Kontrastreich: Dom Museum Wien zeigt "arm & reich"
Seit der Wiedereröffnung des Museums 2017 setzt Direktorin Johanna Schwanberg auf "bewusst gesellschaftspolitisch brisante Themen", die sich mit Werken aus der Sammlung und mit Leihgaben darstellen lassen. Die fünfte diesbezügliche Themenausstellung beschäftigt sich "mit der immer größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich. Wir hatten das Gefühl, das ist das Thema der Stunde", sagte sie bei der heutigen Presseführung durch die bis August 2022 laufende Schau. Zwar habe sich schon in Pompeji eine Wandbeschriftung "Ich hasse Arme" gefunden und ziehe sich das Thema der Ambivalenz zwischen Reichtum und Armut durch die ganze Kunst- wie Kirchengeschichte, die Beschäftigung mit Reichtum sei jedoch wissenschaftlich wie künstlerisch "bis vor kurzem ein blinder Fleck" gewesen.
Daher setzt Schwanberg als Kuratorin in den sechs Themenbereichen "Die große Schere", "Gesichter und Geschichten", "Kritik, Widerstand und Protest", "Orte der Ungleichheit", "Symbole, Materialien und Werte" sowie "Teilen und Teilhabe" immer wieder auf Kontraste. So findet sich Hubert Lobnigs Fotoserie "Die Baustelle", für die migrantische Arbeiter Baumaterialien für das Dom Museum 2013 durch Wiens Innenstadt trugen, ebenso wie Lamia Maria Abillamas Geldadel-Porträtserie "Ladies of Rio". Während sich auf einer Wand die Wohlhabenden darstellen, hängen vis-a-vis Biedermeierbilder, die Kinderarbeit zeigen.
Die Schau hat durchaus große Namen zu bieten. Waldmüller und Fendi, Rembrandt und Dürer sind ebenso vertreten wie Michelangelo Pistoletto und Sigmar Polke, Thomas Hirschhorn und Nan Goldin. Drei Kupferstiche von Pieter Bruegel d. Ä. zeigen u.a. den "Mann mit dem Geldsack", dem seine Schmeichler ganz buchstäblich in den Hintern kriechen (Schwanberg: "Hoch aktuell!"). Ein kleines Tafelbild aus der Werkstatt Lorenzo di Pietros aus 1460 stellt die allegorische Vermählung des Heiligen Franziskus mit der Armut dar. Das Plakatmotiv der Schau ist ein Foto von David Hammons, der sich selbst als Straßenverkäufer ablichtete: Auf einem kleinen Teppich bietet er Schneebälle in unterschiedlichen Größen zum Verkauf an.
Georg Grosz, John Heartfield und Käthe Kollwitz setzen in ihren Arbeiten aus der Zwischenkriegszeit auf soziales und politisches Engagement. Immer wieder verbindet sich Kunst mit Kritik und Aktivismus: Von einem der wenigen noch erhaltenen Obdachlosenvehikel, die der polnische Künstler Krzysztof Wodiczko in den 80er-Jahren Menschen in New York und Philadelphia als mobile Wohn- und Transporteinheit zur Verfügung gestellt hatte, konnte sich das Museum ein Exemplar sichern, Klaus Staecks kämpferische Plakate zieren gleich eine ganze Wand.
Es sei ihr und ihrem Team wichtig gewesen, auch selbst Werke anzuregen und Selbstermächtigungsprojekte mit einzubeziehen, betonte Schwanberg. So gibt es Fotos von Thomas Struths Projekt "Obdachlose fotografieren Passanten" ebenso wie von einer Zusammenarbeit Ida Rosenbergers mit Frauen aus der Vinzirast, die am Heldenplatz performativ auf ihre Situation aufmerksam machten. Und aus Brasilien wurden drei Jugendliche des Projeto Morrinho eingeflogen, die während zehn Tagen rund um einen Mini-Stephansdom eine Wiener Version ihres von der Biennale Venedig bekannten Miniatur-Faveladorfes aus Ziegelsteinen und Legofiguren bauten. "Die Arbeit mit ihnen war total spannend und begeisternd", versicherte die Museumschefin. Gleich daneben hat sie ein Bild von Johanna Kandl aus 2009 gehängt. Es zeigt heimische wie internationale Reiche und Superreiche als Bewohner eines Container-Parks und heißt "Bill, Paris und Donald sind umgezogen".
(S E R V I C E - "arm & reich", Ausstellung im Dom Museum Wien, Wien 1, Stephansplatz 6, 5. November 2021 bis 28. August 2022, Mi, Fr, Sa, So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr; Katalog: 416 Seiten, ISBN: 978-3-200-07967-0; www.dommuseum.at)
Zusammenfassung
- "arm html5-dom-document-internal-entity1-amp-end reich" heißt sie und zeigt Kunstwerke zu diesem zeitlosen Thema vom Mittelalter bis in die Gegenwart.
- Seit der Wiedereröffnung des Museums 2017 setzt Direktorin Johanna Schwanberg auf "bewusst gesellschaftspolitisch brisante Themen", die sich mit Werken aus der Sammlung und mit Leihgaben darstellen lassen.
- "Die Arbeit mit ihnen war total spannend und begeisternd", versicherte die Museumschefin.