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LH Drexler fragt bei Kunasek nach "Wolf im Schafspelz"

Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler will bei der Landtagswahl den ersten Platz der ÖVP verteidigen und hat ein Duell mit der FPÖ und deren Chef Mario Kunasek ausgerufen. Der Landeschef ließ zuletzt schärfere Töne zur illegalen Migration hören, als gemäßigten Blauen sehe ihn die Bevölkerung aber wohl nicht, sagte er im APA-Interview. Mit seinem "Duellanten" komme er persönlich gut aus, aber es sei die Frage, inwieweit auch Kunasek "ein Wolf im Schafspelz" sei.

Die im Wahlkampf von der ÖVP gewählten Themen Sicherheit - gekoppelt mit Migration und Integration - sowie Leistung seien "urtypische Themen" der ÖVP: "Ich glaube, dass gerade das Thema 'Leistung muss sich lohnen' von entscheidender Bedeutung ist. Das Sicherheitsthema ist deswegen so wichtig, weil Sicherheit die Basis eines gelingenden gesellschaftlichen Zusammenlebens ist. Und Sicherheit hat in unseren Tagen auch viel mit illegaler Migration und Integration zu tun. Hier vernünftige Positionen zu beziehen, halte ich für selbstverständlich, denn ich möchte jene 85 bis 90 Prozent der Menschen in diesem Land, die sich Sorgen im Zusammenhang mit Migration, mit Verlustängsten kultureller Identität oder Ähnlichem haben, nicht den Freiheitlichen überlassen." Die ÖVP biete der Wählerschaft vernünftige Positionen beim Thema Migration, "ohne Verschwörungserzählungen mitkaufen zu müssen oder Putin um den Hals zu fallen".

Mit Kunasek habe Drexler einen "respektvollen Umgang im Landtag". Dass gegen den blauen Parteichef von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt wird, störte Drexler bisher nicht: "Das ist ein Faktum, aber ich werde die zivilisatorische Errungenschaft der Unschuldsvermutung immer verteidigen, auch bei Mario Kunasek. Ich hätte mir aber gewünscht, dass die Staatsanwaltschaft in Klagenfurt zügiger vorgeht, weil es wäre für die Steirerinnen und Steirer erfreulich gewesen, wenn man mehr über diese Verdachtsmomente gewusst hätte, als man jetzt weiß. Man tappt im Dunkeln."

Ein weiterhin großes Thema des Wahlkampfes war bisher das geplante Leitspital im Bezirk Liezen. Die ÖVP plant dieses gemeinsam mit dem aktuellen Koalitionspartner SPÖ und will dafür drei andere Krankenhausstandorte schließen. Müsste die ÖVP sich nach der Wahl mit der FPÖ auf eine Zusammenarbeit einigen, wäre das Leitspital wohl ein Thema, bei dem sich die beiden Parteien schwer auf einen Konsens einigen könnten. Drexler unterstrich den Bau des neuen Krankenhauses als eine Koalitionsbedingung: "Das Leitspital in Stainach-Pürgg ist eine kluge Entscheidung. Ein Projekt, das weit fortgeschritten ist. Ein Projekt, das die Gesundheitsversorgung im Bezirk Liezen maßgeblich verbessern wird, nicht zuletzt deswegen, weil ja auch an den bisherigen Standortgemeinden eine exzellente Gesundheitsversorgung aufrecht bleiben wird. Insofern ist dieses Projekt für mich nicht verhandelbar."

Umfragen deuten darauf hin, dass das Rennen um den ersten Platz im Land eng wird. Drexler sprach von einem "head to head": "Es steht Spitz auf Knopf. Ich glaube, dass wir tatsächlich in der Steiermark ein Duell oder einen Wettkampf, um Platz eins sehen und ich werde in den nächsten Wochen alles unternehmen, dass wir am Ende als Nummer eins durchs Ziel gehen und wenn es nur um einen Nasenspitzerl und ein paar Stimmen ist, aber das ist das Ziel." Dass die ÖVP wohl an Stimmen verlieren wird, davon sei auszugehen: "Ich bin ja Realist. Wenn ich mir alle Wahlergebnisse der letzten zwei Jahre anschaue, ist davon auszugehen, dass wir unser Wahlergebnis von 2019 nicht halten können. 2019 war ein völlig anderes politisches Umfeld, Sebastian Kurz am Höhepunkt seines Schaffens und seiner Wirkungsentfaltung. Seither sind fünf Jahre vergangen, die zu den bewegtesten fünf Jahren der Zweiten Republik gehören. Also jeder wäre ein Tor, der die politische Situation 2024 mit 2019 gleichsetzen würde."

Drexler bekräftigte trotz aller zu erwartenden Verluste, die Koalition mit der SPÖ fortsetzen zu wollen: "Ich gehe auch davon aus, dass diese Konstellation eine Mehrheit im steiermärkischen Landtag haben wird." Ansonsten sei er zurückhaltend, was Spekulationen betrifft. Ob er im Fall, dass es sich nicht mehr ausgeht, lieber einen dritten Partner mit der SPÖ an Bord holt oder eine Zweierkoalition mit der FPÖ anstreben würde, ließ Drexler offen. "Bevor wir dorthin kommen, ist eine Richtungsentscheidung in der Steiermark zu fällen. Und die Richtungsentscheidung heißt: Wer wird Nummer eins? Die steirische Volkspartei oder die Freiheitlichen? Gibt es weiterhin den Weg der Zusammenarbeit oder Experimente unter blauer Führung?"

Erst am Montag wurde der Intensivwahlkampf in der Grazer Messe vor mehr als 1.000 Parteimitgliedern eingeläutet. Bundesparteichef Karl Nehammer war allerdings nicht dabei. Auf die Frage, ob es Verstimmungen mit dem Bundesobmann gebe, sagte Drexler: "Es gibt überhaupt keine Verstimmungen mit Karl Nehammer. Ich denke, der wird wohl in potenziellen Regierungsbildungsgesprächen gefangen gewesen sein. Insofern wollten wir ihn auch gar nicht über Gebühr belasten." Eingeladen habe man daher vorrangig steirische Unterstützerinnen und Unterstützer. Eine bundesweite Einladung gab es nicht. "Die Ausnahme war Gust Wöginger", der gemeinsam mit Schauspieler August Schmölzer einen humorvollen Dialog in die "Arena" brachte.

Im Vorjahr hatte Drexler in einem APA-Interview gesagt, dass er für den Fall des Verlusts des Landeshauptmannsessels keinen Plan B habe. Das habe sich seither nicht geändert: "Ich konzentriere mich auch in den nächsten Tagen darauf, Erster zu werden. Und ich würde sehr, sehr gerne weitere fünf Jahre als Landeshauptmann den Steirerinnen und Steirern dienen." Angesprochen auf seine damalige Aussage, nicht als Landeshauptmannstellvertreter eine weitere Legislaturperiode zu bestreiten, sagte Drexler: "Umfragen ändern meine Meinungen selten und mein Ziel ist es, als Erster durchs Ziel zu gehen und Landeshauptmann der Steiermark zu bleiben. Man würde auch einen Olympiateilnehmer, der auf Gold spekuliert, nicht fragen, ob er bereit wäre, die Silbermedaille anzunehmen." Eine konkrete Antwort, ob er auch den Landeshauptmann-Stellvertretersessel annehmen würde, blieb Drexler schuldig.

In der Vorwoche kündigte Drexler an, dass er bei einer künftigen schwarz-geführten Regierung das Arbeits- und Wirtschaftsressort zusammenführen will. Eine Koalitionsbedingung sei das nicht, denn vor Regierungsverhandlungen will er "möglichst wenig rote Linien ziehen", aber es sei eine Überlegung, "die außerordentlich zeitgemäß ist. Wir sind in fordernden wirtschaftlichen Zeiten. Arbeit und Wirtschaft gehören zusammen. Aktive Arbeitsmarktpolitik kann kein untergeordneter Arm der Sozialpolitik sein."

Drexler hat in den vergangenen Monaten bei aller Präferenz für die SPÖ auch eine Koalition mit der FPÖ nicht ausgeschlossen, sehr wohl aber mit der KPÖ. Da sei man inhaltlich zu weit auseinander. Auf die Frage, ob die ÖVP mit den Grünen im Land könnte, sagte er: "Ich glaube eine Koalition mit den Grünen wird sich rechnerisch nicht ausgehen. Insofern ist es eine sehr akademische Fragestellung." Außerdem sehe er bei wichtigen Infrastrukturthemen - Stichwort dreispuriger Ausbau der Pyhrnautobahn (A9) - "große Diskrepanz" mit den Grünen: Eine schwarz-grüne Koalition sei für ihn daher "eher unmöglich". Auch beim Leitspital Liezen würde man sich wohl schwer einigen.

Auf die Frage, ob er glaubt, den Auftrag seines Vorgängers Hermann Schützenhöfer, nämlich an der Beliebtheit zu arbeiten, erfüllt zu haben, sagte Drexler knapp: "Absolut." Den 24. November deutet der Landeshauptmann übrigens als "gutes Omen", denn auch vor fünf Jahren wurde am 24. November gewählt und damals holte Schützenhöfer eindrucksvoll mit einem Plus von 7,6 Prozentpunkten 36,05 Prozent und den ersten Platz. Wäre das Leben ein Wunschkonzert, würde sich Drexler daher in zwei Wochen das gleiche Ergebnis wie 2019 wünschen.

(Das Interview führte Ingrid Kornberger/APA)

ribbon Zusammenfassung
  • Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler strebt an, bei der kommenden Landtagswahl den ersten Platz der ÖVP zu verteidigen und hat ein Duell mit FPÖ-Chef Mario Kunasek ausgerufen.
  • Im Wahlkampf setzt die ÖVP auf die Themen Sicherheit und Migration, um die Sorgen von 85 bis 90 Prozent der Bevölkerung anzusprechen.
  • Das geplante Leitspital im Bezirk Liezen ist ein zentrales Projekt der ÖVP, das bei möglichen Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ zum Streitpunkt werden könnte.
  • Drexler plant die Zusammenführung des Arbeits- und Wirtschaftsressorts, sieht dies aber nicht als unverzichtbare Koalitionsbedingung.
  • Die Landtagswahl findet am 24. November statt, einem Datum, das Drexler als gutes Omen betrachtet, da die ÖVP 2019 an diesem Tag 36,05 Prozent erreichte.