20 Jahre Guantánamo: Amnesty fordert Biden zu Schließung auf

20 Jahre nach Eröffnung des US-Gefangenenlagers Guantánamo fordert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International US-Präsident Joe Biden zur Schließung der umstrittenen Einrichtung auf. "Das Lager stellt ein Synonym für Willkür, Ungerechtigkeit und Folter dar. Das System Guantánamo ist nicht zu reparieren", sagte der USA-Experte von Amnesty in Deutschland, Sumit Bhattacharyya, der Deutschen Presse-Agentur in Washington.

"Das Lager selber muss geschlossen werden und Menschen, die an Folter oder an anderen illegalen Aktionen beteiligt waren, müssen vor Gericht gestellt werden. Die müssen sich für ihre Taten verantworten", so Bhattacharyya.

Anlässlich des bevorstehenden 20. Jahrestags des Lagers sind Aktionen von Amnesty in mehreren Ländern geplant. In Deutschland kam es am Samstag nach Amnesty-Angaben in Berlin, Bremen, Leipzig, Dresden, Chemnitz und Halle zu Protesten.

Die ersten Gefangenen waren am 11. Jänner 2002 in das Camp im US-Marinestützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba gebracht worden. Amnesty wirft den USA vor, dort "kontinuierlich und systematisch" Menschenrechte verletzt zu haben. Die Organisation fordert, dass die verbliebenen 39 Gefangenen "ein faires, rechtsstaatliches Verfahren vor zivilen Gerichten" erhalten. Sollten keine Beweise für Taten vorgelegt werden können, müssten sie freigelassen werden.

Insgesamt waren fast 800 Menschen zeitweise in dem Lager auf Kuba inhaftiert. Es war nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush errichtet worden, um mutmaßliche islamistische Terroristen ohne Prozess festzuhalten. Bushs Nachfolger, der Demokrat Barack Obama, wollte es schließen, scheiterte aber am Widerstand im US-Kongress. Der Republikaner Donald Trump wiederum wollte das Lager weiter offen halten. Biden - der einst Obamas Vizepräsident war - hat als Ziel die Schließung ausgegeben. Er hat nach Angaben seiner Regierung eine "umfassende Überprüfung" des Gefangenenlagers eingeleitet.

"Dass dieses Lager keinen internationalen Standards entspricht, ist seit zwei Jahrzehnten bekannt", sagte Bhattacharyya zur Überprüfung. Der Experte fügte mit Blick auf die US-Kongresswahlen in diesem Jahr hinzu: "Es wäre sehr zu wünschen, dass Biden vor der nächsten Wahl im November ernst macht und endlich das Lager schließt, damit dieser Schandfleck der US-amerikanischen Geschichte endlich getilgt ist." Bidens bisherige Bemühungen dafür seien allerdings "eher halbherzig".

Ein Engagement der neuen deutschen Bundesregierung für die Schließung Guantánamos wäre "begrüßenswert", sagte Bhattacharyya. "Die Bundesregierung könnte natürlich die US-amerikanische Regierung darauf hinweisen, dass das Lager unrechtmäßig ist. Man könnte eventuell auch - falls die US-Amerikaner das wollen - Menschen aufnehmen, die aus dem Lager kommen, die erwiesenermaßen unschuldig sind, damit zumindest an der Stelle der Gordische Knoten gelöst wird." Die USA hatten in der Vergangenheit Schwierigkeiten, Aufnahmeländer für freigelassene Häftlinge aus Guantánamo zu finden.

Bhattacharyya sagte, von Guantánamo sei von vornherein ein verheerendes Signal ausgegangen. "Das Lager Guantanamo hat in die Welt das Signal geschickt, dass Staaten, die sich wie die USA selbst als Vorkämpferinnen für Menschenrechte sehen, in bestimmten Situationen bereit sind, grundlegende Prinzipien wie das der Rechtsstaatlichkeit aufzugeben. Ein viel stärkeres Zeichen wäre gewesen zu sagen: Die USA begegnen schweren Verbrechen wie den Anschlägen vom 11. September mit rechtsstaatlichen Standards. Und wir rücken von diesem Prinzip auch nicht ab."

ribbon Zusammenfassung
  • 20 Jahre nach Eröffnung des US-Gefangenenlagers Guantánamo fordert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International US-Präsident Joe Biden zur Schließung der umstrittenen Einrichtung auf.
  • Insgesamt waren fast 800 Menschen zeitweise in dem Lager auf Kuba inhaftiert.
  • Der Republikaner Donald Trump wiederum wollte das Lager weiter offen halten.
  • Bhattacharyya sagte, von Guantánamo sei von vornherein ein verheerendes Signal ausgegangen.