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Tragikomisch: Thomas Maurer las im Rabenhof Franz Kafka

Vielen kommt zumindest manches an Franz Kafkas Texten etwas komisch vor. Insofern rennt Kabarettist Thomas Maurer mit seinem Abend "Maurer.Kafka.Komisch", der am Mittwoch im Wiener Rabenhof Theater Premiere hatte, offene Türen ein. Komisch im Sinne von seltsam, ja. Aber lustig? Zumindest im zweiten Teil der zum Kafka-Jubiläumsjahr zusammengestellten Lesung gab es Momente schallenden Gelächters.

Verantwortlich dafür waren Kafkas (von Maurer stark gekürzte) Erzählung "Blumfeld, ein älterer Junggeselle", in dem der Titelheld die Anschaffung eines Hundes überlegt und zu Hause überraschenderweise von zwei ständig um ihn herumspringenden Bällen erwartet wird, und eine dichte Abfolge von 1920 aus Meran abgeschickten Briefen an seine Verlobte Milena Jesenska, in denen er quasi stündlich über seine Lust oder Unlust berichtet, seine Heimreise nach Prag über Wien zu nehmen und sie zu besuchen. Wie weit die groteske Komik, die sich in diesen Nachrichten entfaltet, vom Autor bewusst geschürt wurde oder sich durch ständige Gemütsschwankungen von selbst ergab, erschließt sich nicht, aber auch diesmal wird deutlich, was man schon immer wusste: Man hatte es wohl nicht leicht mit Kafka, und er selbst am allerwenigsten.

Thomas Maurer legt den Leseabend äußerlich extra dry an (und erlaubt sich nur zur Gliederung einer Passage von Kurztexten "special effects, die im Fachjargon Blackouts genannt werden") und legt seinen ganze Gestaltungswillen in der intonatorischen Differenzierung des Gelesenen. So werden Passagen wie der Besuch von Josef K. und seinem Onkel beim Advokaten Huld (aus "Der Prozess") zu Minidramen - ein etwas vordergründiges, doch bewährtes Mittel, um die komischen Anteile dieser düsteren Szenen herauszustreichen, das allerdings bei "Die Verwandlung" völlig deplatziert wirkte.

Der Abend, der von kurzen, pointierten Kommentaren Maurers gegliedert wird und Kafkas Werk und Leben gleichermaßen durchstreift, beginnt mit der sechszeiligen "Kleinen Fabel" über Katz und Maus ("Der einzige Text Kafkas, den ich kenne, der mit einer Pointe endet.") und schließt mit einer Beschreibung Kafkas, die Milena 1920 gegenüber dem gemeinsamen Freund Max Brod abgibt. Sie schneidet ins Herz, weil sie die Tragik einer Ausnahmeexistenz auf den Punkt bringt (und dabei überraschende Parallelen zu dem heute anlaufenden Film "Poor Things" offenbart): "Er ist absolut unfähig zu lügen, so wie er unfähig ist, sich zu betrinken. Er ist ohne die geringste Zuflucht, ohne Obdach. Darum ist er allem ausgesetzt, wovor wir geschützt sind. Er ist wie ein Nackter unter Angekleideten."

Schon am Samstag hat das Kafka-Jahr seine nächsten Höhepunkte: Im Akademietheater hat Lucia Bihlers Dramatisierung von "Die Verwandlung" Premiere, am Landestheater Niederösterreich kommt "Der Prozess" in der Regie von Jonathan Heidorn auf die Bühne. Und auch im Rabenhof wird man sich noch einmal Franz Kafka widmen: Sven Regener untersucht in einem Festivalmarathon von 6. bis 9. März an vier Abenden "Amerika", "Das Schloss", "Der Prozess" und "Die Verwandlung".

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

("Maurer.Kafka.Komisch". Nächste Termine im Wiener Rabenhof: 27.1., 24.2., 20 Uhr, www.rabenhof.at)

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  • Vielen kommt zumindest manches an Franz Kafkas Texten etwas komisch vor.
  • Insofern rennt Kabarettist Thomas Maurer mit seinem Abend "Maurer.Kafka.Komisch", der am Mittwoch im Wiener Rabenhof Theater Premiere hatte, offene Türen ein.