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Abgeordnete mobilisieren gegen EU-Pläne für "Chatkontrolle"

Angesichts erneuter Pläne des Rates der EU-Mitgliedstaaten, eine sogenannte Chatkontrolle einzuführen, warnen Abgeordnete aus mehreren Ländern - darunter Österreich - vor einem "Klima des Generalverdachts" und einem Imageschaden für die EU als "Garant von Freiheit". Auch der jüngste Kompromissvorschlag des belgischen Ratsvorsitzes stelle einen Eingriff in digitale Grundrechte dar, steht in dem offenen Brief, der der APA vorliegt.

Zu den Unterzeichnern gehörten auch die Nationalratsabgeordneten Süleyman Zorba und Georg Bürstmayr von den Grünen, Nikolaus Scherak von den NEOS und Katharina Kucharowits von der SPÖ.

Die EU-Kommission hatte 2022 einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Verbreitung von Darstellungen von Kindesmissbrauch im Internet eingedämmt werden soll. Kritiker bemängeln aber, dass dadurch Anbieter von Messenger-Diensten wie zum Beispiel Whatsapp, Telegram oder Signal gezwungen würden, technische Möglichkeiten zu schaffen, um Zugriff auf private Chatnachrichten zu bekommen. Eine sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung würde damit unmöglich gemacht.

Wegen solcher Bedenken stockten die Verhandlungen auf EU-Ebene zuletzt. Bei einem Treffen von EU-Diplomaten am Mittwoch in Brüssel soll nun aber ein neuer Vorschlag diskutiert werden. Wie die Zeitung "Der Standard" jüngst berichtete, habe auch das Ressort von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sich hinter den Kulissen für einen erneuten Anlauf stark gemacht.

Konkret sehe der belgische Vorschlag vor, dass die Messenger-Dienste nur Bild- und Videomaterial auf Kindesmissbrauchsdarstellungen scannen müssten, geht es aus dem offenen Brief hervor. Nutzer, die einen Zugriff auf ihre Nachrichten ablehnten, könnten dann keine Bilder und Videos mehr verschicken.

Dies treffe wiederum die Kinder selbst - die mit dem geplanten EU-Gesetz geschützt werden sollen - schreiben die Abgeordneten aus Österreich, Deutschland, Luxemburg, Tschechien und den Niederlanden in ihrem Brief an den Rat der EU-Staaten. "Dies gilt auch, um Kindern und Opfern sexuellen Missbrauchs Zugang zu sicheren Not- und Hilfsdiensten zu ermöglichen - insbesondere in Ländern, in denen sich Opferhilfsorganisationen nicht auf die Unterstützung und Vertraulichkeit der staatlichen Strafverfolgungsbehörden verlassen können".

In demokratischen Gesellschaften wäre Privatsphäre nötig für die freie Willens- und Meinungsbildung. Hintertüren in Kommunikationssystemen könnten zudem leicht für andere Überwachungszwecke und von Cyberkriminellen genutzt werden. Die Abgeordneten warnen auch, dass das geplanten Gesetz vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) kassiert werden könnte.

Die Unterzeichner plädieren hingegen dafür, den Schutz und die Prävention vor Kindesmissbrauch zu stärken sowie die Ermittlungsbehörde und den Opferschutz mit mehr Ressourcen auszustatten, anstatt auf ein "falsches Gefühl von Sicherheit" durch rein technische Lösungen zu setzen.

ribbon Zusammenfassung
  • Abgeordnete aus mehreren Ländern, darunter Österreich, warnen vor den EU-Plänen zur Einführung einer Chatkontrolle und sehen darin einen Eingriff in digitale Grundrechte.
  • Kritiker bemängeln, dass Messenger-Dienste wie Whatsapp und Telegram gezwungen würden, Zugriff auf private Chatnachrichten zu ermöglichen, was die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung unmöglich machen würde.
  • Der belgische Vorschlag sieht vor, dass Nutzer, die den Zugriff auf ihre Nachrichten ablehnen, keine Bilder und Videos mehr verschicken können, was vor allem Kinder treffen würde, die geschützt werden sollen.