchgefallen bin und aus meinem Kameradenkreis herausgerissen wurde", sagte er.