APA/APA (Archiv)/HERBERT NEUBAUER

Kultur-Lockdown: Betroffene zwischen Verständnis und Kritik

Ab kommenden Dienstag müssen alle Theater, Opern- und Konzerthäuser sowie die Museen bis zum 30. November schließen. Gerade bei den Museen wird dieser Schritt mehrheitlich kritisch gesehen, da sie in einem früheren Entwurf der Verordnung ausgenommen waren. Im Theater- und Musikbereich freut man sich zumindest, dass Proben sowie Vorstellungen ohne Publikum (etwa zum Streaming) möglich bleiben.

Staatsopern-Direktor Bogdan Roscic stellte etwa klar: "Wir müssen nicht mehr über Theatervorstellungen reden, wenn schon abendliche Ausgangssperren verhängt werden." Oberstes Ziel sei nun, die gerade in Proben befindlichen Neuproduktionen möglichst im Dezember zur Premiere zu bringen. Auch Bundestheater-Holding-Geschäftsführer Christian Kircher stellt sich hinter die Maßnahmen: "Der Lockdown - so schmerzlich er ist - ist auch aus Sicht der Bundestheater nachvollziehbar. [...] Wir müssen uns der Realität stellen, dass es ein übergeordnetes Interesse gibt: die Gesundheit der Bevölkerung."

Burgtheater-Direktor Martin Kusej äußerte "bei allem Verständnis für gewisse Regelungen" auch Kritik. Die erneuten Schließungen seien für die Kultur "eine echte Katastrophe. Und ich habe Mühe, meinen Unmut darüber zu unterdrücken, in welche Kategorien unsere Arbeit und die Arbeit aller anderen Kulturschaffenden dieses Landes eingeordnet werden." Im Musikverein zeigte sich der neue Intendant Stephan Pauly betroffen: "Die Gesellschaft der Musikfreunde bedauert sehr, dass bis 30. November keine Konzerte im Musikverein stattfinden können." Kollege Matthias Naske vom Konzerthaus stellte ebenfalls klar: "Das erneute Veranstaltungsverbot trifft uns hart. Mit einem Strich wird monatelange Arbeit an einem modifizierten und der Situation angepassten Spielplan vom Tisch gefegt."

Beim Neue-Musik-Festival Wien Modern, das erst am Freitag seine heurige Ausgabe eingeläutet hat und eigentlich bis 29. November spielen wollte, bemüht sich Intendant Bernhard Günther darum, zumindest einige Formate als Stream oder durch Verschiebung zu retten. Man müsse von einer "existenzbedrohlichen Krise der Kulturnation Österreich" sprechen. Und auch in Linz zeigte sich LIVA-Chef Dietmar Kerschaum überzeugt, dass es möglich gewesen wäre, den Kulturbetrieb aufrechtzuerhalten.

Verständnis kam hingegen von Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig dafür, dass in Zeiten des allgemeinen Lockdowns auch die Museen geschlossen würden. Die Eindämmung der Coronainfektionen habe absolute Priorität: "Jetzt gilt es, die Zeit der Schließung bestmöglich zu nutzen." Auch Peter Aufreiter, Direktor des Technischen Museums Wien und derzeit Vorsitzender der Bundesmuseenkonferenz, zeigte sich wenig überrascht von den Maßnahmen: "Wenn die Experten drastische Maßnahmen empfehlen, tragen wir das natürlich mit." Natürlich wolle niemand zusperren, aber das sei nun eben wohl notwendig.

Kritische Stimmen kamen unterdessen aus manch anderem Museum. Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums Wien (KHM), unterstrich, dass sie "natürlich nicht" einverstanden sei mit der Entscheidung der Politik, im Zuge des Lockdowns nun auch die Ausstellungshäuser zu schließen. "Wir sind sehr getroffen, dass die Museen schließen müssen", so Haag im APA-Gespräch: "Museen könnten gerade in der jetzigen Zeit Halt, Werte und die Möglichkeit, sich auszutauschen, bieten."

In dieselbe Kerbe schlug auch Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. Er sei "enttäuscht und traurig", dass die Museen "entgegen dem Entwurf der Verordnung nun doch geschlossen werden müssen". Man habe verabsäumt, die Voraussetzungen differenziert zu betrachten. Schröder kritisierte das Handeln der Regierung im vergangenen Halbjahr: "Ich gestehe, dass ich die jetzigen Lockdown-Maßnahmen vor allem deshalb für notwendig halte, weil zu leichtfertig und vorschnell nach den sinkenden Infektionszahlen alles geöffnet wurde und gleichzeitig man sich naiv auf einen baldigen Impfstoff verlassen hat."

Wenig erfreut zeigte sich auch ICOM Österreich, das Österreichische Nationalkomitee des UNESCO-assoziierten International Council of Museums. Dort sieht man in der neuerlichen Schließung der österreichischen Museen und Ausstellungshäuser "einen schweren Rückschlag für die Kunst und Kultur in Österreich". Die Schließung "schwächt die Museen, als zentrale Diskursorte, die gesellschaftliche Entwicklungen reflektieren", so ICOM Österreich-Präsidentin Bettina Leidl. "Österreichische Museen sind sichere Orte. ICOM fordert, dass die Museen und Ausstellungshäuser bei den ersten Lockerungsmaßnahmen berücksichtigt werden und ehestmöglich wieder geöffnet werden können!"

"Kreative Lösungen" will man beim ORF finden. Der Wegfall von Kultur- und Sportveranstaltungen wirke sich natürlich zum Teil auf die tägliche Berichterstattung aus, hieß es. Bereits im Frühjahr habe der ORF flexibel in der Phase des Lockdowns reagiert - sowohl programmlich als auch was Corona-Präventionsmaßnahmen und die entsprechenden Umsetzungen im Studiobetrieb betrifft. Aktuelle Produktionen wie die Sendung "Dancing Stars", die im März wegen der Pandemie unterbrochen werden musste, fänden seit Wiederbeginn bereits unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt und würden von Woche zu Woche evaluiert, wurde betont. Gäste in den aktuellen Infosendungen werden bereits jetzt nur noch zugeschaltet.

ribbon Zusammenfassung
  • Ab kommenden Dienstag müssen alle Theater, Opern- und Konzerthäuser sowie die Museen bis zum 30. November schließen.
  • Im Theater- und Musikbereich freut man sich zumindest, dass Proben sowie Vorstellungen ohne Publikum möglich bleiben.
  • Verständnis kam hingegen von Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig dafür, dass in Zeiten des allgemeinen Lockdowns auch die Museen geschlossen würden.
  • Kritische Stimmen kamen unterdessen aus manch anderem Museum.