Katharina Lorenz: "Theater ist noch relevant. Mehr denn je!"
"Die Premiere war ein beglückendes Erlebnis. Das Publikum war sehr aufmerksam und hat unvermittelt reagiert, mit großem Gelächter und feiner Stille", berichtet die Schauspielerin Katharina Lorenz. "Ich freue mich nun sehr auf die Eröffnung des Akademietheaters und hoffe, dass das Publikum ebenso neugierig und offen ist wie in Bochum."
Seit 2008 ist Katharina Lorenz am Burgtheater, für sie "eine Ewigkeit". Gekommen ist sie mit Matthias Hartmann, bei dem sie gleich das Gretchen spielte. Seither ist richtig viel passiert. Krise und Kündigung des Direktors, mit Karin Bergmann die erste Direktorin des Hauses, mit Martin Kusej ein Direktor, mit dem sie vorher als Regisseur noch nie zusammengearbeitet hatte, und seit zweieinhalb Jahren die Corona-Pandemie, die jede Normalität verhindert.
Nach den Vorstellungen sei ein unbefangenes Zusammensein keine Selbstverständlichkeit mehr, erzählt Lorenz im Gespräch mit der APA. "Trotzdem suchen wir uns immer wieder kleine Inseln, denn die Vereinzelung ist der Tod des Berufes. Dass wir im Dialog bleiben ist überlebensnotwendig. Es ist eine bleierne Zeit, und trotzdem schaue ich mit Zuversicht in die Zukunft. Das lasse ich mir nicht nehmen. Ich hänge an diesem Haus und dem Ensemble."
In Wien lebt die 1978 in Leverkusen Geborene, die in München und Hannover engagiert war, gerne. "Ich liebe diese Stadt mittlerweile. Selbst in dieser verrückten Zeit ist sie entschleunigt. Ich habe hier die Orte der Ruhe gefunden, die ich brauche."
Vor dem Sommer gab es ein besonderes Karriere-Highlight der Schauspielerin: Als Teil des Casts von Marie Kreutzers Film "Corsage", in dem sie am Ende die Rolle der Kaiserin übernimmt, erlebte sie die Premiere bei den Filmfestspielen in Cannes. "Es war sehr aufregend und eine große Ehre. Die Atmosphäre ist wirklich besonders. Der Film ist auch sehr gut angekommen. Leider konnte ich wegen der Proben nur kurz weg und war nur diesen einen Abend in Cannes."
"Das weite Land" hat die Schweizer Regisseurin Barbara Frey inszeniert. Mit ihr arbeitet Lorenz schon seit acht, neun Jahren immer wieder zusammen. "Das ist ein großes Privileg, durch die kontinuierliche Zusammenarbeit entstand ein großes künstlerisches Vertrauen, das ist sehr befreiend und im wahrsten Sinne des Wortes beflügelnd."
2011 hat Katharina Lorenz bereits in einer Burgtheater-Produktion von "Das weite Land" mitgespielt. Unter der ganz auf Film Noir setzenden Regie von Alvis Hermanis war sie die Erna (und Dörte Lyssewski die Genia). "Damals gab es ein strenges Konzept und der ganze Text wurde ungestrichen gespielt. Diesmal gibt es große Striche, mit denen die Dialoge verschlankt und verschärft werden."
Wie ist das, nach der Erna nun die Genia zu spielen? "Ich bin nun mittlerweile Mitte Vierzig. Damals habe ich viele Dimensionen, die dem Stück innewohnen, gar nicht verstanden. Das weiß ich jetzt. Wir haben uns in dieser Probenzeit sehr intensiv mit dem Text beschäftigt. Wie Trüffelschweine haben wir diese Sätze seziert, das unglaublich weite und tiefe Hinterland der menschlichen Seele versucht zu erkunden. Das war eine unglaublich beglückende Auseinandersetzung und so wichtig, gerade in der heutigen Zeit, wo es immer wieder darum geht, ob das Theater noch relevant ist. Ja! Das ist es. Mehr denn je!"
Die "Süddeutsche Zeitung" befand, "Ehrlicher ist über die Ehe nie gesprochen worden", und beschrieb ein Bild der Inszenierung, die sich rund um drei Clubsessel entfaltet: "Katharina Lorenz sitzt wie eingefroren in ihrem Sessel und spekuliert darüber, ob es ein Zeichen mangelnder Liebe sei, wenn sie ihrem Mann seine Eskapaden verzeihe." Lorenz: "Genia ist eine starke Frau, von der alle etwas erwarten. Sie versucht, Hofreiter in Schach zu halten und glaubt lange, dass ihr das gelingt. Bis er zum Mörder wird. Das Stück beginnt und endet ja nicht zufällig mit dem Tod. Aber sie hat auch Sehnsüchte. Genias Situation ist vielschichtig und komplex. Diese bei aller Kompliziertheit zu verstehen und nachzuvollziehen, ist meine Aufgabe als Schauspielerin."
(S E R V I C E - "Das weite Land" von Arthur Schnitzler, Regie: Barbara Frey, Bühne: Martin Zehetgruber, Kostüme: Esther Geremus, Musik: Josh Sneesby, Mit: Katharina Lorenz - Genia Hofreiter, Michael Maertens - Friedrich Hofreiter, Bibiana Beglau - Anna Meinhold-Aigner und Doktor von Aigner, Felix Kammerer - Otto, ihr Sohn, Dorothee Hartinger - Frau Wahl, Nina Siewert - Erna, ihre Tochter, Itay Tiran - Doktor Franz Mauer, Branko Samarovski - Bankier Natter, Sabine Haupt - Adele, seine Frau, Koproduktion Burgtheater mit der Ruhrtriennale. Erste Vorstellungen im Akademietheater: 2., 4., 11., 20.9., jeweils 19 Uhr, www.burgtheater.at)
Zusammenfassung
- Der Film ist auch sehr gut angekommen.
- "Das weite Land" hat die Schweizer Regisseurin Barbara Frey inszeniert.