Kunstszene fordert Verhandlungsende zwischen FPÖ und ÖVP
"Die FPÖ ist in keiner Regierungskonstellation tragbar, schon die Aussicht, sie könnte regieren, führt dazu, dass sie sich offen für Zensur ausspricht", heißt es in dem Schreiben, das von rund 150 Kunst- und Kulturschaffenden unterzeichnet wurde. Neben kritischen Medien würden auch Kunst und Kultur zu den "seit 30 Jahren gepflegten Feindbildern der FPÖ" gehören. "Dass sie davon die Volkskultur ausnimmt, hat sich die Volkskultur nicht verdient."
Wie man in der Steiermark sehe, begnüge sich ein Kulturprogramm der FPÖ mit "Heimatkultur". "Die FPÖ ist an einer Einparteien-Diktatur interessiert, an sonst nichts." Trotz öffentlicher Demütigung verhandle die ÖVP dennoch mit den Freiheitlichen und sei bereit, "dieses entwürdigende Schauspiel bis zum bitteren Ende ihrer Existenz als Partei durchzuhalten. Wir sind es nicht", betonte man. Es sei "unverantwortlich", der FPÖ die Möglichkeit zu regieren zu geben. "Sie kann und will und wird weder irgendwen oder irgendetwas respektieren, sie wird es höchstens dulden, bis sie sich nicht mehr daran halten muss."
Auch die Senatsvorsitzenden der sechs Kunstuniversitäten in Österreich wendeten sich mit einem "Memorandum" am Freitag an die Öffentlichkeit. Mit Verweis auf die im Universitätsgesetz genannten Grundsätze und Aufgaben der Hochschulen mahnten sie auch künftig einen "förderlichen politischen Rahmen" ein: "Allerdings besteht um dessen Fortbestehen angesichts einer voraussichtlichen Bundesregierung unter Führung der FPÖ in mehrfacher Hinsicht Grund zur Sorge", hieß es in einer Aussendung.
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, darunter Virgil Widrich (stv. Senatsvorsitzender, Uni für angewandte Kunst Wien), Johannes Marian (Uni für Musik und darstellende Kunst Wien) sowie Christoph Lepschy (Uni Mozarteum Salzburg), fürchten etwa "eine negative politische Einflussnahme auf die Freiheit und Diversität wissenschaftlicher und künstlerischer Forschung, Methoden und Erkenntnisse". Politische Verantwortungsträger würden zunehmend wissenschafts- und kunstfeindlich agieren, den "auf sachlich-rationaler Argumentation und Evidenz basierten öffentlichen Diskurs" untergraben und somit zur Delegitimierung der Universitäten beitragen.
Zudem sprach man sich seitens der Kunstunis gegen Diskriminierung jeglicher Form aus - etwa, "wie sie aus jüngsten Forderungen nach 'Remigration' und einer 'Festung Österreich'" zum Ausdruck käme. Es brauche eine offene Gesellschaftsform ohne jegliche "nationalistische Vereinnahmung von Wissenschaft, Kunst oder Kultur" sowie eine "Förderung von sozialer, geschlechtlicher und kultureller Diversität in allen Bereichen". Eine künftige Regierung solle den universitären Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels anerkennen und auch fördern. Man stelle sich "geschlossen und in aller Deutlichkeit gegen rechtsextreme Positionen und deren mögliche Regierungsbeteiligung", hieß es weiter.
Zusammenfassung
- Rund 150 Kulturschaffende, darunter Elfriede Jelinek und Cornelius Obonya, fordern in einem offenen Brief ein sofortiges Ende der Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP.
- Die sechs Kunstuniversitäten Österreichs äußern in einem Memorandum Bedenken über die mögliche negative politische Einflussnahme durch eine FPÖ-geführte Regierung auf die Freiheit und Diversität in Wissenschaft und Kunst.
- Es wird eine offene Gesellschaftsform ohne nationalistische Vereinnahmung gefordert, und die Kunstunis betonen die Notwendigkeit, den universitären Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels anzuerkennen.