Metalband Dieth ist "eigentlich eine Anomalie"
Man wusste einander zu schätzen, aber eigentlich kannte man sich gar nicht so richtig, als das Abenteuer Dieth seinen Lauf genommen hat: "Wir waren wie drei Fremde auf einen Campingtrip", schildert Ellefson weiter launig. "Oder besser: Wie drei Fremde auf einem Jagdausflug - keiner weiß, was passiert, man hofft, dass man nicht aufeinander schießt. Es fühlte sich wie 'machen oder sterben' an, als wären wir Teilnehmer einer Survival-TV-Show. Die erste Runde haben wir schon mal überstanden", grinst der Musiker.
Der langjährige Mitstreiter von Dave Mustaine bei Megadeth mag manchmal in bildstarken Metaphern sprechen, bleibt aber beim Gespräch ernsthaft, wenn es um die Musik und die Arbeit von Dieth geht. "Es kam alles sehr organisch zusammen", so der 58-Jährige. "Das ist kein zusammengezimmertes Studioalbum, sondern kommt aus dem Herzen."
Angesichts der Vorgeschichte der Protagonisten waren Einflüsse aus Thrash- und Death-Metal zu erwarten, das Trio überrascht daneben mit Blues-Anleihen, eingängigen Refrains und einer Ballade. "Mein Zugang war: Was immer man auf unserem Debüt hört, definiert das, was auf den nächsten Alben möglich sein kann", betont Ellefson via Zoom. "Ich bin froh, dass wir eine so große Bandbreite zugelassen haben."
Die Reaktionen bisher seien positiv: "Die Leute kennen uns zwar von früheren Bands, aber wir haben mit Dieth unseren eigenen Sound gefunden - gar nicht so leicht, wenn man so lange dabei ist und mit einem bestimmten Sound identifiziert wird", erzählt Ellefson. "Ich habe bereits mit Megadeth in den Neunzigern die Erfahrung gemacht, dass wir uns neu erfinden mussten. Was nicht jedem Fan gefiel. Ich habe das schon alles durchgemacht. Darum war ich der Erste, der den Daumen hoch gezeigt hat, wenn Guilherme und Michał mit Ideen gekommen sind, die nicht ganz ihrer Death-Metal-Schule entsprochen haben."
"To Hell And Back" erzählt eine Geschichte, dazu gehören unterschiedliche Emotionen und damit unterschiedliche Sounds, sagt Ellefson. "Bei einem Stück am Broadway oder bei einer Opernaufführung bekommst du auch nicht nur einen Sound vorgesetzt, da tut sich viel innerhalb eines Stücks. Ich bin ein großer Fan von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice, ich liebe ihre Musicals. Diese Musicals bieten Dynamiken - in der Dynamik liegt die Emotion. Und ohne Emotion gibt es keine Verbindung mit den Hörern. Wenn man eine gute Geschichte erzählt, wird die Musik zur Grundlage der Texte, also zu mehr als nur ein Anschlag auf die Sinne."
Darum versteht sich "To Hell And Back" als Gesamtkunstwerk, dass man am besten auf Vinyl genießt, empfiehlt Ellefson: "Wer ein Heavy-Metal-Album kauft, bekommt mehr als ein Miniaturbild auf Spotify, nämlich das komplette Paket mit einem Cover, einer Hinterseite, den Texten und Informationen. Wir Metalheads wollen wissen, wer welches Solo spielt. Wir wollen die Texte mitlesen. Metalfans sind darum vermutlich mehr den feinen Künsten zugetan als Popfans, die Fastfood für die Seele konsumieren", lacht der Bassist, Sänger und Songschreiber.
Dieth scheint für Ellefson eine Frischzellenkur. Mit Mitte 50 noch einmal mit einer neuen Band durchzustarten zu können, habe schließlich seine Vorteile: "Ich kann nach vorwärts blicken und habe die Erfahrung im Rückspiegel."
(Das Gespräch führt Wolfgang Hauptmann/APA)
(S E R V I C E - https://diethofficial.com)
Zusammenfassung
- Unter Metalfans stehen die Namen David Ellefson, Guilherme Miranda und Michał Łysejko für sich.
- "To Hell And Back" heißt das Debüt des Trios Dieth.
- "Eigentlich sind wir eine Anomalie: Ein Amerikaner, ein Brasilianer und ein Pole treffen sich und gründen eine Band", lacht Ellefson im APA-Interview.
- "To Hell And Back" erzählt eine Geschichte, dazu gehören unterschiedliche Emotionen und damit unterschiedliche Sounds, sagt Ellefson.