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Wien Modern startete mit Marschmusik und bewegtem Publikum

Es war zwar etwas frisch, doch der unter freiem Himmel abgehaltene Auftakt zur diesjährigen Ausgabe von Wien Modern ließ sicher niemanden kalt. Immerhin hatte Maria Gstättner Dienstagabend in den Stadtpark geladen, um dort spazierenderweise ihrer "Fanfare" zu lauschen - ganz dem Festivalmotto "Go" entsprechend. Ein ebenso gelungenes Unterfangen wie das Eröffnungskonzert direkt im Anschluss, für das Peter Jakober seinen "Saitenraum" neu konzipierte.

Zunächst galt es aber, sich nach Einbruch der Dunkelheit zwischen Wienfluss, Kursalon und Strauss-Denkmal zurecht zu finden. Für Gstättners Projekt, bei dem Militärmusik auf Trachtenkapelle und feministische Punkband auf kunstvolle Lichtgestaltung trafen, gab es keinen dezidierten Startpunkt. Vielmehr durfte man sich an allen Eingängen des Stadtparks umsehen und wurde schnell fündig: Hier ein einsamer Trompeter, dort ein Trommler in Wartestellung. Sukzessive begannen die Protagonisten, ihre Instrumente zum Klingen zu bringen und steuerten auf ein unbekanntes Ziel zu.

Einer Prozession gleich, trafen daraufhin Performer wie Zuhörende zusammen und gab es im Ineinanderwirken von Schlagwerken sowie Blasinstrumenten sich stetig wandelnde, mal stärker, mal schwächer pulsierende Sounds zu vernehmen, die ganz dem rituellen Charakter der Darbietung (passenderweise zu Halloween) entsprachen. In der Folge wurden mehrere Punkte abgegangen, würzte das Punkquartett Schapka diese Fanfarenabfolge an zwei Stellen mit gesellschaftspolitischem Krach und gab es schließlich ein großes, gemeinsam am Wienufer zelebriertes Finale.

Wer sich nach der frischen Luft nach etwas Wärme sehnte, wurde anschließend im Konzerthaus fündig. Auch hier folgte man der "Bewegung im Raum", wie Wien Modern heuer untertitelt ist: Auf großen Saal, Mozart-Saal und Schubert-Saal verteilt, nahmen insgesamt 60 Musikerinnen und Musiker der Wiener Symphoniker ihre Positionen ein, um Jakobers "Saitenraum II" entsprechend zur Geltung zu bringen. Dabei handelt es sich um eine Fort- und Neuschreibung seines im Vorjahr vorgestellten Werks "Seitenraum" - nur eben größer und dichter in jeder Hinsicht.

Mit individuellen Clicktracks im Ohr, gab es von den 26 Geigen, 10 Bratschen, 14 Celli und 10 Kontrabässen eine mikrotonale Meditation zu vernehmen, für die mit unterschiedlichen Tempi gearbeitet wurde. Durch die dadurch entstehenden Verschiebungen, aber auch die Bewegung durch die Säle - das Publikum war explizit aufgefordert, frei durch die Räume zu streifen -, ergaben sich immer wieder neue Wahrnehmungsmöglichkeiten, die entweder einzelne Klänge oder den Gesamteindruck forcierten. Nicht selten sah man da geschlossene Augen, um sich ganz in dieser Musik fallen zu lassen.

Der große Jubel für alle Beteiligten darf jedenfalls als Versprechen für die kommenden Wochen gelten. Denn nach diesem sehr speziellen, aber in seiner Besonderheit auch außerordentlich einnehmenden Auftakt gibt es bereits am heutigen Mittwoch im Konzerthaus "11.000 Saiten" von Georg Friedrich Haas für 50 im Raum verteilte Klaviere zu erleben. Von Olga Neuwirth ist wiederum eine Art Flashmob im öffentlichen Raum zu erwarten, während Kurt Schwertsik aus "Alice im Wunderland" eine "phantastische Revue" machen wird. Bis 2. Dezember stehen insgesamt 57 Produktionen und 91 Konzerte samt 66 Ur- und Erstaufführungen an.

(S E R V I C E - www.wienmodern.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Es war zwar etwas frisch, doch der unter freiem Himmel abgehaltene Auftakt zur diesjährigen Ausgabe von Wien Modern ließ sicher niemanden kalt.
  • Ein ebenso gelungenes Unterfangen wie das Eröffnungskonzert direkt im Anschluss, für das Peter Jakober seinen "Saitenraum" neu konzipierte.
  • Wer sich nach der frischen Luft nach etwas Wärme sehnte, wurde anschließend im Konzerthaus fündig.