Museumsquartier legt ersten Klimabericht vor
Der erste Eindruck: gestalterisch ansprechend, inhaltlich wenig aussagekräftig. So wie die 30-seitige bunte Broschüre, die das Kulturareal in einer Auflage von 200 Stück auf Recyclingpapier gedruckt hat, werden wohl viele jener Nachhaltigkeitsberichte aussehen, zu denen die EU künftig alle größeren Unternehmen verpflichtet: 2024 betrifft das nur rund 80 Großunternehmen in Österreich, börsennotierte kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) folgen im Geschäftsjahr 2026. Sie müssen nicht extra publiziert werden und können auch nur Teil des Geschäftsberichts sein. Das Museumsquartier möchte aber bewusst eine Vorreiterrolle spielen: "Der Bericht ist wichtig für unsere Eigentümer und Stakeholder, aber auch für unsere Kooperationspartner und unsere Besucherinnen und Besucher. Er zeigt unsere Vision, unsere Zielrichtung für die Zukunft", sagt MQ-Geschäftsführerin Bettina Leidl.
Leidl hatte sich schon als Leiterin des Kunst Haus Wien ganz den grünen Themen verschrieben, und auch dem Museumsquartier, das sie seit Februar 2022 leitet, hat sie einen Nachhaltigkeitskurs verordnet. "MQ goes Green" steht auch auf den Tafeln, die erläutern, welche Pflanzen im Areal ihre probeweise Heimat in großen Ballen auf Holzpaletten gefunden haben - von der Taglilie bis zur Silberlinde. "Das sind alles klimafitte Pflanzen, die hier später auch eingesetzt werden sollen", sagt Leidl und berichtet im Gespräch mit der APA über "extrem gute Resonanz" bei den Besucherinnen und Besuchern. Vorerst schwitzen sie aber.
Wie hoch die Temperaturen im Areal an jenen Tagen steigen, an denen offiziell für Wien über 30 Grad ausgewiesen wird (32 Tage waren es im vergangenen Jahr), wird in einem Projekt gemeinsam mit der Boku Wien und der TU Wien erst erhoben. "Dabei sollen Hitzepoints im Quartier festgestellt und Referenzdaten für später erhoben werden", berichtet die MQ-Chefin, die bei der Vorstellung den Begrünungsmaßnahmen vor einem Jahr gehofft hatte, es werde damit gelingen, die Temperatur um 7 bis 10 Grad zu senken.
Wirklich großflächig wird das Areal aber nicht vor 2026 entsiegelt werden. Für die Umsetzung des Schwammstadt-Prinzips seien noch einige technische Dinge zu klären. Während das MQ fast zur Gänze an die Fernwärme angeschlossen ist, ist der Anschluss an das Fernkältenetz immerhin schon vor der Haustüre. "Das ist das einzig Gute am unterbrochenen 'Lamarr'-Kaufhausprojekt", so Leidl.
5.134 der 22.016 Quadratmeter Hoffläche seien bereits begrünt, heißt es im "Klimabericht 2023", der 151 Bäume, 49 mobile Bäume sowie 1.900 mobile Sträucher und Gräser ausweist. Am Ende sollen rund 30 Prozent des Areals begrünt werden. Klingt nicht viel. Ist aber das Maximum der Möglichkeiten, beteuert Leidl: "Burggarten-Flair wird es hier nicht geben. Das ist aber auch nicht das Ziel. Das Museumsquartier ist ein urbanes Areal und kein Park." Deswegen müsse auf zwei Dinge Rücksicht genommen werden: die unterschiedliche Nutzung des Areals, das zuletzt beim Sommerfest 4.000 Menschen anzog, und die Anfahrtswege für Einsatzfahrzeuge und Anlieferungen. "Das alles auszuprobieren, auch dafür ist die mobile Begrünung ideal!"
Viele weitere Themen hat sich Leidl vorgenommen - von den Wasserkreisläufen (auch im MQ darf das Dachwasser nicht genutzt werden) bis zur Mülltrennung. Hier ist das MQ nämlich Nachzügler statt Vorreiter. Getrennte Sammelsysteme wie in den Institutionen und Gastronomie-Betrieben kommen erst im September ins öffentliche Areal. Und rechtzeitig zur Einführung des Pfandsystem für Einweg-Getränkeverpackungen mit Jahreswechsel will man auch Kooperationen mit NGOs wie der Caritas vorstellen, bei denen man die 25 Cent Pfand auf seine PET-Flasche oder Alu-Dose spenden kann.
2030 will das Museumsquartier Klimaneutralität erreichen. "Wenn ich nicht in meinen ureigenen Bereich versuche, etwas zu bewirken, wie kann ich das dann im Großen einfordern? Die Haltung, die ich vermittle, ist wichtig. Deshalb engagiere ich mich mit ganzem Herzen." Deshalb spricht Leidl am 27. Juli auch bei einem Symposium im Museum der Moderne Salzburg über "Curatorial Tipping Points". Beim "Green Curating" gehe es etwa darum, aufwändige Transporte zu minimieren, aber auch die "Klimakorridore", nämlich jenen Temperaturbereich, in dem sich Kunstwerke permanent zu befinden hätten, vorsichtig zu öffnen. Die Umgebungstemperatur eines Kunstwerks ständig zwischen 19 und 21 Grad zu halten, "braucht nämlich irre Energie!"
(S E R V I C E - www.mqw.at)
Zusammenfassung
- Das Museumsquartier Wien hat seinen ersten Klimabericht veröffentlicht, der auf 30 Seiten umfassend über die Nachhaltigkeitsmaßnahmen informiert.
- Bereits 5.134 von 22.016 Quadratmetern Hoffläche sind begrünt, wobei insgesamt 151 Bäume, 49 mobile Bäume sowie 1.900 mobile Sträucher und Gräser eingesetzt wurden.
- Bis 2030 strebt das Museumsquartier Klimaneutralität an und plant, 30 Prozent des Areals zu begrünen.
- Die Temperaturen im Areal sollen in Zusammenarbeit mit der Boku Wien und der TU Wien gemessen werden, um Hitzepunkte zu identifizieren.
- Getrennte Müllsammelsysteme werden ab September eingeführt, und es sind Kooperationen mit NGOs geplant, um Pfandspenden zu ermöglichen.