MQ Freiraum zeigt Arbeiten des Naturvermittlers de vries
Den großen Teil einer Wand im Raum nehmen gerahmte 66 "erdaufreibungen" ein. Seit 1976 sammelt de vries, der die Kleinschreibung als Beitrag zur Enthierarchisierung pflegt, Erdproben aus aller Welt. In einem Museum in Frankreich bewahrt er mehr als 8.000 davon auf. 1983 begann er, zerstoßene Erdproben mit Fingern auf Papier zu reiben. "Das ist keine Malerei, sondern eine Dokumentation", sagte Verena Kaspar-Eisert, die mit Cees de Boer die Präsentation kuratierte, bei einem Medientermin am Dienstag.
de vries' Arbeiten laden dazu ein, "die Welt mit anderen Augen zu sehen", betonte MQ-Direktorin Bettina Leidl. "Seine Werke entstehen aus der Natur selbst." Es gehe nicht um Symbolik oder Interpretation, vielmehr zeigt der mittlerweile 93-Jährige, "wie die Natur ist" und "macht uns die Verbundenheit mit der Natur wieder bewusst". Seine Arbeiten sind auch "körperlich sinnliche Erfahrungen", erläuterte de Boer. So lässt eine Duftinstallation, bestehend aus 108 Pfund (rund 49 Kilo) roter, stark duftender, in einem Kreis auf dem Boden angeordneter Rosen Wirklichkeit erfahren. Kaspar-Eisert: "108 ist eine kosmologische Zahl, die de vries immer wieder verwendet."
Seit den 50er-Jahren leiten sich de vries' künstlerische Aktivitäten nicht nur aus einer tiefen Liebe zur Natur ab, sondern auch aus seiner Tätigkeit als Gärtner, Landarbeiter und Assistent für ökologische Forschung. Um 1967/68 entschloss er sich, Vollzeitkünstler zu sein, erzählte der Kurator. Seine Arbeiten sind u.a. im MOMA in New York und im Victoria and Albert Museum in London zu sehen. 2015 vertrat der in Alkmaar geborene, in Unterfranken lebende de vries sein Heimatland bei der Biennale.
Zwei Videoarbeiten über Erinnerungsnarrative
Parallel zu "all this" werden zwei Videoarbeiten von Huda Takriti gezeigt. Die in Syrien geborene und seit 2016 in Wien lebende Künstlerin hinterfragt und kontextualisiert mittels Einsatz von Archivmaterialien, gefundenen Objekten und persönlichen Erzählungen historische und gesellschaftliche Narrative neu. In "Clarity is the Closest Wound to the Sun" setzt sie sich mit der Konstruktion von Erinnerungsnarrativen am Beispiel des Algerienkonflikts auseinander, in "Anatomy of an Endless Scene" reflektiert sie die Verbindung zwischen Archiven, Ruinen und der Inszenierung von Geschichte, wie es bei dem Pressetermin hieß.
(S E R V I C E - "all this - herman de vries" und "Anatomy of an Endless Scene - Huda Takriti" im MQ Freiraum, 19.3.-10.8., Dienstag-Sonntag 10-18 Uhr, Publikation zur Ausstellung de vries, 18 Euro, ISBN 978-3-9505542-4-3; www.mqw.at/mqfreiraum)
Zusammenfassung
- Im MQ Freiraum in Wien zeigt die Ausstellung 'all this' Arbeiten von herman de vries, der Naturfundstücke wie Steine und Äste zu Installationen kombiniert.
- Ein Highlight sind die 66 'erdaufreibungen', die de vries aus über 8.000 gesammelten Erdproben erstellt hat.
- Eine Duftinstallation mit 108 Pfund Rosen lädt die Besucher ein, die Natur sinnlich zu erleben.