NÖ Landestheater mit Festspielen Reichenau? "Kein Thema!"
Das liest sich allerdings brisanter, als es offenbar ist. Es sei keine gemeinsame künstlerische Leitung in den Theatern der NÖKU-Gruppe angestrebt, versichert der Geschäftsführer der NÖ Kulturwirtschaft, Paul Gessl, auf Nachfrage der APA. "Wir wollen keine Verwässerung der vorhandenen künstlerischen Profile. Wir wollen nicht wie im Burgenland krampfhaft einen gemeinsamen Intendanten installieren." Gedacht ist vielmehr an eine verstärkte Zusammenarbeit, wie sie sich schon bisher etwa durch die Gastspiele von Sprechtheaterproduktionen aus St. Pölten in Baden, wo man sich in Eigenproduktionen dem Musiktheater widmet, bewährt hat. Diese Leiste soll künftig mit der Wiedereröffnung des derzeit in Renovierung befindlichen Stadttheaters Wiener Neustadt im Herbst 2024 noch verstärkt werden. Die Pläne dazu sind, inklusive der geplanten Kooperation mit dem Kremser "Kino im Kesselhaus" und den NÖ Tonkünstlern als Residenzorchester, allerdings bereits seit langem bekannt, worauf auch die künstlerische Leiterin des Landestheaters Niederösterreich, Marie Rötzer, im Gespräch mit der APA verweist.
Neu ist, dass die "mittelfristige Integration der Festspiele Reichenau", die seit September 2021 über die mit der Gemeinde gegründete "Theater Reichenau GmbH" auch Teil der NÖKU sind, in der kommenden Legislaturperiode erfolgen soll. Wie das zu verstehen ist, darüber gibt es unterschiedliche Interpretationen. "Das ist ein Fehler", der wohl in der Hektik der Schlussverhandlungen, bei denen die Arbeitsgruppenergebnisse zusammengeführt wurden, passiert sei, meint Rötzer. Das Wort "Fehler" will dagegen Gessl keinesfalls in den Mund nehmen. Doch auch er bestätigt, dass ein Zusammenwachsen der einzelnen Strukturen derzeit "kein Thema" sei. Es gehe vielmehr um zwei strategische Entwicklungslinien: Um die Stärkung der unterschiedlichen Kompetenzzentren in St. Pölten, Baden und Wiener Neustadt, sowie um die Weiterentwicklung und Profilierung der Festspiele Reichenau zu "einem der prägenden heimischen Festivals" mit vielen Eigenproduktionen. "Ob sich diese beiden Tangenten in der Zukunft einmal berühren werden, ist möglich, aber nicht die Prämisse."
Einigkeit herrscht jedoch in der Beurteilung des restlichen Regierungsabkommens. Die NÖKU-Gruppe mit ihren 15 Tochtergesellschaften und knapp über 40 künstlerischen und wissenschaftlichen Institutionen betonte in einer gemeinsamen Stellungnahme, "die berechtigten Sorgen und Ängste unserer Mitarbeiter:innen, unserer Künstler:innen, unserer Wissenschaftler:innen, unserer Geschäftspartner:innen und nicht zuletzt unserer Besucher:innen in Bezug auf das Regierungsübereinkommen mit der FPÖ und dessen Inhalte sehr ernst" zu nehmen. Teile des Arbeitsübereinkommens zwischen ÖVP und FPÖ stünden "im klaren Widerspruch" zu den eigenen Überzeugungen. Man teile "die diskriminierenden und wissenschaftsfeindlichen und von Expert:innen bereits in Frage gestellten Passagen des Regierungsabkommens in keiner Weise".
"Kunst und Kultur leben von Akzeptanz und Toleranz", sagt Gessl. "Da müssen wir sensibel sein." - "Wir sind achtsam und wachsam", steht auch die bis 2028 bestellte Landestheater-Intendantin zu 100 Prozent hinter der Erklärung. Seit ihrem Amtsantritt 2016 verfolge sie eine Linie, die von Weltoffenheit, Toleranz und Solidarität geprägt sei. "Unsere Haltung ist klar: Für soziale Gerechtigkeit, für Geschlechtergerechtigkeit. Gegen Diskriminierung und gegen Rassismus. Da gibt es kein Zurück."
Eine direkte persönliche Reaktion der für Kultur zuständigen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf die gemeinsam ausgedrückte Besorgnis habe es noch nicht gegeben, sagt Rötzer. "Ich freue mich aber auf den nächsten Austausch." Wie häufig hat sie eigentlich Kulturpolitiker des Koalitionspartners FPÖ schon in Landestheater-Vorstellungen begrüßen können? "Bisher hab ich sie noch nicht gesehen ..."
(S E R V I C E - https://www.noe.gv.at/noe/Arbeitsuebereinkommen_Webansicht.pdf)
Zusammenfassung
- Das Wort "Fehler" will dagegen Gessl keinesfalls in den Mund nehmen.
- "Kunst und Kultur leben von Akzeptanz und Toleranz", sagt Gessl.