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Neues Album des Fuzzman mit ernsten Themen

Wer Songs "Kein Glück", "Schrecken" oder "Am Überleben" nennt, ist wohl nicht gerade in Partystimmung. Zu finden sind diese Tracks auf "Willkommen im Nichts" - auch so ein Titel - von Fuzzman. Unter diesem Künstlernamen fertigt der Ex-Bassist der Indierocker Naked Lunch, der eigentlich Herwig Zamernik heißt, seit 2005 stildurchlässigen, herzerwärmenden Schlager ohne Heile-Welt-Gebrabbel, dafür immer mit Schalk im Nacken. Erstaunlich ernst geht es nun auf dem neuen Album zu.

"Happy Pepi ist es nicht, das stimmt schon", bestätigt Fuzzman im APA-Interview. Das erneut mit den Singin' Rebels - inzwischen seine Stammcombo - im eigenen Studio "Fuzzroom" in Wien-Neubau eingespielte und auf dem eigenen, gemeinsam mit Wanda-Entdecker Stefan Redelsteiner betriebenen Label Lotterlabel veröffentlichte Material sei in einer "Phase der Nachdenklichkeit" entstanden, in der sich "eine gewisse Leere" aufgetan habe.

Mit Nihilismus, der Corona-Pandemie oder gar einer Midlifecrisis habe das aber nichts zu tun, versichert der 50-Jährige. Aber: "Meine Mutter ist gestorben, mein Jüngster ist ausgezogen und rund herum ist lauter gequirlte Scheiße", fasst der Musiker die vorherrschende Gemütslage zusammen, um gleichzeitig zu betonen: "Aber ich bin nicht depressiv."

Jedenfalls kommt "Willkommen im Nichts" merkbar schwermütiger und nachdenklicher daher als etwa der vor zwei Jahren erschienene Vorgänger "Endlich Vernunft", auch wenn sich dort mit "Lafn und Lochn" ein unglaublich zartes wie berührendes Abschiedslied für seine verstorbene Mutter findet. In den einmal mehr harmonieverliebten neuen Songs geht es viel darum, dass etwas zu Ende geht.

Fuzzman singt über zerbrochene Freundschaften, gescheiterte Liebe oder das Loslassen von den eigenen Kindern. Das von Pianoklängen getragene "Schrecken" lässt auf einen sehr persönlichen Hintergrund schließen. "Hat es auch, aber es soll verschlüsselt bleiben", will der Sänger nicht näher darauf eingehen. "Gerade wenn man solche Texte erklärt, geht viel verloren. Es geht in der Musik ja auch darum, dass man Bilder hinstellt und jeder, der das hört, kann damit verbinden, was er meint."

Fuzzman schafft es, emotional zu berühren, ohne kitschig zu werden. Wie geht das? "Ich bin Schlagersänger, ich darf kitschig sein", feixt er. Lieber ist ihm freilich, wenn er das vermeiden kann: "Da muss man sich auf sein eigenes Regulativ verlassen, dass man die Grenze nicht überschreitet." Manchmal könne es aber schon passieren, dass man sich im Rückblick denke, etwas dick aufgetragen zu haben. "In dem Moment, wo man kitschig ist, ist es wie beim Verlieben. Da ist man auch völlig daneben und checkt's nicht, und Jahre später, wenn man sich trennt, fragt man sich, warum man damals so deppert war."

Mit der Bezeichnung Schlagersänger hat Fuzzman übrigens kein Problem - mit der Verunglimpfung des Genres seitens des "hehren Indie-Volks" allerdings schon. "Diese Engstirnigkeit und die elitäre Haltung der Indie-Rocker - davon habe ich mich schon länger abgekapselt. Es gibt irrsinnig guten Schlager. Und das Schöne am Schlager ist schon diese Ironiebefreitheit, was ja sonst nur dem Metal oder dem Grindcore innewohnt. Das sind die zwei Musiken, die sich selbst so gar nicht infrage stellen." Außerdem sei am Schlager "schon cool, dass man zum siebenmilliardsten Mal über die Liebe singt. Ich finde, das kann man schon machen. Beschäftigt einen ja." Erklären für seine Schlageraffinität will er sich nicht (mehr). "Von denen, denen ich was erklären müsste, grenze ich mich eh ab."

Um Distanzierung geht es auch in Songs wie "Die letzten Idioten" oder "Die Verworrenen". Gegen einen gewissen Menschenschlag will er die Texte aber nicht gerichtet wissen. "Das einfachste wäre zu sagen: Nazis sind Idioten. Aber es gibt in jeder politischen Ausrichtung, in jeder Clique, Idioten, von denen man sich abgrenzen muss." Es gebe beispielsweise "große Denker, die kleinbürgerlich leben". Blödheit sei vielleicht der gemeinsame Nenner, gegen den sich Fuzzman verwehrt. Hat sich sein diesbezügliches Urteil im Laufe des Älterwerdens verschoben? "Auf der einen Seite werde ich härter, weil ich ganz klare Linien ziehe, und auf der anderen Seite öffnet sich's auch, weil man Menschen zugesteht, dass sie sich verrennen und man sie trotzdem nicht gleich ablehnt."

Zwiespältig ist auch die Beziehung des Wahl-Wieners zu seinem Herkunftsbundesland Kärnten, an dem er sich - einmal mehr - im Track "Mein Südland" abarbeitet. Musikalisch zum Mitschunkeln einladend, spielt Fuzzman mit dem Text des Kärntner Heimatliedes, in dem "Mannesmut und Frauentreu" hochgehalten werden und "wo man mit Blut die Grenze schrieb". "Solchen Unsinn muss man einmal schreiben, als etwas Positives verkaufen", sagt er - zumal die vierte Strophe, die in seiner Version paraphrasiert wird, aus der Feder einer "Nazi-Braut" stamme. Zugleich verbinde er mit Kärnten auch etwas "Warmes und Herzliches", was "gewisse Menschen oder vertraute Gegenden" betrifft. Obwohl es im Lied auch um das Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit geht, sei er damals aus Kärnten nicht geflohen, sondern wegen der Liebe nach Wien gezogen, sagt Fuzzman. Die am Freitag in Linz startende Tour führt ihn neben u.a. Innsbruck, Graz, Salzburg und Wien jedenfalls auch nach Klagenfurt.

Bei aller Nachdenklichkeit bleibt freilich auch auf "Willkommen im Nichts" Zeit für Schelmereien. So hat es auch ein Cover unter die elf Nummern geschafft - und zwar ausgerechnet "You Suffer" von Napalm Death, das mit gut einer Sekunde als kürzestes, je aufgenommenes Lied weltweit gilt. Die Sache war ein Familienprojekt. "Ich mache mit meinen drei Söhnen nicht nur Bergwanderungen, sondern wir gehen auch auf Konzerte", erzählt der Musiker den Hintergrund. "Wir waren in der Arena beim Napalm Death-Konzert, eines der schönsten Konzerte, die ich seit Ewigkeiten gesehen habe. Da war ich mittendrin im Albummachen und habe mir gedacht: Ich hätte gerne, dass meine Buben 'You Suffer' nachspielen." So kam's denn auch. "Das war das letzte Lied, das für das Album eingespielt wurde. Es war sehr feierlich." Nur zwei Takes wurden gemacht - "der erste war's".

(Das Gespräch führte Thomas Rieder/APA)

(S E R V I C E - https://www.facebook.com/www.fuzzman.fm/?locale=de_DE)

ribbon Zusammenfassung
  • Wer Songs "Kein Glück", "Schrecken" oder "Am Überleben" nennt, ist wohl nicht gerade in Partystimmung.
  • Zu finden sind diese Tracks auf "Willkommen im Nichts" - auch so ein Titel - von Fuzzman.
  • "Happy Pepi ist es nicht, das stimmt schon", bestätigt Fuzzman im APA-Interview.
  • Obwohl es im Lied auch um das Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit geht, sei er damals aus Kärnten nicht geflohen, sondern wegen der Liebe nach Wien gezogen, sagt Fuzzman.