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Ursula Krinzinger kann mit 85 "noch nicht ganz loslassen"

Heute, 05:01 · Lesedauer 6 min

Die österreichische Galeristin Ursula Krinzinger feiert am Samstag (15. Februar) ihren 85er. "Der Geburtstag ist mir nicht so wichtig", sagt sie im Gespräch mit der APA. "Nächstes Jahr wird die Galerie 55 Jahre alt. Das wird dann richtig gefeiert." 1971 eröffnete die gebürtige Bregenzerin die Galerie Krinzinger in ihrer Heimatstadt, seit 1986 ist die Galerie in Wien. Doch seit Beginn war sie so international orientiert wie niemand sonst am heimischen Kunstmarkt.

Auch diesmal war sie bis kurz vor ihrem Geburtstag im Ausland. Von der Islamic Arts Biennale in Jeddah ging es nach AlUla mitten in der Wüste ("Es sieht dort wie am Mond aus"), wo nicht nur der Tourismus, sondern auch ambitionierte Kunst- und Museumsprojekte entwickelt werden. "Dort sind unglaubliche Projekte im Entstehen. Der König hat seine Liebe zu Kunst und Kultur entdeckt. Saudi-Arabien wird sicher in Zukunft in der Kunst eine Rolle spielen", sagt die Galeristin, die mit Maha Malluh auch eine saudi-arabische Künstlerin vertritt und seit 17 Jahren in Middle East engagiert ist. "Es wird sehr viel im Mittleren Osten passieren. Im Guten", lautet ihre Prognose.

Seit langem ist Krinzinger auf den großen internationalen Kunstmessen vertreten, von der Art Basel bis zur Frieze in London, von der FIAC in Paris bis zur Armory Show in New York. Ob Abu Dhabi oder Dubai, Chicago oder Hong Kong, Peking oder Taipei - die Österreicherin ist ein Global Player. "Nur einmal bei einer Messe vorbeizuschauen hat keinen Sinn, man muss Kontinuität zeigen." Auf der ARCO in Madrid wird sie im März für ihr jahrzehntelanges Engagement in Spanien ("Secundino Hernández haben wir zum Weltstar gemacht!") mit einem von der 91-jährigen legendären Galeristin Juana de Aizpuru erstmals gestifteten Preis geehrt. Diese ebnete mit ihrer 1965 eröffneten Galerie der zeitgenössischen Kunst in Spanien den Weg. "Es gibt also Kolleginnen, die noch länger dabei sind als ich", lacht Krinzinger. Nachsatz: "Aber nur wenige!"

Am 15. Februar 1940 in Bregenz geboren, absolvierte Krinzinger Studien der Kunstgeschichte sowie Archäologie und erwarb Dolmetsch-Diplome für Englisch und Französisch. Eine Ausstellung von Übermalungen Arnulf Rainers in der Innsbrucker Galerie im Taxispalais ging ihr tagelang nicht aus dem Kopf, erzählt sie. Der Aktionismus war ihr erster richtiger Einstieg in die Kunstwelt. 1971 eröffnete sie die Galerie Krinzinger in Bregenz. "Wir haben in Bregenz als erste Gottfried Bechtolds Betonporsche gezeigt. Das wurde ein richtiger Skandal, das ist heute nicht mehr vorstellbar", skizziert sie eine Zeit, in der am Bodensee das Verständnis für zeitgenössische Kunst noch wenig ausgeprägt war. 1972 übersiedelte die Galerie nach Innsbruck, das sie als viel lebendiger erlebte, und wo sie um Geld zu verdienen eine Nachhilfeschule betrieb. "In den 70ern war Innsbruck ein unglaubliches Kunstzentrum und wichtiger als Wien."

Aufbruch nach Wien

In Wien war sie dennoch regelmäßig, hatte regen Kontakt mit Arnulf Rainer, Maria Lassnig, Bruno Gironcoli oder Alfred Schmeller, dem Direktor des 20er-Hauses, und entschloss sich, "mit einem Riesen-Kredit" große Galerieräumlichkeiten in der Seilerstätte in der Wiener Innenstadt zu etablieren. "Damals gab es nur eine minimale Galerienlandschaft in Wien, nicht vergleichbar mit heute", erinnert sie sich. Die Eröffnung habe Bürgermeister Helmut Zilk persönlich vorgenommen, der sich ihr telefonisch dafür angetragen hatte. Durch den Aufschwung der Malerei in den 1980ern seien auch die Geschäfte immer besser geworden, erzählt die Galeristin. "Plötzlich kamen die Sammler von überall her." Noch heute beziffert Ursula Krinzinger das Verhältnis von ausländischen zu inländischen Käufern für ihre Galerie auf 70:30. "In der Corona-Zeit hätten wir ohne Ausland nicht durchgehalten!"

Seit 2002 wird auch die Zweigstelle "Krinzinger Projekte" in Wien-Neubau, nunmehr "Krinzinger Schottenfeld", bespielt, zudem gibt es an der Seilerstätte einen Showroom. Bisher wurden laut Angaben der Galerie rund 650 Einzel- und Gruppenausstellungen realisiert, darunter Themenschauen wie "Zur Situation und Kreativität der Frau" (1975), "Zur Definition eines neuen Kunstbegriffs" (1979), "Fluxus Subjektiv" (1990) oder "UK Maximum Diversity" (1998). Zu den von der Galerie vertretenen Künstlerinnen und Künstlern zählen internationale Topstars wie Marina Abramović, Chris Burden, Atelier van Lieshout, Kader Attia, Jonathan Meese oder Monica Bonvicini, aber auch Österreicher wie Eva Schlegel, Günter Brus oder Lois Weinberger. Intensiv widmet sich Krinzinger auch dem Kunst-Nachwuchs in China, Indien, Japan oder dem Arabischen Raum.

Sohn Thomas übernimmt

Seit vier Jahren entwickelt ihr Sohn Thomas Krinzinger (59) das Programm der Galerie weiter und fügt der angestammten Künstlerliste neue Positionen hinzu. "Er ist bei uns mit Künstlern aufgewachsen und hat die vergangenen 20 Jahre auf Messen mitgeholfen und dabei unsere Arbeit mitformuliert. Es ist großartig, dass es weitergeht", sagt Ursula Krinzinger, die seither ihre Reisetätigkeit etwas reduziert hat. "Früher war ich ja jeden Monat sieben bis zehn Tage im Ausland unterwegs." Heute geht sie es ruhiger an, doch sie gibt zu: "Ich kann noch nicht ganz loslassen." Sie arbeitet etwa die Sammlung der Galerie auf oder widmet sich mit Hingabe einem einzigartigen Residence Programm, in dem seit 2002 Ateliers für nationale und internationale Künstler zur Verfügung gestellt werden. Heute gibt es Krinzinger Residencies in Wien, Kroatien, Ungarn und Sri Lanka.

Kunstzeitschriften im "Krinzinger Lesehaus"

Und auch im Weinviertel ist die Galeristin, die 2007 mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet wurde, aktiv: Vor einigen Jahren erwarb sie in der Nähe zur tschechischen Grenze ein altes Presshaus, das Architekt Carl Pruscha für sie ausbaute. Auf 60 qm entstand hier das "Krinzinger Lesehaus", in dem die Galeristin ihre riesige Sammlung an internationalen Kunstzeitschriften unterbringen möchte. "Ich hab leider so einen Sammelbetrieb. Meine Familie bedauert das sehr."

Kunstzeitschriften seien am Anfang ihrer Karriere ihre erste Informationsquelle gewesen, sagt sie. "Das hat mich weitergebracht." In Untermarkersdorf sind heute bereits rund 5.000 Magazine in 16 verschiedenen Sprachen untergebracht. Die Präsenzbibliothek ist für alle Interessierten zugänglich, der Schlüssel liegt im Ort auf. Und ein paar Mal im Jahr gibt es Veranstaltungen, die nicht unbedingt etwas mit Kunst zu tun haben müssen. Besonders gefragt seien etwa Lesungen von Robert Menasse oder Michael Köhlmeier gewesen, erzählt Krinzinger und freut sich: "Da kommen dann total andere Menschen als in die Galerie!"

(S E R V I C E - www.galerie-krinzinger.at)

Zusammenfassung
  • Ursula Krinzinger wird 85 Jahre alt, legt jedoch mehr Wert auf das 55-jährige Bestehen ihrer Galerie nächstes Jahr.
  • Die 1971 in Bregenz gegründete Galerie Krinzinger ist seit 1986 in Wien ansässig und international ausgerichtet.
  • Krinzinger engagiert sich seit 17 Jahren im Mittleren Osten und hat eine saudi-arabische Künstlerin unter Vertrag.
  • Ihr Sohn Thomas führt die Galerie weiter, während Ursula sich auf die Aufarbeitung der Sammlung und ein Residence-Programm konzentriert.
  • Die Galerie hat seit ihrer Gründung rund 650 Ausstellungen realisiert und verfügt über eine Bibliothek mit über 5.000 Kunstzeitschriften.