"In der Ruhe liegt die Kraft": Neues von 5/8erl in Ehr'n
Seit 19 Jahren bildet sie gemeinsam mit Pianist Clemens Wenger, Bassist Hanibal Scheutz sowie dem Gesangsdoppel Robert Slivovsky und Max Gaier die Band, die sich konsequent einer Schubladisierung entzieht. Ein gefühlvoller Popsong, der in allen Farben strahlt? Steht mit "Sanfter Riese" gleich zu Beginn des siebenten Studioalbums. Reduktion mit Bombast kreuzen? Gelingt im Verbund mit dem Jazzorchester Vorarlberg bei "Ruhe Macht Panik". Und natürlich darf ein wenig karibisches Flair nicht fehlen, das sich im zurückgelehnten "Arbeit 2.0" breit macht.
Den Titel der Platte könne man in zwei Richtungen deuten, erklärt Liebermann im APA-Gespräch: Einerseits schwinge natürlich das Ausbrennen mit, das so viele Menschen im Hamsterrad kennen. Aber es gibt auch die positive Deutung: "Man brennt für etwas, weil man die Sache gern macht. Uns fällt es leicht, weiter zu brennen. Wir kennen uns nach all den Jahren wirklich gut und wissen uns zu schätzen - auch die Situation, in der wir sind. Es gibt schon viel Kraft, wenn man weiß, dass man mit vier Freunden zusammenspielt. Es ist ja nicht so, dass das so eine g'mahte Wies'n ist."
Wird es draußen (zu) laut, dann ist der Rückzug wohl eine natürliche Gegenreaktion. "Wir leben in einer Gesellschaft, das macht etwas mit uns und mit den Liedern, die wir schreiben", gibt Slivovsky zu bedenken. "In aufgeregten Zeiten ist man gerne ein Gegenpol. Wobei wir prinzipiell nicht die aufgeregteste Musik machen", wirft er schmunzelnd nach. "Aber in der Ruhe liegt die Kraft." Vor allem hat man nicht zuletzt dadurch Gelegenheit, die oft sehr amüsanten Wortspiele der Achterln zu erwischen oder sich im lyrischen "Ka Wort zvü" zu verlieren.
Gänsehaut und Therapie
Das gemeinsame Musizieren macht jedenfalls so viel Lust wie eh und je, wenn Liebermann von Gänsehaut erzählt, die sie bekommt, wenn sie ein besonders schönes Lick von Wenger hört. Nicht zu vergessen Inspiration und Eingebung: "Wenn ich eine Idee habe, die gut ist, habe ich oft das Gefühl, dass das nicht meine ist, sondern ich die irgendwoher genommen habe sozusagen." Mit der Musik habe man "einen guten Psychiater und ein gutes Ventil, um Dinge umzuwandeln", so die Gitarristin. "Jedes Konzert ist eigentlich ein bisschen Therapie." Wobei die Sicherheit, die man sich in der Band gebe, nicht zu unterschätzen sei. "Ich weiß, dass ich bei meinen Kollegen alles tun kann und es sich immer ausgeht. Da kann man wirklich viel riskieren." Was Slivovsky augenzwinkernd kommentiert mit: "Wir wollen auch, dass du alles tust!"
Dabei ist Liebermann grundsätzlich ein Fan von Reduktion und Simplizität. "Schon Dizzy Gillespie hat gesagt: Simple is not easy. Wenn es einen Ton nicht braucht, spiele ich ihn nicht. Ich schau, mit wie wenig ich durchkomme. Es braucht alles einen Platz: der Text, der Gesang, der Klang." Um sich gemeinsam auf den Weg für ein Stück zu einigen, brauche es Erfahrung - und davon gibt es bei den Achterln mittlerweile genug. "Es ist wie bei einem Fußballteam", wirft Slivovsky ein, "man weiß schon, wohin der Pass kommt und kann dorthin laufen."
Abtauchen in den Algorithmus
Trotz vieler kreativer Konstanten habe sich eine Sache aber schon geändert: Die Art, wie heutzutage Musik konsumiert wird. Streaming und Social Media geben den Ton an. "Da hat sich wirklich was verändert", nickt Slivovsky, der noch mit CD, Kassette und Schallplatte aufgewachsen ist. Dass nun der Algorithmus den nächsten Song bestimmt und manche vielleicht gar nicht genau wüssten, was sie gerade hören, findet er zwar "seltsam", aber: "Ich will gar nicht werten, ob das gut oder schlecht ist. Vielleicht entdeckt man trotzdem tolle neue Musik."
Für die Gruppe selbst geht es angesichts der bald startenden Tournee jedenfalls ums Üben und Einspielen. Dabei entdecke man auch die Lieder neu. "Erst beim zehnten Mal spielen lerne ich ein Lied kennen, weil es in der Reflexion mit dem Publikum was macht. Da bekomme ich dann ein Gefühl dafür", erklärt Slivovsky. Die Bühnenpremiere für einen neuen Song sei somit wie die Geburt eines Kindes. "Dann wächst das Lied langsam." Wobei dieser Prozess ein gemeinsamer sei: "Das Publikum schafft es, dass ein Lied atmet. Vorher ist es nur eine Idee, die skizziert ist." Heißt also: Zu den Konzerten kommen und zusammen diesen Liedern Leben einhauchen.
(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)
(S E R V I C E - 5/8erl in Ehr'n, Tourauftakt am 15. März in Feldkirchen in Kärnten, weitere Termine u.a. 16.3. Linz, 21.3. St. Pölten, 26.3. Salzburg, 27.3. Innsbruck, 4.4. Graz und 11.4. Wien. www.5achterl.at)
Zusammenfassung
- Die Wiener Soulband 5/8erl in Ehr'n hat mit 'Burn on!' ein neues Album veröffentlicht, das aus neun Stücken besteht.
- Gitarristin Miki Liebermann betont das Bedürfnis, in turbulenten Zeiten schöne Lieder zu schreiben.
- Der Albumtitel 'Burn on!' symbolisiert sowohl das Ausbrennen als auch die Leidenschaft für etwas.
- Seit 19 Jahren besteht die Band, die sich durch eine enge Verbindung der Mitglieder auszeichnet.
- Die bevorstehende Tournee startet am 15. März in Feldkirchen in Kärnten.