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Neuer Wanda-Song "wie eine Art Kapelle"

Mit Musik lässt sich viel ausdrücken: Freude, Zuversicht oder Liebe, aber eben auch Trauer, Wut und Schmerz. Für die Wiener Band Wanda ist der am heutigen Freitag erscheinende Song "Bei niemand anders" der Versuch, eine äußerst schwierige Zeit in Worte und Klänge zu fassen. Vergangenen September starb Keyboarder Christian Hummer, Sänger Marco Wanda hat zudem seinen Vater verloren. "Es war einfach nur noch eine Notwendigkeit, das zu machen", bekräftigte er.

Denn natürlich gibt es nicht nur dieses Stück - eine Mut machende Klavierballade, zu der die Gruppe in den Bergen Georgiens ein Video gedreht hat -, sondern ein ganzes Album, das nächsten Sommer erscheinen soll. "Ich wollte eigentlich überhaupt keine Platte schreiben, aber die Not der Situation, die Tragik und die damit verbundenen, sehr schwer zu ordnenden Gefühle haben mich ans Klavier gezwungen", sagte Wanda im APA-Interview. "Dieser Prozess ist mir aber fast nicht mehr erinnerlich. Das ist einfach passiert über Wochen und Monate. Es hat relativ knapp nach Christians Tod begonnen und zur selben Zeit wurde auch mein Vater leider sehr, sehr krank."

In dieser Phase hätten sich "die Themen irgendwie von selbst gefunden, wie man sich vorstellen kann. So wenig konzeptionell diese Platte ist, so sehr ist sie therapeutisch. Es war einfach nur noch eine Notwendigkeit, das zu machen", erklärte er. "Das war einer der vielen Äste, an denen ich mich und wir uns als Band in diesen Monaten festhalten konnten." Ob dabei zu Persönliches zu Tage tritt, um es mit dem Publikum zu teilen? "Als Künstler haben wir schon vor zehn Jahren einen Pakt mit der Öffentlichkeit unterschrieben. Wir stellen ihr schon seit dieser Zeit zutiefst persönliche Inhalte vor und hoffen, dass sie entscheidet, was sie davon gebrauchen kann." Wanda hofft, dass die neuen Songs tröstend wirken "bei Schwierigkeiten, Krisen, vielleicht auch Verlusten".

Zurück zu "Bei niemand anders": Ist ihm die Entstehung seiner Songs im Nachhinein oft ein Rätsel, kann er sich diesmal an alles erinnern. "Ich habe das Lied am 3. Jänner dieses Jahres geschrieben, nach einem katastrophalen Silvester, das ich zu meinem ewigen Bedauern ohne meinen Vater verbracht habe. Mir war da schon klar, dass ich ihn verlieren werde, und ich wollte, so egoistisch das sein mag, nicht noch etwas Schönes mit ihm verbinden, das ich dann endgültig verliere." So habe er alleine gefeiert und "den Countdown runtergeheult ins nächste Jahr". Danach sei er in ein Loch gefallen, bis es ihn gepackt habe und er sich ans Klavier gesetzt hat.

"Vieles in diesem Lied wollte ich Christian sagen und konnte es nicht - zu seinen Lebzeiten nicht, und jetzt sowieso nicht mehr. Und vieles davon wollte ich meinem Vater sagen." Ihm habe er auch noch eine Demoversion vorspielen können. "Er hat gesagt: 'Gratuliere. Das ist ein Lied, in dem ich mich, aber auch viele andere Menschen sich aufgehoben fühlen werden.' Das fand ich sehr schön", erzählte Wanda. "So habe ich den Song auch geschrieben. Ich wollte einen Ort schaffen, an dem man sich mit seiner eigenen Trauer auseinandersetzen kann - weit über mich, meinen Vater oder Christian hinaus. Der Song ist wie eine Art Kapelle, die sich jeder zu eigen machen kann."

Die Zeit im Studio konnten Wanda, Manuel Poppe (Gitarre) und Ray Weber (Bass) trotz allem genießen. "So schlecht es uns persönlich ging, so viel Spaß hatten wir am Musikmachen. Das war in den ganzen Monaten der einzige Lichtblick für uns." Dabei kommt er wieder auf den therapeutischen Aspekt zu sprechen, den auch Produzent Zebo Adam gefördert habe. "Er hat von Anfang an diese Verantwortung gespürt und uns erklärt, er will nur einen Rahmen schaffen, in dem wir geschützt sind und uns austauschen können über das, was passiert ist und gerade passiert." So habe man nur 5 Prozent der Zeit aufgenommen und 95 Prozent der Zeit geredet.

Was aber, wenn man in einer solchen Situation als Musiker einfach funktionieren muss, etwa bei den vielen Liveterminen, die Wanda zuletzt gespielt haben? "Für mich war das nur noch ein Wüten", lachte der Sänger. "Das waren sehr intensive, sehr heftige Shows. Ich habe mir einfach geholt, was ich wollte von dem Ganzen. Und das kann ich auch nur jedem Menschen, der verarbeitet oder trauert, raten. Ich habe weitestgehend auf die Erwartungen des Publikums geschissen. Interessanterweise kam ihnen das total entgegen", meinte er verschmitzt. "Weil: Die scheißen ja auch auf meine Erwartungen." Das gemeinsame Erleben von Musik habe mittlerweile jedenfalls einen höheren Stellenwert.

Vor Weihnachten spielt die Band noch einen Gig in der Wiener Stadthalle, die ersten Termine für 2024 wurden auch bereits fixiert und an der Platte werden noch letzte Handgriffe getan. Was aber erwartet er vom neuen Jahr? "Es ist wieder ein sich Ducken und schauen, ob man damit durchkommt", lachte Marco Wanda. "Ein klassisches Augen-zu-und-duch. In gewisser Weise ist dieses Album ein Neustart. Nach allem, was passiert ist: Es ist eine andere Band. Sie heißt Wanda, wird immer Wanda sein und wird immer für dasselbe stehen. Aber für uns ist es natürlich eine Neugeburt, eine völlig neue Erfahrung. Ich bin einfach gespannt, was jetzt passiert und was das dann für unser Leben heißt."

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - Weitere Infos zur neuen Single und sämtliche Liveterminen unter www.wandamusik.com)

ribbon Zusammenfassung
  • Für die Wiener Band Wanda ist der am heutigen Freitag erscheinende Song "Bei niemand anders" der Versuch, eine äußerst schwierige Zeit in Worte und Klänge zu fassen.
  • Vergangenen September starb Keyboarder Christian Hummer, Sänger Marco Wanda hat zudem seinen Vater verloren.
  • So habe er alleine gefeiert und "den Countdown runtergeheult ins nächste Jahr".
  • "Es ist wieder ein sich Ducken und schauen, ob man damit durchkommt", lachte Marco Wanda.