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Ab 7. März wird wieder gegen Egisto Ott verhandelt

Heute, 06:01 · Lesedauer 4 min

Nicht wie zunächst geplant am Faschingsdienstag, sondern erst ab 7. März wird am Wiener Landesgericht wieder gegen den ehemaligen Chefinspektor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Egisto Ott, und den ehemaligen freiheitlichen Nationalratsabgeordneten und nunmehrigen parlamentarischen Mitarbeiter Hans-Jörg Jenewein verhandelt. Prozessgegenständlich sind mittlerweile nicht weniger als drei Strafanträge und eine Anklageschrift.

Es geht um die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs, der Verletzung von Amtsgeheimnissen und datenschutzrechtlicher Bestimmungen, die ein Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Julia Matiasch zu prüfen hat. Vorerst sind zwei Verhandlungstage anberaumt. Ob damit das Auslangen gefunden werden kann, ist fraglich. An sich hatte ein einzelgerichtliches Verfahren gegen Ott und Jenewein bereits im vergangenen November im Grauen Haus begonnen. Die Staatsanwaltschaft brachte dann aber weitere Fakten zur Anklage, die teilweise die Zuständigkeit eines Schöffengerichts begründen. Daher werden nun sämtliche aktuell vorliegenden und in Rechtskraft erwachsenen Vorwürfe der Anklagebehörde gegen Ott und Jenewein gemeinsam verhandelt.

Zwei weitere Personen - nämlich eine ehemalige Mitarbeiterin des damaligen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ) und ein deutscher Bekannter Otts - werden zusätzlich als Mitangeklagte in jeweils einem Faktum auf der Anklagebank Platz nehmen. Etliche Zeuginnen und Zeugen sind geladen, die Verteidiger dürften zumindest die Ladung weiterer Auskunftspersonen beantragen.

Laut Anklage "Kooperation" zwischen Ott und Jenewein

Laut Anklage soll es zwischen Ott und Jenewein ab August 2018 eine "Kooperation" gegeben haben. Jenewein, der dem parlamentarischen BVT-U-Ausschuss angehörte und kurzzeitig auch FPÖ-Sicherheitssprecher war, habe sich von Ott Informationen über ein Treffen des so genannten Berner Clubs beschafft. Ott - zu diesem Zeitpunkt bereits vom Dienst suspendiert - soll dem Politiker eine Liste mit Namen von BVT-Beamten übermittelt haben, die an dieser Länder übergreifenden Begegnung von Nachrichtendienst-Mitarbeitern teilgenommen hatten. Auch auf die Zusammensetzung der "Soko Tape", die nach dem Ibiza-Video zur Klärung strafrechtlicher Vorwürfe eingerichtet wurde, soll Jenewein Ott angesetzt haben. Der Ex-Politiker soll weiters verbotenerweise Fotos im U-Ausschuss aufgenommen und diese an Ott gesendet haben. Bei einer Hausdurchsuchung wurde bei Jenewein obendrein ein Schlagring sichergestellt, weshalb dem Ex-Politiker noch ein Vergehen nach dem Waffengesetz angelastet wird.

Amtsmissbrauch-Vorwurf betrifft Jenewein und frühere Kickl-Mitarbeiterin

Ein zweiter Anklagepunkt betrifft Jenewein und eine frühere Kabinettsmitarbeiterin des damaligen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ). Jenewein wird diesbezüglich Bestimmung zum Amtsmissbrauch angekreidet. Er soll von Ende Oktober 2018 bis Anfang Mai 2019 als Mitglied des BVT-Untersuchungsausschusses die damalige Kickl-Mitarbeiterin beauftragt haben, ihm Berichte mit Informationen zu Teilnehmenden an zwei Treffen europäischer Nachrichtendienste zu liefern. Auch um die Beschaffung einer protokollierten Zeugenaussage des damaligen SPÖ-Politikers Franz Schnabl, die laut Anklage für Medienschaffende gedacht war, soll Jenewein die im Innenministerium beschäftigte Frau ersucht haben. Diese wurde von der Staatsanwaltschaft als unmittelbare Täterin mitangeklagt.

Der dritte Anklagepunkt bezieht sich auf Ott und einen guten Bekannten des Ex-BVT-Beamten. Ott soll dem Deutschen im Juni 2020 vertrauliche Informationen zu zwei BVT-Beamten und einem verdeckten Ermittler "gesteckt" haben, die in weiterer Folge vermutlich den Weg nach Deutschland fanden. Der Ott-Bekannte ist mitangeklagt, wobei bei ihm im Fall eines Schuldspruchs auf eine Vorverurteilung Bedacht zu nehmen wäre: der Mann wurde im Juni 2024 in Wien wegen Wiederbetätigung im Sinn des Verbotsgesetzes zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

Dritter Strafantrag erst im Februar eingebracht

Erst Mitte Februar hat die Staatsanwaltschaft Wien einen weiteren - den dritten - Strafantrag beim Landesgericht eingebracht, der sich wieder ausschließlich gegen Ott und Jenewein richtet. Ott wird darin angekreidet, im September 2018 Jenewein geheime Informationen mitgeteilt und damit ein Amtsgeheimnis verletzt zu haben, indem er ihm zwei im Juni 2016 angefertigte Fotos samt namentlicher Nennung der abgebildeten Personen übermittelte. Auf dem ersten Foto waren ein BVT-Beamter und ein Vertreter eines ausländischen Nachrichtendienstes zu sehen, auf dem zweiten ein weiterer BVT-Beamter und ein Vertreter eines ausländischen Nachrichtendienstes. Sie hatten sich in Lederhosen in Wien getroffen. Die Anklagebehörde sieht durch das Agieren von Ott und Jenewein das Recht der Lederhosenträger auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten verletzt sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen nationalen Sicherheit und der Erfolg zukünftiger nachrichtendienstlicher Aktivitäten gefährdet.

Für alle vier Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Ott und Jenewein haben bisher jedwedes strafrechtlich relevante Fehlverhalten öffentlich bestritten.

Ermittlungen zu Spionage-Vorwürfen noch im Laufen

Noch nicht gerichtsanhängig sind mehrere Spionage-Anschuldigungen, denen sich Ott ausgesetzt sieht. In diesem Zusammenhang wird gegen ihn von der Staatsanwaltschaft Wien seit 2017 wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs und weiterer Delikte ermittelt. Am 29. März 2024 wurde er fest- und bis zum 26. Juni in U-Haft genommen. Ausschlaggebend für die Inhaftierung waren Informationen, Ott habe Diensthandys von drei früheren Kabinettsmitarbeitern des seinerzeitigen Innenministers Wolfgang Sobotka (ÖVP) und einen Signa-Laptop mit geheimen Information eines EU-Staates dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB übergeben. Auch das bestreitet Ott in aller Entschiedenheit. Diesbezüglich sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen.

Zusammenfassung
  • Am 7. März beginnt am Wiener Landesgericht die Verhandlung gegen Egisto Ott und Hans-Jörg Jenewein, denen Amtsmissbrauch und Verletzung von Amtsgeheimnissen vorgeworfen werden.
  • Die Anklage umfasst drei Strafanträge und eine Anklageschrift, die eine Kooperation zwischen Ott und Jenewein ab August 2018 beschreiben.
  • Zusätzlich werden eine ehemalige Kickl-Mitarbeiterin und ein deutscher Bekannter Otts als Mitangeklagte in den Prozess einbezogen.
  • Jenewein soll im U-Ausschuss verbotenerweise Fotos aufgenommen und an Ott gesendet haben, während bei ihm ein Schlagring sichergestellt wurde.
  • Die Ermittlungen zu Spionage-Vorwürfen gegen Ott sind noch nicht abgeschlossen, während für alle Angeklagten die Unschuldsvermutung gilt.