In einer Woche wählt Wien
Ludwig ließ deshalb bisher offen, mit welcher Partei er künftig regieren will - nur eine Koalition mit der FPÖ schloss er aus. Da neben den NEOS auch ÖVP und Grüne gerne Juniorpartner in der nächsten Stadtregierung wären, blieben scharfe Angriffe gegen die seit 1945 regierende SPÖ im Wahlkampf aus. Einzig die FPÖ arbeitete sich in bekannter Manier an der Bürgermeisterpartei ab. Aufreger fehlten im Wahlkampf, dessen heiße Phase in die Osterferien fiel und daher höchstens lauwarm wurde.
Die größte Sorge der SPÖ ist daher auch die Mobilisierung. Sollten die roten Anhänger angesichts des als sicher geltenden Wahlsiegs zuhause bleiben, könnte es doch noch Überraschungen geben. Bis zu ihren Abschlusskundgebungen kommende Woche bemühen sich die Parteien daher noch zu mobilisieren was geht. Am Donnerstag und Freitag laden sie dann zu ihren offiziellen Wahlkampfabschlüssen.
Den Auftakt macht dabei die FPÖ. Die Blauen laden am Donnerstag ab 15.30 Uhr auf den Stephansplatz, wo ab etwa 17.30 Reden geschwungen werden. Neben dem Wiener Parteichef Dominik Nepp wird auch Bundesparteiobmann Herbert Kickl das Wort ergreifen. Die anderen Rathaus-Parteien begehen am Freitag offiziell das Finale. Die ÖVP verzichtet dabei auf ein Event-Setting. Sie wird stattdessen zu einer letzten Verteilaktion laden. Parteichef Karl Mahrer und Funktionäre werden sich dazu um 14.30 Uhr am Rochusmarkt treffen.
Der Rest setzt auf klassische Kundgebungen - die allesamt für 16.00 Uhr angesetzt sind. Die Grünen versammeln sich im Architekturzentrum im Museumsquartier. Dort stehen Auftritte von Spitzenkandidatin Judith Pühringer sowie der designierten Bundessprecherin Leonore Gewessler und der früheren Justizministerin Alma Zadić am Programm. Die Veranstaltung der NEOS findet nicht nur zur selben Zeit, sondern auch nicht weit davon entfernt. Am Platz der Menschenrechte - also unmittelbar neben dem MQ - wird die pinke Parteiprominenz zu Gast sein. Es wurden Reden von Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger, dem Wiener Landessprecher und Bildungsminister Christoph Wiederkehr, der Listenersten Selma Arapovic sowie der Vizebürgermeisterin und Stadträtin Bettina Emmerling angekündigt.
SPÖ am Viktor-Adler-Markt
Die größte Wiener Partei, die SPÖ, setzt bei ihrer Abschlussveranstaltung auf einen diesbezüglich traditionellen Ort: Sie wird ihre Kundgebung am Viktor-Adler-Markt in Favoriten abhalten. Sprechen werden dabei der Parteichef und Spitzenkandidat, Bürgermeister Michael Ludwig, sowie die Vizebürgermeisterin und Wohn- bzw. Frauenstadträtin Kathrin Gaal. Der Bundesparteivorsitzende, Vizekanzler Andreas Babler, wird zwar anwesend sein, laut Wiener Landespartei aber keine Rede halten.
In den Umfragen liegt die SPÖ seit Wochen stabil bei knapp unter 40 Prozent. Dahinter folgt mit großem Abstand die FPÖ mit rund 22 Prozent. Gegenüber der desaströsen Wahl vor fünf Jahren wäre das eine Verdreifachung der Stimmen, für die Ausrufung einer Duell-Situation reichte es aber nicht. Spannend wird das Rennen um Platz drei zwischen Grünen, ÖVP und NEOS bzw. die Frage, mit welcher der drei Parteien sich für die SPÖ im 100-köpfigen Gemeinderat schließlich eine Zweierkoalition ausgeht.
Drei der sieben Spitzenkandidaten im Visier der Justiz
Inhaltlich dominierten im Wahlkampf die Themen Sicherheit, Integration, Bildung, Verkehr und der Lobau-Tunnel. Nur begrenzt eine Rolle spielten die juristischen Probleme gleich mehrerer Kandidaten. Bemerkenswerterweise befinden sich drei der sieben Listenersten sowie ein Bezirksvorsteher im Visier der Justiz.
ÖVP-Spitzenkandidat Karl Mahrer wurde im Februar in der Causa Wienwert des Verdachts auf Beitrag zur Untreue angeklagt. Neben Mahrer wird auch der SPÖ-Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy in der Causa Wienwert bald vor Gericht stehen. Ermittlungen laufen gegen FPÖ-Spitzenkandidat Chef Dominik Nepp in der FPÖ-Spesenaffäre, ebenso wie gegen seinen Vorgänger Heinz-Christian Strache, der mit einer eigenen Liste antritt.
Rekordwert bei Nicht-Wahlberechtigten
Wahlberechtigt sind bei der Gemeinderatswahl insgesamt 1.109.936 Personen. Einen Rekordwert erreicht diesmal die Zahl der nicht wahlberechtigten Wienerinnen und Wiener. Mehr als 35 Prozent verfügen mangels österreichischer Staatsbürgerschaft über kein Wahlrecht. Bei der gleichzeitig stattfindenden Bezirksvertretungswahl ist der Kreis der Stimmberechtigten mit 1.374.712 Personen größer. Denn auf Bezirksebene dürfen auch Staatsbürger anderer EU-Staaten abstimmen. Zu vergeben sind in den 23 Bezirken jeweils zwischen 40 und 60 Mandate. Die stimmenstärkste Partei in den Bezirken stellt automatisch die Bezirksvorsteherin oder den Bezirksvorsteher.
Zusammenfassung
- Am 27. April finden in Wien die Wahlen für den Gemeinderat und die 23 Bezirksvertretungen statt.
- Die SPÖ unter Bürgermeister Michael Ludwig wird als klarer Favorit gehandelt, aber die Koalitionsbildung bleibt unklar.
- Die FPÖ plant eine Abschlusskundgebung am Stephansplatz, während die Grünen und NEOS ihre Veranstaltungen im Museumsquartier abhalten.
- Juristische Probleme belasten den Wahlkampf, da mehrere Spitzenkandidaten, darunter Karl Mahrer (ÖVP) und Dominik Nepp (FPÖ), im Visier der Justiz stehen.
- Mehr als 35% der Wiener Bevölkerung ist nicht wahlberechtigt, was einen Rekordwert darstellt.