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Heute Buchpräsentation: Andrea Heinischs "Henriette lächelt"

Henriette hat schöne, schlanke Finger. Mit ihnen hat sie früher gerne Klavier gespielt. Beinahe wäre aus ihr eine Klaviervirtuosin geworden, mit Auftritten in den berühmtesten Konzertsälen. Doch irgendwie ist alles anders gekommen. Heute sind die Finger das einzig Schlanke an der Protagonistin von Andrea Heinischs Roman "Henriette lächelt". Heute wiegt Henriette 190 Kilogramm und steuert auf die 200 zu. Was es wiegt, das hat es, denkt Henriette. Und wäre lieber federleicht.

Andrea Heinisch, Wienerin des Jahrgangs 1959, lässt sich ganz auf das Innenleben ihrer adipösen Hauptfigur ein. Kurze, glossenartige Kapitel beschreiben ein Leben voller Scham und Selbstekel, voller vergeblicher Versuche, eine Entwicklung umzukehren, die niemandem gefällt, am wenigsten Henriette selbst. Weil ihr jeder Schritt, jede Bewegung weh tut und weil sie die Blicke der anderen verletzen, zieht sie sich immer weiter zurück. Zum Glück gibt es Lieferdienste und Homeoffice. Denn noch hat Henriette einen Job als Buchhalterin, den sie auch gewissenhaft erledigt. Doch Corona ist bald vorbei, und der Druck, zumindest ein-, zweimal pro Woche ins Office zurückzukehren, wächst.

Vom einstigen Umschwung in Henriettes Leben, den Verletzungen ihrer Kindheit erfährt man erst spät. Zunächst gibt es vor allem Erinnerungen an ihr Leben U-80, also mit einem Körpergewicht unter 80 Kilogramm, und an ein Liebesleben, das zwar wenig befriedigend war, aber zumindest vorhanden. Heute ist ihr Arbeitskollege Martin der einzige Mann, mit dem sie regelmäßig Kontakt hat, per Zoom, und seine grünen Augen sind auch der Grund dafür, dass Henriette lächelt und Margeriten in ihrem Herzen blühen. Dass Henriettes 70-jährige Mutter, die im Stock über ihr wohnt, nicht nur 130 Kilo weniger wiegt, sondern auch einen Liebhaber hat, macht die Sache nicht einfacher.

"Henriette hat viele Gedanken und noch mehr Ideen im Kopf. Die sind schwerelos. Henriette liebt alles, das schwerelos ist, deshalb liebt sie auch ihre Gedanken und Ideen." Doch dabei bleibt es nicht. Sie Frau ergreift schließlich auch die Initiative. So freundet sie sich mit der viel jüngeren Nachbarin Sonja an. Sie ist fast so dick wie Henriette, denn sie ist schwanger. Henriette hat endlich jemanden zum Reden, bei dem sie sich nicht (viel) verstellen muss. Und bald ein Baby, auf das sie aufpassen darf. Margarete heißt Sonjas Tochter. Es kommt wieder Bewegung in Henriettes Leben. Und nicht nur Henriette, auch der Leser lächelt erleichtert: Endlich ist nicht mehr von zunehmendem Gewicht, sondern von zunehmendem Lebensmut die Rede. Heute, Montag, wird das Buch im Wiener Café Museum präsentiert.

(S E R V I C E - Andrea Heinisch: "Henriette lächelt", Picus Verlag, 208 Seiten, 22 Euro; Buchpräsentation: Heute, Montag, 18.30 Uhr, Café Museum, Wien 1, Operngasse 7)

ribbon Zusammenfassung
  • Heute sind die Finger das einzig Schlanke an der Protagonistin von Andrea Heinischs Roman "Henriette lächelt".
  • Heute wiegt Henriette 190 Kilogramm und steuert auf die 200 zu.
  • Vom einstigen Umschwung in Henriettes Leben, den Verletzungen ihrer Kindheit erfährt man erst spät.
  • (S E R V I C E - Andrea Heinisch: "Henriette lächelt", Picus Verlag, 208 Seiten, 22 Euro; Buchpräsentation: Heute, Montag, 18.30 Uhr, Café Museum, Wien 1, Operngasse 7)