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"Von Mäusen und Menschen" solide in den Kammerspielen

07. März 2025 · Lesedauer 3 min

In den endlosen Weiten des Westens geht die Sonne blutrot hinter den Feldern unter, ein Cowboy singt Lieder über die Sehnsucht, zwei Freunde sind auf der Suche nach Arbeit. Endlich landen sie auf einer Farm, und aus der gleißenden Sonne wird ein kühler Großraumventilator. In diesem Setting zwischen Western-Romantik, industrieller Landwirtschaft und rauen Sitten inszeniert Torsten Fischer in den Kammerspielen der Josefstadt John Steinbecks "Von Mäusen und Menschen".

In dem 1937 erschienenen Roman, der in der ursprünglichen Konzeption bereits als Drama angelegt war, widmete sich Steinbeck, der in den 1920er-Jahren selbst Erfahrung als Wanderarbeiter gesammelt hat, den Unterdrückten und Einsamen, aber auch der Kraft der Freundschaft. Mit Claudius von Stolzmann als intelligenter, rechtschaffener George und Robert Joseph Bartl als tollpatschiger, zurückgebliebener Lennie hat Fischer die Hauptfiguren prototypisch besetzt. Wie Stolzmann als Hirn des ungleichen Duos voll der Hoffnung auf ein besseres Leben die Richtung vorgibt und ihm Bartl mit größtmöglicher Naivität hinterher stolpert, ist berührend.

Ihr einziger Verbündeter auf der Farm, die vom herrischen wie gewalttätigen Curley (Luka Vlatković) mit eiserner Strenge betrieben wird, ist der altgediente Arbeiter Candy, der nicht nur seine Hand, sondern auch den Anschluss zu den restlichen Arbeitern verloren hat. Johannes Krisch kehrt in dieser Rolle mit gewohnter Intensität nach längerer Pause auf die Bühne zurück und bildet mit geheimnisvoller Aura einen Ausgleich zwischen den beiden so gegensätzlichen Protagonisten. Während sich der riesige, das Bühnenbild von Herbert Schäfer und Vasilis Triantafillopoulos dominierende Ventilator fast unablässig langsam bewegt und zugleich auch als Auf- und Abtrittsmöglichkeit dient, dreht sich auch die Gewaltspirale auf der Farm immer weiter.

Paul Matić als erfahrener Vorarbeiter Slim, Alexander Strömer als brutaler Rüpel Carlson und Ljubiša Lupo Grujčić als Außenseiter Crooks komplettieren die Gruppe von Männern, die einander im Umgang nichts schenken. Als einzige Frau gibt Paula Nocker die als Ehefrau des Chefs gelangweilte junge Dame, die den Männern - sehr zum Ärger ihres Gatten - im geblümten Kleid den Kopf verdreht. Nocker gelingt es in diesem weder wirklich in den 1930ern noch im Heute angesiedelten Setting, sich von koketter Naivität zu naiver Rebellion aufzuschwingen. Die fatale Annäherung zwischen ihr und Lennie, der bereits aus Versehen seinen Hundewelpen getötet hat, gerät zu einer starken Szene.

Klassiker wirkt seltsam aus der Zeit gefallen

"Von Mäusen und Menschen" mag nach wie vor die Mechanismen von Unterdrückung, Ausgrenzung und gescheiterten Träumen erzählen, wirkt mittlerweile doch seltsam aus der Zeit gefallen. Das Schaffen eines Bezugs zur heutigen Situation von (oft illegalen) Farmarbeitern in den USA oder gar Arbeitsmigranten in Europa liegt da auf der Hand, doch Fischer hat sich dafür entschieden, nah am Original zu bleiben. Und so ist "Von Mäusen und Menschen" in den Kammerspielen ein solide gearbeiteter Theaterabend mit starken Schauspielleistungen, vermag am Ende aber emotional nicht zu überzeugen. Herzlicher Applaus beendete den 2 Stunden und 15 Minuten währenden Abend.

(Von Sonja Harter/APA)

(S E R V I C E - "Von Mäusen und Menschen" von John Steinbeck in den Kammerspielen des Theaters in der Josefstadt. Deutsch von Katrin Janecke und Günter Blöcker, Bearbeitung und Regie: Torsten Fischer, Bühne und Kostüme: Herbert Schäfer und Vasilis Triantafillopoulos, Licht: Sebastian Schubert. Mit u.a. Claudius von Stolzmann, Robert Joseph Bartl, Johannes Krisch, Luka Vlatković und Paula Nocker. Weitere Termine: 7., 11., 12., 15., 16., 20., 21. und 27. März sowie im April, Mai und Juni. www.josefstadt.org)

Zusammenfassung
  • Torsten Fischer inszeniert John Steinbecks 'Von Mäusen und Menschen' in den Kammerspielen der Josefstadt mit Claudius von Stolzmann und Robert Joseph Bartl in den Hauptrollen.
  • Die Inszenierung bleibt nah am Original und schafft keinen Bezug zur heutigen Situation von Arbeitsmigranten, was zu einer emotional wenig überzeugenden Aufführung führt.
  • Der 2 Stunden und 15 Minuten dauernde Theaterabend endet mit herzlichem Applaus.