Salzburger Festspiele 2023 mit Kušej und Currentzis
"Wir haben entspanntere Zeiten erlebt bei den Festspielen", meinte Hinterhäuser und sah auch die Festspiele immer wieder Angriffen ausgesetzt. "Wir haben es manchmal nicht leicht gehabt und manchmal nicht gut gehabt. Sei's drum." Auch in "Figaro" "findet eine Vermessung der Welt statt, für mich ist es aber vor allem einmal ein politisch sehr interessantes Stück", sagte er und nannte die Oper (ebenso wie Lessings "Nathan der Weise", der im Schauspiel auf dem Programm steht) "Aufklärungstheater par excellence". Von Kušej habe er vor allem zwei außerordentliche Mozart-Aufführungen in Salzburg in Erinnerung, "Don Giovanni" und "La clemenza di Tito", so der Intendant, der auch auf den 38-jährigen französischen Dirigent Raphaël Pichon hinwies, der dabei die Wiener Philharmoniker leitet. Dieser stehe (so wie auch der 37-jährige Maxime Pascal, der Bohuslav Martinůs "Die griechische Passion" dirigiert, die von Simon Stone inszeniert wird) für einen Generationswechsel unter den Dirigenten.
Von Verdi kommen zwei Opern in Neuproduktionen: Krzysztof Warlikowski inszeniert "Macbeth", für Hinterhäuser eine "Unheilsoper", "ein kosmologisches Vakuum", "eine Oper, die eine Blutspur hinterlässt" und "existenzielle Fragen von Schuld und Sühne und Grausamkeit" stellt. Superstar Asmik Grigorian wird als Rollendebüt die Lady Macbeth singen. "Falstaff" sei ein "Manifest der Respektlosigkeit" und Christoph Marthaler "der musikalischste Regisseur, den man sich denken kann", so Hinterhäuser. Marthaler inszeniert gemeinsam mit Anna Viebrock. Zu der Übernahme von Glucks "Orfeo ed Euridice" - in der selten gespielten Parma-Fassung" von 1769 und in der Regie von Christof Loy - von den Salzburger Pfingstfestspielen kommen noch drei konzertante Opern. Eine davon, "The Indian Queen" von Henry Purcell, wird von Teodor Currentzis und seinem neuen Ensemble Utopia bestritten. Currentzis und Utopia sind mit Mozarts c-Moll-Messe auch im Konzertprogramm vertreten.
Die scheidende Schauspielchefin Bettina Hering (die kürzlich bereits die neue "Jedermann"-Besetzung rund um Michael Maertens und Valerie Pachner bekannt gab) hat für ihre letzte Saison "zwei Kollegen erneut eingeladen": Ulrich Rasche inszeniert Lessings "Nathan der Weise" auf der Perner-Insel mit Judith Engel als Nathan, Karin Henkel richtet Michael Hanekes Oscar-gekrönten Film "Amour" (u.a. mit André Jung) in einer Koproduktion mit den Münchner Kammerspielen erstmals für die Bühne ein. Die Gruppe Rimini Protokoll und das Zürcher Theater HORA bezieht für ihre Umsetzung von Brechts "Der kaukasische Kreidekreis" Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen mit ein und gibt dem Stück dadurch einen besonderen Blickwinkel. Der in Salzburg spielende Roman "Die Wut, die bleibt" der Halleinerin Mareike Fallwickl war eine der wichtigen Buch-Neuerscheinungen des zu Ende gehenden Jahres. Jorinde Dröse bringt die mit dem Selbstmord einer Mutter beginnende Geschichte um fehlende gemeinsame Verantwortung der Geschlechter in einer Koproduktion mit dem Schauspiel Hannover auf die Bühne des Landestheater. Und schließlich kündigte Hering mit "Into the Hairy" von Sharon Eyal und Gai Behar und ihrer L-E-V Dance Company "eine Tanzproduktion, die alle fesseln wird" an.
Unter den Plänen, die Konzertchef Florian Wiegand hervorhob, befand sich u.a. ein großer Schwerpunkt zum Komponisten György Ligeti, der 2023 seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Die Ouverture spirituelle trägt 2023 den Titel "Lux aeterna". Zum ersten Mal zu Gast bei den Festspielen ist neben Currentzis' neuem Orchester Utopia das Symphonieorchester Les Siecles, das ein Repertoire aus verschiedensten Epochen der Musikgeschichte mit den jeweils passenden historischen Instrumenten spielt. Erstmals wird Asmik Grigorian einen Liederabend gestalten. Neu ist auch das Format "Kleine Nachtmusiken", einstündige Konzerte zu später Stunde mit maximal 60 Besuchern, wie Wiegand ankündigte.
Die Salzburger Festspiele 2023 bieten von 20. Juli bis 31. August 179 Aufführungen in 43 Tagen an 15 Spielstätten sowie 34 Vorstellungen im Jugendprogramm "jung & jede*r". 212.341 Karten sind aufgelegt. Das Gesamtbudget 2023 beträgt laut den heutigen Angaben 67,03 Mio. Euro. Auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten wolle man dem Publikum erschwingliche Preise bieten, sagte der kaufmännische Direktor der Salzburger Festspiele, Lukas Crepaz. Deshalb habe man die Preise nur im obersten Segment angehoben, 50 Prozent der Karten kosten weiterhin zwischen fünf und 110 Euro, betonte Crepaz. Die teuersten Karten für Opern kommen auf 465 Euro.
Auf die Frage, was er im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit russischen Künstlern und Sponsoren im vergangenen Jahr gelernt habe, meinte Hinterhäuser: "Wir lernen ständig." Man werde weiterhin versuchen, den Fragen, die nicht leicht und schnell zu beantworten seien, die nötige Zeit zu widmen. Der Intendant sprach sich für eine "behutsame Form der Bewertung der Dinge" aus. An seiner Einschätzung zu Teodor Currentzis habe sich nichts geändert, er freue sich darauf, ihn mit seinem neuen Orchester in Salzburg zu erleben.
(S E R V I C E - www.salzburgerfestspiele.at)
Zusammenfassung
- Burgtheater-Direktor Martin Kušej kehrt mit Mozarts "Figaro" ebenso nach Salzburg zurück wie Regisseur Christoph Marthaler.
- Das Gesamtbudget 2023 beträgt laut den heutigen Angaben 67,03 Mio. Euro.