"Zusammenbraut": Dirk Stermanns erstes Solo feierte Premiere
Dass die Braut sich traut, den Vater zu versetzen, hat sich lange zusammengebraut - das wird bei diesem ersten eigenen Kabarettprogramm des aus Duisburg stammenden 56-jährigen Wahlösterreichers rasch klar. Wie auch in seinen Büchern (zuletzt: "Maksym", das im zweiten Teil kurz angespielt und beworben wird) vermischt er gekonnt Fakten und Fiktion zu einer Lebensgeschichte, die wahr sein könnte, jedenfalls aber Wahrheiten enthält, in denen sich große Teile seines Publikums wiedererkennen. Sein langjähriger Bühnenpartner Christoph Grissemann, mit dem er in der Sendung "Willkommen Österreich" am Vorabend den frisch gebackenen Nobelpreisträger Anton Zeilinger begrüßen konnte, bekommt jedenfalls durchaus sein Fett weg.
Doch ansonsten überrascht das bewusst immer wieder zwischen selbstverliebt und selbstkritisch wechselnde Programm, dessen Premiere gestern im Wiener Gemeindebautheater heftig akklamiert wurde, mit zweierlei: Es ist - zumal vor der Pause - wirklich witzig und kann sich viele Lacher holen, und es ist keineswegs als Nummernkabarett angelegt, in dem sich Pointen und Anekdoten aneinander reihen, sondern ist klug gebaut, fast so etwas wie ein monologisches Minidrama, und erhält gegen Ende so viel Tiefgang, dass zynische Munterkeit in lethargische Melancholie umzuschlagen droht.
Gags, Gags, Gags - die gibt es auch in "Zusammenbraut", allerdings selbst geschrieben, versichert Stermann, da die "Willkommen Österreich"-Autoren ihm zu teuer seien. Er komme zwar nicht von Homer und Cervantes, sondern mehr von Homer Simpson und Cerveza, meint Dirk, der gerne Selfies als "Dirk-Pics" verschickt, dessen Vorname aber in der heimischen Beliebtheitsskala den letzten Platz belegt hat, "drei Plätze hinter Adolf". In seiner Hochzeitsrede, die er umständehalber ohne die eigentlichen Adressaten hält, vermischen sich einige tatsächlich sehr gute Witze mit elegischen Rückschauen auf seine Zeit als Vater, der nie zuhause, sondern ständig auf Tournee war.
Seine späte zweite Vaterschaft (die in "Maksym" die Hauptrolle spielt) eröffne immerhin die Synergie, den Kinderwagen auch als Gehhilfe zu verwenden, erzählt Stermann und bekennt, sich einst "als Mann, gefangen im Körper einer Frau" empfunden zu haben - vor seiner Geburt nämlich. Singen und Klavierspielen kann er weniger gut - macht es aber mit der Grandezza eines alternden Alleinunterhalters, die momentweise eine Stimmung wie in Ulrich Seidls "Rimini" aufkommen lässt. Am Ende ist man dann doch ganz schön gebeutelt worden. Und das ist sehr gut so.
(S E R V I C E - Dirk Stermann: "Zusammenbraut", Wiener Rabenhof Theater, Nächste Termine: 18. und 29. Oktober, 26. November, 9. Dezember. www.rabenhoftheater.com)
Zusammenfassung
- Es gibt offenbar etwas zu feiern. Auf der Rabenhof-Bühne ist ein Festtagstisch samt Herzchen-Deko und fünfstöckiger Hochzeitstorte aufgebaut, daneben wartet ein Keyboard auf Inbetriebnahme und ein zugedecktes Geschenk auf Enthüllung. Auch Dirk Stermann hat sich in seinen besten Anzug geschmissen und eine weiße Blume angesteckt. Seine Tochter heiratet einen US-Jazzmusiker - allerdings woanders, wie sich herausstellt. In "Zusammenbraut" wird der Vater alleine bleiben.